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Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo

Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo

Titel: Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo
Autoren: Sebastian Jutzi
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V orwort
    I n dem Moment, in dem ich hier in Frankfurt diese Zeilen schreibe, schlagen rund 6 000 Kilometer entfernt im Gorillawald Granaten ein. Zwischen den schweren Explosionen ertönen Maschinengewehrsalven. Der Krieg ist zurück im Ostkongo. Rebellengruppen haben sich in den Wäldern des Virunga-Nationalparks verschanzt und erwidern von dort den Beschuss der Regierungstruppen. Wieder flüchten die Menschen vor Mord und Totschlag, heraus aus ihren abgelegenen Dörfern, über die grüne Grenze in die Nachbarländer Ruanda und Uganda oder zumindest in die vermeintlich sichere Lage nahe der größeren Städte. Leid und Elend grassieren erneut entlang der großen Seen im Herzen Afrikas.
    Wieder ist auch die Zukunft der Berggorillas ungewiss. Instinktiv werden sie vor den krachenden Einschlägen und dem Feuergeruch geflohen sein, tiefer in den Wald hinein. Doch viele Möglichkeiten bleiben ihnen nicht. Ihr Gebiet, ein Anhängsel des Parks, gerade einmal so groß wie Frankfurt, liegt wie eine Insel in einer dicht von Menschen besiedelten Landschaft, in der jeder Quadratmeter entweder Feld oder Siedlungsfläche ist. Und die Gipfellagen der Vulkanberge sind zu kalt und unwirtlich und die Vegetation dort oben zu schütter für Tiere, die mehr als 15 Kilo Pflanzen pro Tag fressen. Zudem gehen sich Gorillagruppen aus dem Weg, sodass es für die mächtigen Anführer, die Silberrücken, schwierig sein wird, überhaupt noch freie Waldstücke zu finden. Sie werden nicht verstehen, dass die Menschen, die sie in den letzten Jahren als zwar eigenartige, aber dennoch friedliche und freundlich distanzierte Besucher kennengelernt haben, nun nichts anderes als Verderben bringen.
    Ihre Bodyguards, die täglich unter ihnen weilten, die Ranger der kongolesischen Naturschutzbehörde, sind längst aus dem Park geflohen, nachdem schon in den ersten Tagen der aufflammenden Kampfhandlungen einer ihrer Kollegen erschossen worden war. Ein weiterer von mehr als 120 Rangern, die im letzten Jahrzehnt im Dienst ihr Leben ließen. Diese Männer sind die wahren Helden des Naturschutzes, die sich aufopfern für eine der eindrucksvollsten Tierarten unseres Planeten, für unsere nächsten Verwandten, für die letzten Berggorillas.
    Wie an kaum einen anderen Ort der Welt scheinen im Osten des Riesenlandes Kongo Paradies und Hölle miteinander zu verschmelzen. Die Ufer des Kivusees, mitunter von blühenden Gärten gesäumt, mit der Aussicht auf die Berge, erinnern ans Tessin. Der Reiseprospektslogan von der Schweiz Afrikas drängt sich geradezu auf. Große Flüsse, Savannen, Trocken-, Feucht- und Bergwälder, Seen und Sümpfe, all dies sind Bestandteile eines der reichhaltigsten Nationalparks der Welt. Aktive Vulkane, einer sogar mit einem ständig brodelnden Lavasee, ein Fenster quasi ins flüssige Innere unserer Erde, und dazu Berge, deren Gipfel in 5 000 Meter Höhe sogar von Gletschern überzogen sind. Ein Land aus Feuer und Eis, ein Weltnaturerbe par excellence. Dazu die fruchtbarsten Böden für die Landwirtschaft, bestens versorgt mit Wasser und Sonnenlicht, für einen ganzjährigen Anbau. Und darunter eine Schatzkammer mit Gold, Diamanten, seltenen Metallen, Öl und Gas.
    Doch der Reichtum schafft Begehrlichkeiten und der Handel mit Bodenschätzen dient häufig dem Waffenkauf. Zur tödlichen Melange im Kongo kommen weitere Faktoren hinzu: Grenzen, die einst willkürlich von Kolonialherr schern geschaffen wurden, Stammesfehden und die Auswirkungen eines der grausamsten Genozide der Geschichte im Nachbarland Ruanda.
    Bereits vor mehr als 40 Jahren hat der Grandseigneur des internationalen Naturschutzes, Professor Bernhard Grzimek, den unfassbaren Wert und die blanke Not des Ostkongos erkannt und erste Spendengelder der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt für die Berggorillas, für die Ranger und letztlich für die Menschen der Region eingesetzt. Damals wurde ein stilisiertes Porträt der charismatischen Tiere zum Logo der Organisation, und so ziert der schwarze Gorillakopf auf grünem Grund auch heute noch Landrover, Flugzeuge oder Expeditionskisten in aller Welt. Die Frankfurter Naturschützer sind ihrem Wappentier bis heute treu geblieben. Nur von schwersten Kriegswirren unterbrochen, reicht das Engagement bis in die heutige Zeit und ganz sicher auch darüber hinaus.
    Zu wertvoll ist die Region, zu nah am Paradies, als dass man sie leichtfertig aufgeben dürfte.
    Doch bisher laufen Krieg und Krisen im Osten des Kongos weitgehend unter Ausschluss
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