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PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis

PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis

Titel: PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis
Autoren: Hans-Joachim Alpers
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hatte er bereits mehr als dreißig Kilo Colocados geerntet. Für den Moment beschränkte er sich darauf, die Früchte vorsichtig aus dem Sand zu schneiden und in einer nahen Höhle zu deponieren. Er schlug sie in unzerstörbare Erntefolie ein, um die Ernte nicht durch die gefräßigen faustgroßen Affenkäfer und die nicht minder gierigen, bis 30 Zentimeter langen und scharfzahnigen Sandwürmer zu gefährden. Mit ein wenig Glück würde er schon morgen Mittag sein Erntesoll erfüllt haben und sich danach in Ruhe mit der Analyse und Separierung einer der Früchte beschäftigen können. Er hatte keinen Zweifel daran, dass er seinen Aufgaben gerecht werden würde. Und dann. Das letzte Bild, das sich vor dem Einschlafen in seinem Kopf formte, war das einer Carmen aus Klebesand.
    Nach fast zwei Tagen im Freien genoss Marco den vergleichsweise großen Komfort des Gleiters. Nachdem er sich von der Bordpositronik hatte bestätigen lassen, dass er mehr als 60 Kilo Colocados auf die Waage gelegt hatte, schlüpfte er aus dem Thermoanzug und der verschwitzten Unterwäsche, duschte, zog frisches Unterzeug an, verzichtete auf mehr Kleidung und fiel hungrig über eine sich selbst erhitzende Fertigmahlzeit her.
    Die Gleiter der Hacienda Dos Sanchoz waren dafür ausgelegt, dass Colocadosos es in ihnen notfalls einige Tage aushalten konnten. Zwar war der Komfort spartanisch, aber immerhin gab es eine Toilette, eine Dusche, zwei Etagenbetten und eine winzige Kochnische. Die Hacienda besaß neben diesen kleinen Fluggleitern natürlich etliche dreimal so große Lastgleiter für den Warentransport, aber auch ein halbes Dutzend Wohngleiter, die vornehmlich für Prospektoren, Edelstein- und Kräutersammler gedacht waren, die oft wochenlang unterwegs waren. Immerhin machte Dos Sanchoz nicht nur mit Colocados Umsatz, sondern auch mit Edelsteinen, seltenen Erzen und Heilkräutern. Und natürlich mit geschmolzenem Eissand, aus dem kunstvolle Glasfigurinen geblasen wurden, die einen einzigartigen eisgrauen Schimmer aufwiesen, in dem das Licht ferner Sterne aufbewahrt schien.
    Marco hoffte darauf, dass die Offiziellen von Dos Sanchoz ihm für ein paar Monate einen der Wohngleiter ausleihen würden. Wenn alles so lief, wie er es sich vorstellte, würde er schon nach den nächsten puentes aufbrechen, ob nun allein oder gemeinsam mit Gefährten, vielleicht auch mit einem Aprendiz, an den er während seiner Zeit als vabundé das eigene Wissen weitergab, bevor er sich einer anderen familia anschloss.
    Als die körperlichen Bedürfnisse befriedigt waren, widmete sich Marco der Untersuchung der von ihm geernteten Früchte. Einige waren tatsächlich so groß wie kinderfaustgroße Erdäpfel, aber die meisten kaum größer als Mirabellen. An der rostroten Färbung der Haut erkannte er, dass sie von ausgezeichneter Qualität waren. Offenbar war dieses Gebiet längere Zeit nicht abgesucht worden, sodass die Colocados einen hohen Reifegrad erreicht hatten. Die Vermutung bestätigte sich, als er eine der größeren Früchte auswählte und mit einem speziell für diese Arbeit entwickelten Skalpell die Häute zu schälen begann. Auch die darunter liegenden Schichten waren rostrot - und das war eher selten. Allerdings wusste er, dass die Qualität der Früchte keinen Einfluss auf das Prüfungsergebnis hatte. Es wäre auch ungerecht gewesen, denn schließlich verdankte er es dem Zufall, dieses Erntegebiet zugewiesen bekommen zu haben.
    Worauf es Punkte gab, war etwas anderes: das kunstvolle Schälen, das normalerweise von mikrosensorisch gesteuerten Maschinen besorgt wurde, aber nach dem Selbstverständnis der Colocadosos auch ohne Maschine beherrscht werden musste. Maestro da Silva war sehr gut im Schälen von Hand, das wusste jeder. Aber Marco war besser. Das wusste er selbst - und, was dieser auch neidlos anerkannte, sein Maestro.
    Mit sicherer Hand, voll auf die sensiblen Fingerspitzen konzentriert, führte Marco das Skalpell über die Haut der Frucht, folgte ihren rauen Linien und senkte es ganz vorsichtig tiefer. Colocados waren in keiner Weise mit Zwiebeln vergleichbar, die sich leicht häuten ließen, Schale um Schale, Schicht um Schicht. Colocados waren anders. Man musste den Fasern der Haut folgen, ihre winzigen Abrisskanten spüren und sie genau treffen. Wer hier versagte, ruinierte die Frucht. Die einzelnen Schichten waren in ihren verschiedenartigen Essenzen krass voneinander abgegrenzt, was mit einzelnen Wachstumsphasen zu tun hatte. Wenn man
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