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PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel

PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel

Titel: PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel
Autoren: Frank Borsch
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aber schnell auf. In den letzten Wochen waren zahllose Flüchtlinge nach Vircho geströmt; niemand konnte sagen, wie viele davon in Ylanchon untergeschlüpft waren. Dort unten waren Millionen von Menschen gestorben, so viel stand fest.
    »Wieso haben sie das getan?«, murmelte Amheret tonlos. »Wieso vernichten sie nicht gleich den ganzen Planeten, wenn sie uns töten wollen?«
    Masquin überlegte. »Es muss eine Demonstration sein, dieser ... dieser Massenmord. Er ist zu koordiniert, um ungeplant zu sein.« Sein Blick wanderte zu den Kastuns, den »Schädlingen«, wie die Tefroder sie unmittelbar nach ihrem Auftauchen in der Galaxis benannt hatten. Sie schweb-ten jetzt fast direkt über dem Gleiter. Sie schienen größer geworden zu sein. Masquin wusste nicht, ob sie tiefer gegangen waren oder seine Angst sie überzeichnete.
    Ein riesiges Schleusentor öffnete sich in einem der Schiffe. Baumaschinen, vielgliedrige Gebilde, die an Spinnen erinnerten, kamen hervor und schwebten der verbrannten Ebene entgegen. Sie kamen genau in der Mitte des Kreises auf. Ihre Werkzeugarme wirbelten in einer Geschwindigkeit durch die Luft, der das menschliche Auge nur mit Mühe folgen konnte. Aus verborgenen Düsen spritzte Gussmaterial. Innerhalb weniger Minuten entstand ein erhöhter Kreis, der Masquin an ein Fundament erinnerte.
    »Was haben sie vor?«, dachte Amheret laut. »Wollen sie ihren eigenen Turm bauen? Einen, der den von Ylanchon in den Schatten stellt?«
    »Möglich. Auf jeden Fall bereiten sie irgend etwas vor - das kann nicht alles gewesen sein.«
    Die Bauroboter zogen sich zurück. Einer der Kastuns löste sich aus dem Verband - sein tödliches Fischmaul zeigte einen Augenblick lang auf Masquins Gleiter, aber der Hadur zuckte nicht zurück, sie waren zu unbedeutend, als dass der Kastun seine Energien auf sie verschwendet hätte - und blieb direkt über dem Fundament schweben. An der Unterseite des Schiffs öffnete sich ein Schleusentor. Eine Statue kam zum Vorschein und senkte sich auf das Fundament.
    Es dauerte einige Augenblicke, bis Amheret die Sprache wieder fand.
    »Beim großen Ghuu!«, rief sie aus. »Was soll das denn sein? Der Götze, den wir in Zukunft anbeten dürfen? Bauen sie etwa einen Tempel?«
    Die Statue maß ungefähr dreißig Meter und stand auf einem Sockel, den Masquin auf vier oder fünf Meter Dicke schätzte. Sie zeigte eine schlanke Insektengestalt mit langen Gliedern, der auf merkwürdige Weise etwas Menschenähnliches anhaftete. Vielleicht war es die Tatsache, dass sie vier Gliedmaßen besaß und aufrecht auf zwei Beinen stand, die beinahe die Hälfte der Körperlänge ausmachten. Vielleicht auch, dass ihre Züge trotz der sich hervorwölbenden, beherrschenden Facettenaugen eine Nase und einen Mund aufwiesen, die verblüffend an die eines Menschen erinnerten.
    Die Statue leuchtete ockergelb.
    Masquin spürte, dass es dieses Gelb war, das in Zukunft über der Stadt liegen würde. Vircho, die Goldene, würde nicht wieder auferstehen, auch dann nicht, wenn man den Dreck von den Dächern der Stadt gekratzt hatte.
    Amheret fasste ihn am Ärmel. »Masquin, wieso sagst du nichts? Lass uns von hier verschwinden, wir haben alles gesehen, was es zu sehen gibt. Worauf wartest du noch?«
    Masquin antwortete nicht.
    Tikil rannte aufgeregt seinen Unterschenkel auf und ab. Das Tier spürte
    die Erregung, die Masquin erfasst hatte und die so seltsam unpassend war. Masquin verspürte Hoffnung.

Kapitel 5
    Tess Qumisha war zu spät dran.
    Das leise Zischen der sich öffnenden Tür kam ihr wie ein Fanfarenstoß vor, der ihre Verspätung hinausposaunte, als sie geduckt in den Besprechungsraum der JOURNEE schlüpfte.
    Farue Markings, der sich am gegenüberliegenden Ende des Raums erhoben hatte, runzelte missbilligend die Stirn. »Um es kurz zu machen«, fuhr der Virth der Tefroder mit einer vollen Stimme fort, die verriet, dass er es gewohnt war, das Wort zu führen, »unsere ohnehin schon düstere Lage hat sich weiter zugespitzt. Und damit meine ich nicht nur die Situation hier im Sektor Jessytop, die durch das Schweigen des Nukleus' unkalkulierbar geworden ist.«
    Tess drehte suchend den Kopf. Der Konferenzraum war voll besetzt. Um den weitläufigen, ovalen Tisch drängten sich, der Wichtigkeit des Anlasses entsprechend, gleich drei Delegationen. Der tefrodische Virth war mit einem Dutzend seiner höchsten Offiziere und Minister erschienen. Zur Linken der Tefroder hatte die maahksche Delegation Platz genommen.
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