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PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel

PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel

Titel: PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel
Autoren: Frank Borsch
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wandte sie sich wieder an Masquin: »Und das ist allein dein Verdienst, Hadur. Ich danke dir.«
    Masquin zuckte verlegen mit den Achseln. Er konnte sich nicht erinnern, wann man ihm das letzte Mal gedankt hatte. Sein Stand wurde bestenfalls als hässliche Notwendigkeit betrachtet, und wer seine Dienste in Anspruch nahm, tat es zähneknirschend, erfüllt von ohnmächtiger Wut, die sich allzu oft in Beschimpfungen entlud, hatte Masquin erst seinen Teil des Handels erfüllt.
    Er schaltete auf Manuellsteuerung und aktivierte die Triebwerke. Das Pilotendisplay zeigte an, dass die Windgeschwindigkeit auf unter hundert Kilometer pro Stunde gesunken war - zu gering, um die Stabilisatoren des Gleiters in Bedrängnis zu bringen, und zu schwach, als dass sie weiterhin mit herumfliegenden Trümmern nennenswerter Größe rechnen mussten.
    Langsam stieg der Gleiter höher und eröffnete ihnen das Panorama der Hauptstadt.
    Vircho, die »Goldene«, existierte nicht mehr. Die prachtvollen Dächer der Stadt waren verschwunden - in der Glut des Feuerschlags vergangen, von der Druckwelle mitgerissen oder unter der Schicht von Ruß, Staub und Trümmern begraben, die sich über die Stadt gelegt hatte. Von Vote-ney-Nord war nur ein Skelett geblieben. Die Jahrtausende alten Grundmauern des Bahnhofs, die ebenso alte Stahlstruktur seines Dachs hatten den Gewalten getrotzt, nicht aber die nachträglichen Anbauten. Masquin und Amheret starrten schweigend durch das Gitter der Dachkonstruktion. Unter ihnen rannten Menschen verzweifelt hin und her, beugten sich über schreiende Verletzte und Tote. Masquins Augen suchten die Lounge der Hadur. Vergeblich, sie hatte an der Südseite gelegen, die Druckwelle hatte sie spurlos abgetragen.
    Masquin schluckte. Tikil spürte, wie der Hadur sich versteifte, unter seiner Kleidung an seinem Körper hinaufkrabbelte und sich an seinen Nacken schmiegte.
    Der Gleiter stieg höher, ließ die sich allmählich wieder setzende Staubschicht unter sich zurück.
    Amheret brach als Erste das Schweigen. »Die Regierungsinsel«, flüsterte sie. »Sie ist unversehrt! Wie kann das sein?«
    Sie musste ihre Worte nicht erläutern. Die Regierung des Virth residierte seit jeher auf einer vielfach abgesicherten Insel drei Kilometer vor der Stadt. Sie war seit der verlorenen Schlacht um das Tefa-System praktisch verwaist. Der Virth war mit den Resten der Flotte geflohen; wohin, darüber gab es nur wilde Spekulationen. Die Spitzen der Regierung und Verwaltung hatten es ihm gleichgetan, waren untergetaucht. Auf der Insel hielten nur noch die Sturen die Stellung, die von ihrem Treueid unter keinen Umständen ablassen wollten, und die Rangniederen, denen keine Flucht möglich gewesen war. Doch die Regierungsinsel blieb das logische Ziel jedes Invasoren, ihre technische Infrastruktur war für einen organisierten Widerstand unerlässlich - und noch nie in der langen Geschichte der Tefroder war es einem Feind gelungen, sie zu erobern oder auch nur zu beschädigen.
    Die Insel war ein Symbol.
    Aber nicht das Einzige Virchos.
    Eine Kinderstimme drang vom Laderaum herein. »Cisuda, wo ist der Turm? Was ist mit ihm? Du hast uns versprochen, dass wir ganz nach oben fahren - das hast du!«
    Masquins und Amherets Blicke trafen einander, dann flogen ihre Köpfe herum, dorthin, wo seit Menschengedenken die schlanke Nadel des Ylan-chon-Turms in den Himmel geragt hatte, das Geschenk des ersten Virths an die Bevölkerung der aufstrebenden Hauptstadt des tefrodischen Reiches.
    Der Turm war verschwunden.
    Masquin schaltete auf Horizontalflug und beschleunigte in Richtung Stadtzentrum. Er nahm seine Außenwelt nur noch wie durch einen Schleier wahr. Die riesigen Kastuns, die ihre Schatten auf das geschundene Vircho warfen, die neuerliche Welle, die sich aus der Stadt ergoss, nun aber aus den Überlebenden bestand, die nur noch der Gedanke beherrschte, dem Inferno zu entfliehen - Masquin registrierte sie nur am Rande. Seine Aufmerksamkeit galt der kreisrunden Fläche, die sich an der Stelle erstreckte, an der sich noch vor wenigen Augenblicken eines der belebtesten Viertel Virchos befunden hatte, in seinem Zentrum der Ylan-chon-Turm.
    Die Oberfläche der Ebene war schwarz und glatt. Hier hatte sich die Druckwelle nicht ausgetobt, hier war sie entstanden - aus der Glut entfesselter Atome. Masquin schätzte den Durchmesser des Kreises auf mindestens einen Kilometer, möglicherweise sogar anderthalb. Er versuchte, die Anzahl der Opfer zu überschlagen, gab
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