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Portland Head Light

Portland Head Light

Titel: Portland Head Light
Autoren: Mathilda Grace
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- Prolog -

    Lieber Dominic,
    wie kann ich mich bei dir, meinem Kind, für etwas entschuldigen, für dass es keine Entschuldigung gibt?
    Ich weiß es nicht, also fange ich einfach an in der Hoffnung, dass du meine Worte eines Tages lesen wirst, immerhin bist du der Grund, warum ich das tue. Und du bist ein toller Grund, Dominic. Das warst du schon als Baby. Meine Güte, wie schnell doch damals die Zeit verging. Aber so war unser Leben mit dir von Anfang an. Gerade erst geboren, warst du ganz plötzlich schon ein Junge, der allein auf seinen stämmigen Beinchen stand. Und mit jedem Tag wurdest du ein Stückchen größer und auch ein wenig erwachsener. Verrückte Welt, aber so war sie nun mal.
    Und sehr bald, wenn du erwachsen bist, wirst du deinen eigenen Weg finden und es besser machen als ich. Oh, das Allerwichtigste vergesse ich beinahe noch – ich liebe dich, Dominic, das habe und werde ich immer tun. Trotz allem.
    Dabei habe ich früher gar nicht daran geglaubt, je ein Kind zu haben. Jedenfalls nicht so früh. Als ich mit dir schwanger wurde, gehörten Kinder für mich noch nicht zu meinem Leben. Ich war jung und so verliebt. Weißt du, ich habe in meinem Leben einige Fehler gemacht, Dominic, und mir ist bewusst, dass es für mich lange zu spät ist, dass ich es nie mehr gutmachen kann. Dennoch möchte ich, dass du weißt, dass ich froh bin, weil unser Staat dir ein Leben ermöglichte, welches ich dir nicht geben konnte.
    Aber dazu später mehr. Erstmal möchte ich dir erzählen, wie es überhaupt dazu kam. Ich möchte dir erzählen, wie diese Krankheit über mich kam, die unser Leben so abrupt und für immer zerstörte.
    Schleichend ist der Ausdruck, den meine Ärzte hier verwenden. In meinen Augen überfiel sie mich von hinten, als ich machtlos war. Das ist Unsinn, ich weiß, aber ich empfinde es noch immer so. Und auch wenn ich weiß, dass meine Phasen der Normalität kürzer werden und die der Schizophrenie immer stärker durchbrechen, gebe ich die Hoffnung nicht auf. Solange wie möglich, möchte ich dir schreiben und dir erzählen, wer ich wirklich bin. Wer ich bin, solange die Stimme tief in meinem Kopf mir keine Dinge zuflüstert.
    Ich war ein glückliches Kind. Wie du es warst, bis ich unsere Familie zerstörte. Ich hatte eine schöne Kindheit, war gut in der Schule und beliebt bei meinen Freunden. Ich lernte deinen Vater in der Schule kennen. Er war der Bruder meiner Freundin, jünger als ich und er wollte ganz groß Karriere machen. Sein Plan war es, die Schule zu beenden und nach Los Angeles zu gehen. Als Musiker. Ganz zu Anfang habe ich darüber geschmunzelt. Aber dann hörte ich ihn spielen und änderte meine Meinung. Ich begleitete ihn zu kleineren Auftritten in Bars, unterstützte ihn in seinen Träumen und träumte irgendwann mit ihm, denn er hatte das Talent und den Willen, ganz groß rauszukommen.
    An Weihnachten lud er mich zu sich nach Hause ein. Ich werde das Weihnachtsfest bei seiner Familie nie vergessen. Ich liebte diese alte und heimelige Art seiner Eltern, die kitschige Musik und den Weihnachtsbaum, der derart mit Lichtern behangen war, das man nur mit abgeschirmten Augen davor sitzen konnte. Aber vor allem liebte ich deinen Vater.
    Dann warst du plötzlich auf dem Weg. Es war ein Schock. Für uns beide. Aber wir liebten dich fast sofort und so änderte dein Vater seine Pläne. Er ging nicht nach Los Angeles, um Musiker zu werden, und ich ging nicht auf die Universität, um zu studieren und einen gut bezahlten Job zu bekommen. Wir bekamen dich, ohne zu wissen, wie begrenzt unsere Zeit mit dir sein würde.
    Weißt du, Dominic, es gibt viele Menschen auf dieser Welt, die Dinge tun, die einfach nur widerwärtig sind, und ich bin zu einem von ihnen geworden. Ich weiß nicht, inwieweit du mit deinen zwei Jahren damals schon begriffen hast, was ich tat. Und ich weiß auch nicht, wie du heute darüber denkst. Ich kann nur es vermuten und ich glaube, dass du mich hassen musst. Und wer sollte es dir verübeln? Aber vielleicht wirst du mir eines Tages ja schreiben. Vielleicht wirst du mich sogar einmal besuchen.
    Ich würde so gerne erfahren, wie du aussiehst und was aus dir geworden ist. Und ich hoffe so sehr, dass ich noch lange genug bei Verstand sein werde, um dir zu erzählen, was damals alles geschah.
    In Liebe,
    Mum

- 1. Kapitel -

    Maine war das komplette Gegenteil seines bisherigen Lebens, das aus dem Reisen von Motorradrennen zu Motorradrennen, von Party zu Party, aber vor allem aus
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