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PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis

PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis

Titel: PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis
Autoren: Hans-Joachim Alpers
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kostbare Wasser wie Kakteen. Andere Arten gediehen als Symbionten der Riesenbäume -der gigantes - auf den drei Equito-Kontinenten, wieder andere benötigten Pilzen gleich Unmengen von Feuchtigkeit und pflanzliche Zerfallstoffe für ihr Wachstum. Im tropischen Klima nahe dem Äquator wurden Colocados groß wie Kokosnüsse, anderswo kaum größer als Haselnüsse. Die Qualität der knollenartigen Früchte hing von Dutzenden von Faktoren ab, zu denen auch der Zeitpunkt der Ernte, die Erntemethode und manchmal eine Art Aufpfropfung auf andere Pflanzen gehörten. Jede Hacienda hatte ihre eigenen Tricks und Kniffe, um aus den verschiedenen Fruchtteilen Rauschmittel, Teesorten, Duftwässer und Öle zu gewinnen. Sogar die Blätter fanden Verwendung, mussten allerdings fermentiert werden, bevor sich auch aus ihnen rauschmittelhaltige Extrakte gewinnen ließen.
    Der wesentliche Teil des Wissens über die Früchte und deren Weiterverarbeitung basierte auf der über Generationen hinweg weitergegebenen und zwischen den Haciendas ausgetauschten praktischen Erfahrung der Colocadosos, aber es kam auch moderne Technik zum Einsatz. Ultraschallsonden halfen beim Aufspüren der Früchte, eichhörnchenartige Ernteroboter pflückten sie an den unzugänglichsten Orten, und für das Schälen und Abhaspeln der einzelnen Schichten sowie die anschließende Fermentierung der Blätter und der Außenhaut sowie die Aufbereitung des Fruchtfleisches wurden moderne Laborverfahren benutzt. Aber das gremio bestand darauf, dass ein Colocadosos die Kunst beherrschen musste, auch mit einfachsten Werkzeugen die Früchte zu finden, zu analysieren und das eine oder andere Endprodukt zu separieren.
    Marco hatte das Ende des Plateaus erreicht und sah sich um. Hier im Eissand konnten Colocados nicht gedeihen, aber sowohl die Tundra als auch die Skulpturenwüste boten den anspruchslosen Früchten ausreichende Lebensmöglichkeiten. Einfach aufzuspüren waren sie in keinem Fall. In der Wüste steckten sie tief im Sand, in der Tundra wuchsen sie oft unter den Wurzeln karger Gehölze. Man benötigte Fachwissen und Geduld, um die winzigen Anzeichen zu bemerken, die auf das Vorhandensein hindeuteten.
    Er entschied sich für die Skulpturenwüste, schaltete die Anzugheizung etwas höher und marschierte los.
    »Lies den Sand«, hatte da Silva immer wieder betont. »Lies ihn, Junge. Lies ihn. Du musst ihn wirklich nur lesen. Er sagt dir alles, was du wissen willst.«
    Anfangs hatte Marco einfach nicht verstehen können, was der Maestro damit meinte. Da Silva schien Muster und sogar winzige Bewegungen im Sand zu erkennen, wo für Marco nur Gleichförmigkeit herrschte. Erst ganz allmählich hatte er es gelernt, gewissermaßen mit den Augen des Maestros zu sehen. Der Sand der Skulpturenwüsten war klebrig. Die Körner hafteten fest aneinander, aber wenn sich die Bindung löste, entstanden schroffe Kanten. Und diese Ecken gerissenen Sandes sagten in der Tat etwas darüber aus, was sich unter ihnen befand. Zum Beispiel eine Colocadosfrucht, die sich ein winziges Stück gedehnt und dabei die über ihr liegende Sandschicht hatte reißen lassen. Wenn man Pech hatte, war der Riss allerdings durch einen fetten Affenkäfer verursacht worden. Inzwischen verstand sich Marco darauf, sogar die für beide Ereignisse charakteristischen Risse auseinander halten zu können.
    Bevor er mit der Arbeit begann, nahm er sich die Zeit, die Skulpturen zu betrachten. Er liebte sie, genau wie da Silva, und sie hatten immer wieder mit Bewunderung und Ehrfurcht zu ihnen aufgeschaut. Da Silva, sonst eher ein praktischer Mann, war dann ins Schwärmen geraten und hatte alle möglichen Bekannten und Verwandten, auch Geister und Götter, in den haushohen Skulpturen entdeckt, die oft über Monate hinweg von stürmischen Winden aufgetürmt, geformt und geschliffen wurden, bis sie eines Tages in sich zusammensackten. Marco glaubte jetzt, seinen tanzenden Vater und dann die langhaarige, nackte Carmen zu erkennen. Dass seine Fantasie in diese Richtung irrte, gab ihm zu denken.
    Er gab sich einen Ruck. Es war besser, sich auf die ihm gestellten Aufgaben zu konzentrieren.
    Er musterte den Sand und erkannte die charakteristischen Risse. Kurz entschlossen rammte er den Seitenschneider tief hinein in die klebrige Substanz und spürte den Widerstand, als er sie nach links zog. Wenig später hielt er die erste Colocadosfrucht in der Hand.
    Als sich Marco in einer von einer Sandskulptur gebildeten Mulde schlafen legte,
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