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Prada Party und Prosecco - Roman

Prada Party und Prosecco - Roman

Titel: Prada Party und Prosecco - Roman
Autoren: Jenny Colgan
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ich diese Frage einfach so bejahen konnte. Dabei denke ich nur ungern daran, was für ein Mensch ich früher war.
    »Hm, schon.« Ich lächle zurück und hole meine geliebte Leica hervor. »Ich wäre allerdings noch glücklicher, wenn du hier irgendeine Bude finden würdest, die um diese Uhrzeit schon Fish and Chips verkauft.«
    Er grinst. »Du bist ein richtiges Luxusweibchen.«
    »Aber zunächst mal«, verkünde ich im Befehlston und fuchtele mit der Kamera herum, »jede Menge melancholische Porträts aus mittlerer Entfernung.«
    Ich betrachte ihn durch die Linse hindurch. Nach üblichen Standards sieht er gar nicht so gut aus. Was für mich genau richtig ist, denn ich entspreche auch nicht den traditionellen Schönheitsidealen. Blass, mit heller Haut. Früher hatte ich lange, blonde Haare mit einem Mittelscheitel wie Gwyneth Paltrow, bis ich auf einer Party mal so einen schmalzigen Typen mit genau der gleichen Frisur getroffen habe. Und nicht nur das, er hat mir sogar einen Song auf seiner Akustikgitarre gewidmet, was zunächst recht spannend war, bis er dann den Mund aufmachte und sich anhörte wie eine Karambolage im Wespennest. Der Text lautete in etwa » O Baby, du hast mir das Herz gebrochen, in tausend kleine Stücke zerfetzt«, was mich nicht sonderlich beeindruckte, immerhin hatten wir uns ja gerade erst kennengelernt. Kurz darauf hab ich mir dann die Haare schneiden lassen.
    »Jetzt guck doch mal ernst!«, befehle ich, was gar nicht so einfach ist, weil er einen kleinen Eisklecks auf der Backe hat – ein Überbleibsel von unserem Magnum-Frühstück (weiße Schokolade natürlich, das mit Zartbitter ist doch eher ein Nach-dem-Abendessen-Magnum).
    Er seufzt. »Wieso?«
    »Weil du wie ein großer Künstler aussehen musst, der eifrig auf die Inspiration für sein nächstes Meisterwerk wartet. Das sollen doch schließlich Bilder für deine neue Broschüre werden.«
    »Pst, beschrei es bitte nicht. Kann ich nicht einfach wie ein fröhlicher Künstler aussehen, der auf seinen nächsten Scheck wartet?«
    » O nein. Das zieht so gar nicht.«
    »Und was ist mit einem Künstler, der am Hungertuch nagt und nicht einmal weiß, wie er die nächste Wasserrechnung bezahlen soll?«
    »Lass mal sehen«, verlange ich. »Hm. Nein. Ziemlich enttäuschend.«
    »Ich war eben sehr, sehr enttäuscht wegen der Wasserrechnung.«
    »Pscht. Dann schau raus aufs Meer.«
    » O ja, fantastisch. Das sieht dann so aus, als würde es bei meinem nächsten Projekt um diese gestreiften Leuchttürme gehen, die es im Souvenirladen gibt.«
    Ich lasse die Kamera sinken. »Damit wäre aber sicher was zu holen. Hey, das könnte funktionieren!«
    »Nichts da! Wir werden die Wasserrechnung auch so bezahlen. Irgendwie.«
    »Ich mag Leuchttürme«, murmle ich. O ja, das ist der andere Nachteil, wenn man freiberuflich arbeitet – man ist ständig pleite.
    »Das reicht! Genug! Bitte!«
    »Okay«, rufe ich. »Wild! Leidenschaftlich! So solltest du gucken!«
    »Das ist doch alles Quatsch!«, beschwert er sich, aber er hält still, während ich ein Bild nach dem anderen schieße. Mit der ruhigen See im Hintergrund und den harten Linien seines Profils, überlege ich, werden die Aufnahmen wohl am besten in Schwarz-Weiß rüberkommen, und falls das mit seiner Ausstellung je etwas wird, kann er die Bilder für den Flyer nehmen.
    Schließlich sind die Fotos im Kasten, und ich finde, dass wir uns ein vernünftiges Frühstück verdient haben. Also verschwindet er hinter den Dünen.
    Ich lasse mich im Sand nieder und warte. Okay, es herrscht kein opulentes Mittelmeerwetter, aber es ist doch irgendwie schön; von der See her weht eine frische Brise, nur falls man mal für eine Sekunde vergessen sollte, dass man sich in England befindet. Aber abgesehen vom Rauschen der Wellen ist es ganz still. Es kommt mir vor, als wären wir die allerersten Menschen an diesem Strand. Ich stütze das Kinn in die Hände und sehe aufs Meer hinaus.
    Bin ich glücklich? Genau hier? Genau jetzt? Pah, eine bedeutende Frage und eine bedeutende Antwort.

Kapitel zwei
    A ls ich elf Jahre alt war , ist meine Mutter gestorben. Ist schon okay, ihr könnt ja nichts dafür – oder etwa doch ? Nein, ich mache nur Spaß, tut mir leid. Ich meine, die Leute schauen einen dann immer so bestürzt an. Das liegt jetzt mehr als achtzehn Jahre zurück, und ich erzähle es immer noch nicht gern. Alle sehen plötzlich schockiert und betroffen aus, und schließlich versichere ich hastig: »Ist schon okay«
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