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PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel

PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel

Titel: PR Andromeda 05 - Der Schattenspiegel
Autoren: Frank Borsch
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makellos mumifiziert in der trockenen Höhenluft. »Schreibt euch das hinter die Ohren«, hatte Scharfauge ihnen gepredigt, während er die Toten nach Brauchbarem durchsuchte. »Bleibt liegen, solange der Sturm andauert. Aber wenn er vorbei ist, steht auf und bewegt euch. Wer dann liegen bleibt, tut es für immer. So wie die da.«
    Scharfauge .wo steckte er?
    Takegath blickte zu der Traube von Jungen am gegenüberliegenden Ende des Lagerplatzes. Die Kinder stießen Schreie aus und fuchtelten aufgeregt mit den Armen, beugten sich über etwas.
    Aus dem Knäuel ragten Füße.
    Sandalen.
    Takegath rannte los. Seine Hand schloss sich wie automatisch um den Griff des Messers. Er drängte sich mit vorgereckter Schulter durch das Spalier der Jungen. Widerwillig wichen die Pachtlinge zur Seite.
    Takegath erkannte auf den ersten Blick, dass er sein Messer nicht brauchen würde.
    Nyssgarus Augen waren halb geschlossen, die verengten Pupillen blickten in unterschiedliche Richtungen. Das linke Bein war verdreht, ein bleiches Knochenstück ragte aus dem Oberschenkel. Das rostrote Blut, das es einrahmte, ließ es noch weißer als den Neuschnee erscheinen.
    »Was ist passiert?«, schnappte Takegath.
    »Wir . wir wissen es nicht«, antwortete einer der Jungen, der selbst aus einer Wunde am Oberarm blutete. »Als der Sturm vorbei war, lag er hier. Vielleicht hat er die anderen gesucht.« Der Junge schlug die Hände über dem ausladenden Kopf zusammen. »Was sollen wir jetzt tun? Ohne ihn sind wir verloren!«
    Takegath grunzte abschätzig und beugte sich über Nyssgaru. Scharfauge rührte sich, als er die Berührung spürte. Takegath ignorierte seine Bewegungen.
    »Was machst du da?«, fragte Inahin, der hinter ihn getreten war.
    »Uns hier herausholen!« Die Hände des Jungen tauchten in die Taschen Nyssgarus, brachten zuerst die Spieluhr hervor, dann das kleine Kästchen. Er fuhr über seine Oberfläche, fand einen Knopf und drückte ihn. Eine Schutzklappe öffnete sich und gab den Blick auf ein körniges Graustufendisplay frei.
    Takegath richtete sich auf. »Wer leben will, kommt mit mir«, verkündete er und hielt das Kästchen wie eine Trophäe in die Höhe.
    »Was meinst du damit?«, fragte einer der Jungen.
    »Das hier - und ich - werden euch in die Südlande führen. Scharfauge kennt sich in den Bergen nicht besser aus als Pachtlinge, die mehrere Märsche hinter sich haben. Dieses Gerät hat ihm den Weg gewiesen - und das wird es auch für uns tun!«
    Aufgeregtes Geschrei antwortete ihm. Takegath wartete, bis die erste Unruhe abgeklungen war, dann sagte er: »Ich breche bei Sonnenaufgang auf. Wer will, kann mitkommen.« Er wandte sich ab, machte einige Schritte und beugte sich über das Kästchen.
    Als die ersten Strahlen Nydirns über die Berge strichen, setzte sich Ta-kegaths Trupp in Bewegung. Es waren keine zwei Hand voll Jungen, die ihm folgten. Zwei der drei verschwundenen Kinder waren nicht zurückgekehrt, drei weitere hatten sich nicht mehr von ihren eisigen Lagern erhoben. Die Übrigen scharten sich ängstlich und verstört um Nyssgaru, der das Bewusstsein wiedererlangt hatte und allen, die Takegath begleiteten,
    die schlimmsten Folterqualen der Pachtwächter androhte.
    »Was soll aus uns werden, wenn wir in den Südlanden sind?«, fragte Inahin, als das Gezeter Scharfauges hinter ihnen verklang. Er lief auf improvisierten Sandalen, die Takegath aus Nyssgarus Sohlen für sich und seinen Bruder geschnitten hatte. »Wenn die Pachtwächter herausfinden, was passiert ist, sind wir dran. Und sie werden misstrauisch sein, wenn wir ohne Führer auf dem Markt auftauchen.«
    Takegath verzog die Lippen. »Wer sagt, dass du und ich zum Markt marschieren, Bruder?«, fragte er und beschleunigte seine Schritte.

Kapitel 4
    Masquin öffnete behutsam die Augenlider, die er mit aller Kraft zusammengedrückt hatte.
    Ich lebe, stellte er fest. Und als sich Tikils Schneidezähne tief in seinen Nacken bohrten, fügte er hinzu: Und ich scheine nicht der Einzige zu sein.
    Sein Umgebung schien wie eingefroren. Überall auf den Straßen, auf dem weiten Vorplatz von Voteney-Nord, auf den Terrassen und Baikonen der Gebäude waren die Menschen mitten in der Bewegung erstarrt. Selbst der Gleiterverkehr war zum Erliegen gekommen, gestoppt von den Steuerrechnern, deren Routinen jede erdenkliche Situation abdeckten, nur nicht die einer Invasion des Planeten.
    Stille lag über Vircho. Masquin schien es, als ob die Hundertmillionenstadt den Atem
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