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PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel

PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel

Titel: PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel
Autoren: Frank Borsch
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anhielte.
    Dann atmete sie aus.
    Cisuda, die untersetzte Zweitfrau der Blüte, deutete in Richtung des Zentrums von Vircho. »Dort!«, rief sie. »Was ist das?«
    Masquins Blick folgte ihrem ausgestrecktem Arm entlang einem der breiten Prachtboulevards, die noch aus der Zeit stammten, als die Herrscher Tefrods Diktatoren von Gnaden der Meister der Insel gewesen waren und sich in endlosen Paraden ergangen hatten. Zuerst fiel dem Hadur nichts auf, dann registrierte er, was nicht stimmte. Das türkise Glitzern des Meers am Ende des Boulevards war verschwunden, verschluckt von einem schmutzig braunen Wabern.
    »Ja!«, sagte Amheret. »Ich sehe es auch, es ist . eine .« Sie brach ab und starrte mit weit geöffnetem Mund auf die braune Masse, die schnell näher kam.
    »Eine Druckwelle!«, brüllte Masquin. »Schnell, in den Gleiter! Wir müssen hier weg!«
    Er warf sich in die geöffnete Seitentür, stolperte über ein auf dem Fahrzeugboden liegendes Werkzeug, kämpfte sich wieder hoch und hetzte ins Cockpit. Aus dem Augenwinkel nahm er wahr, wie die Flüchtlinge ihm folgten, angetrieben von Amheret.
    »Gleiter!«, rief er dem Autopiloten zu. »Notstart! Bring uns hier weg -hinter den Bahnhof!«
    Mit einem Ruck, der die Passagiere im Laderaum des Gleiters schreiend durcheinander wirbeln ließ, hob die Maschine ab und beschleunigte. Innerhalb weniger Sekunden hatte sie die verlangte Position an der Nordseite des Bahnhofs erreicht und bremste ab. Dumpfe Schläge gegen die Zwischenwand hinter seinem Rücken und Kinderschreie zeigten Masquin an, dass die Passagiere keine Zeit gefunden hatten, Halt zu finden.
    Amheret stolperte in das Cockpit. Sie blutete aus einer Wunde an der Stirn. Masquin wollte nach dem Medoset greifen, aber die Frau winkte ab. »Später«, sagte sie und ließ sich auf den Sitz des Co-Piloten fallen. »Falls es noch ein Später gibt.«
    Dann war die Druckwelle heran. Der Gleiter erbebte. Schlagartig senkte sich Dunkelheit über Masquin und die Flüchtlinge, als die Walze aus kochender Luft, aufgewirbelter Erde und Trümmern die Strahlen Tefas abschnitt. Ein Prasseln setzte ein, lauter noch als das Heulen des Windes, das die Schreie der Kinder verschluckt hatte. Masquin erinnerte es an Hagel, nur dass die »Hagelkörner« nicht winzige gefrorene Kugeln waren, sondern Trümmerstücke jeder Größe und Beschaffenheit: Angefangen von mikroskopischen Partikeln über entwurzelte Bäume bis hin zu kompletten Gebäudesegmenten.
    Masquin rollte sich unwillkürlich zusammen. Jeden Augenblick konnte ein Trümmerstück den Gleiter zerschmettern. Er tastete nach Tikil, aber seine Finger fanden nur einige lose Schuppen in der Kapuze. Masquins Hand wanderte weiter und fand den Symbionten schließlich im linken Hosenbein. Tikil hatte die Krallen ausgefahren und hing am Stoff. Masquin streichelte ihn. Um den Symbionten zu beruhigen, sagte er sich und wusste gleichzeitig, dass seine Geste vor allem der eigenen Beruhigung diente. Solange er Tikil bei sich hatte, war er nicht verloren, ganz gleich, was passieren mochte.
    Masquins Augen gewöhnten sich an das Halblicht. Durch die verschmierten Scheiben des Gleiters erkannte er die Konturen seiner Umgebung. Der kleine Park, der sich an die Nordwestseite von Voteney-Nord angeschlossen hatte, war verschwunden. An seine Stelle war eine Wüste aus Schutt und Trümmern getreten. Das Heck eines Gleiterwracks ragte aus ihr heraus. Flammen loderten aus den Abstrahldüsen, wurden von der Druckwelle erfasst und in einen Dutzende Meter langen Feuerschweif verwandelt. Masquin erwartete, Tote zu sehen, aber sein suchender Blick, der zunehmend mehr Einzelheiten erfasste, fand keine. Menschen, erkannte der Hadur, waren zu klein und zu zerbrechlich, als dass die Druckwelle sie in einem Stück wieder freigegeben hätte. Wer von der Wand aus hochkomprimierter Luft erfasst worden war, musste unweigerlich von ihr zerrieben worden sein.
    Das Prasseln auf dem Rumpf des Gleiters wurde schwächer, schmerzte nicht mehr in den Ohren.
    »Beim großen Ghuu!«, stieß Amheret hervor. »Ich hätte nicht geglaubt, dass wir das überleben.« Ihre Stimme war gedämpft, sie hatte wieder die Maske über das Gesicht geschoben. Die Klimaanlage des Gleiters musste widerwärtige Gerüche aus der Außenluft einsaugen. Masquin war froh, dass Tikil sie ihm nicht übermittelte.
    Amheret vergewisserte sich mit einem schnellen Blick in den Laderaum, dass ihre Blüte die Druckwelle unbeschadet überstanden hatte. Dann
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