Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
TS 93: Der Unangreifbare

TS 93: Der Unangreifbare

Titel: TS 93: Der Unangreifbare
Autoren: Poul Anderson
Vom Netzwerk:
 
1.
     
    Er blickte nachdenklich über Megalopolis hinweg und empfand ein plötzlich aufkommendes Panikgefühl. „Was jetzt?“ fragte er sich und suchte vergeblich nacheiner Antwort. Die Sonne ging hinter einem der Gebäudezentren unter, wodurch die Silhouetten der Häuser und Türme noch deutlicher hervortraten. Der ganze Horizont war mit solchen Sub-Cities und Gesellschaftstürmen angefüllt. Die rote Glut des Sonnenunterganges ließ die vielen einzelnen Zentren als eine große Stadt erscheinen, doch das war eine Illusion, denn die einzelnen Häusergruppen standen weit voneinander entfernt. Koskinen blickte auf die großen Wohntürme und die dazwischenliegenden Fabriken, Lagerhäuser, die Wohnhäuser der billigen Preisklasse und die all diese Gebäude wie ein Netzwerk verbindenden Hochstraßen. Die höheren Stockwerke waren durch Rohrstraßen miteinander verbunden; nur die Grundfläche hatte Flachstraßen. Vor der großen Sonnenscheibe tummelten sich unzählige Kleinflugzeuge wie Mücken, aber auch diese Maschinen waren einer strengen Ordnung unterworfen und mußten bestimmte Höhen und Luftstraßen einhalten. In den unteren Etagen flammten schon die ersten Lichter auf. Die über die Flachstraßen kriechenden Fahrzeuge und Einschienenbahnen fuhren schon mit Licht. All das wirkte von oben wie der Blick auf einen fremden Planeten, denn die vielfältigen Geräusche drangen nicht bis zum hundertsten Stockwerk hinauf, wo Koskinen vor der großen Sichtwand seines Zimmers stand.
    Er schaltete die Transparenz um, und sogleich belebte sich die Wand mit ineinanderfließenden, harmonischen Farben. Koskinen warf einen Blick auf die Liste der Musikstücke, ließ aber das Band nicht ablaufen, obwohl sein Lieblingsstück dabei war. Er war mit sich und dem Leben unzufrieden und sehnte sich nach Abwechslung.
    Aber was sollte er tun?
    Das Hotel bot alle Möglichkeiten der Zerstreuung: Schwimmbecken, eine Sporthalle, ein Theater, Bars, eigentlich alles, was sich für Geld erwerben ließ. Koskinen konnte sich das alles leisten, denn er hatte eine Gehaltsnachzahlung für fünf Jahre in der Brieftasche. Auch in der Riesenstadt ließ sich jede nur denkbare Art der Zerstreuung finden. Er konnte auch mit einem Stratoschiff eine der weiter westlich gelegenen Städte erreichen oder sich ein Wochenendhaus in einem Nationalpark mieten.
    Aber Koskinen war mit allem unzufrieden. Die käuflichen Annehmlichkeiten des Lebens hatte er satt, obwohl er sich erst seit zwanzig Stunden in der Stadt befand. Er war allein und ohne Freunde. Die Herzlichkeit der Kellner und anderer Leute war ihm zuwider, denn diese Menschen meinten nicht ihn, sondern sein Geld.
    Er griff zum Telefon.
    „Ruf mich an“, hatte Abraham gesagt. „Hier hast du die Nummer. Centralia Condominium auf Long Island. Manhattan liegt ganz in der Nähe und lädt zu einem Bummel ein. Vor fünf Jahren hat es mir dort noch gefallen. Ob sich vieles geändert hat, kann ich natürlich nicht sagen.“
    Koskinen hob den Hörer nicht ab. Abrahams Familie wollte sicher nicht gleich einen Fremden im Hause haben, sondern sich erst an den eigenen Sohn gewöhnen. Fünf Jahre gehen nicht spurlos an einem Mann vorüber. Der Beauftragte der Regierung, der die Männer auf dem Goddard-Feld empfangen hatte, war von der Schweigsamkeit der Heimkehrer so beeindruckt gewesen, daß er es sogar gesagt hatte. Die Einsamkeit der Marslandschaft hatte die Männer verändert. Aber das war es nicht allein. Koskinen war auch zu stolz, um sich aufzudrängen. Er hatte alles auf den Kopf stellen wollen, aber nun hockte er einsam und verlassen in seinem Hotelzimmer und fühlte sich hundeelend.
    Alle seine Freunde hatten es besser, weil sie zu ihren Familien zurückkehren konnten. Zwei waren sogar verheiratet. Peter Koskinen hatte keinen, zu dem er nach fünfjähriger Abwesenheit zurückkehren konnte. Der radioaktive Fallout hatte seine Heimatstadt verschont, doch die nach dem großen Krieg aufgetretenen Seuchen hatten hohe Opfer gefordert. Das Institut hatte den achtjährigen Überlebenden in ein Waisenhaus gesteckt und dann mit anderen ausgebildet, die wie er einen ungewöhnlich hohen Intelligenzquotienten besaßen. Es war eine schwere Zeit gewesen. Die Erzieher hatten versucht, die fehlenden Eltern zu ersetzen, was ihnen natürlich nicht gelingen konnte.
    Koskinen hatte Physik studiert und das Staatsexamen gemacht. Das Ministerium für Astronautik hatte seine Bewerbung akzeptiert und den Achtzehnjährigen der neunten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher