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PR 2687 – Alles gerettet auf ewig

PR 2687 – Alles gerettet auf ewig

Titel: PR 2687 – Alles gerettet auf ewig
Autoren: Wim Vandemaan
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haben wenig Zeit. Vielleicht weniger, als wir glauben. Wir brauchen diese Informationen.«
    »Paitäcc steht gegebenenfalls auf der Seite der Chours«, erklärte Anicee zu Bulls Verblüffung.
    »Gegebenenfalls?«
    »Gesetzt, Paichander fällt und mit ihm die Akademie für Logistik.«
    »Wie sagt man doch? ›Verrat ist eine Frage des Datums‹«, höhnte Bull.
    »Sagt man nicht auch: ›Der Krieg zwischen zwei gebildeten Völkern ist Hochverrat an der Zivilisation‹?«
    »Du meinst, wir wunderbar gebildeten Terraner sollten uns mit den noch viel wunderbarer gebildeten Sayporanern friedlich einigen?«
    »Sobald das Regime der Akademie für Logistik auf Druh gestürzt ist, arbeitet Paitäcc über den Umbrischen Rat mit dir zusammen.«
    »Über den Rat?«
    Sie lächelte. »Wir machen uns gern nützlich. So lange es eben geht.«
    Bull zog die Brauen zusammen. »Und wie lange wird es gehen?«
    »Nicht mehr sehr lang.« Sie klang bestimmter, erwachsener. »Wir Sayterraner werden das Solsystem bald verlassen. Wir kehren heim in den Weltenkranz.«
    »So«, sagte Bull ratlos.
    »Die Sonne«, sagte Anicee, »wird wieder leuchten. Du wirst das schaffen. Du und Perry, ihr habt es am Ende immer geschafft.« Das Lächeln auf ihren Lippen sah aus wie ein Schatten. »Aber das ist nicht mehr unsere Sonne. Unsere Augen ertragen sie nicht.«
    »Wir können die Manipulation, die die Sayporaner an euch vorgenommen haben, rückgängig machen«, bot Bull an.
    Sie schüttelte langsam den Kopf. »Willst du auch die Manipulation rückgängig machen, die die Arkoniden an euch vorgenommen haben? Die ES an euch vorgenommen hat?«
    »Das ist etwas anderes.«
    Sie lachte mädchenhaft. Dann erklärte sie ihm ihre Sicht der Dinge: wie langlebig die Kultur der Sayporaner sei, wie reich an erstaunlichen Mysterien, ein einziges, herrliches Denkspiel, ausgestattet mit einer Technologie, die ihre Schwerpunkte ganz anders gelegt hatte als die terranische, die ja zum Gigantismus neigte, während die Sayporaner ...
    »Ja«, unterbrach Bull sie. »Sie sind schon der schiere Knaller. Aber ...«
    »Aber!«, rief Anicee und schlug in einer heftigen Bewegung mit der Hand auf den Tisch. »Aber. Sie sind nicht die Arkoniden, die ihr – du, Perry und eure Zeitgenossen – beerben durftet. Dass die Terraner heute in Raumschiffen durch den Kosmos fliegen, deren Baupläne auf denen der Arkoniden fußen – geschenkt. Dass die komplette terranische Hochtechnologie im Kern arkonidisch ist, angereichert mit dem einen oder anderen Brimborium – kein Problem. Aber dass jetzt wir Sayterraner die Einladung annehmen, das Erbe einer anderen kosmischen Hochkultur anzutreten, ist in deinen Augen natürlich eine Krankheit, die geheilt werden muss.«
    Bull zuckte die Achseln.
    Anicee fuhr fort: »Kann es nicht immerhin sein, dass sie wirklich Weltverbesserer sein wollen, dass sie die Welt aufwerten wollen? Das in ihren Augen Schlechtere, das Unbelehrbare, rotten sie aus. Ja. Und?«
    »Ich werde so ungern ausgerottet«, sagte Bull. »Kommt zurück, Anicee. Es ist gut bei uns.«
    Anicee leckte sich langsam und gedankenvoll über die Lippen. Bull betrachtete die winzige Auris, die unaufhaltsam und hoffnungslos aus dem KomSpot auf ihn zulief. Es ist sinnlos, dachte er.
    »Hattest du eine schöne Kindheit?«, fragte Anicee.
    »Natürlich«, grummelte Bull. Plötzlich waren die dreitausend Jahre seitdem wie annulliert. Er hatte Madison vor Augen, seine Schwester, geboren und begraben in New York. Er sah seine Mutter die Augen schließen an dem Tag, als sie vom Tod seines Onkels erfuhr. Sein Onkel war in Stalingrad gefallen. Er sah sie die Augen schließen an dem Tag, als sie vom Tod seines Vaters erfuhr, der in der Normandie gestorben war. An diesem Tag war er sechs Jahre alt und verwundbar wie nur Kinder sind.
    Er hatte an den Tagen danach, als die Zeit stillstand, aus dem Fenster geschaut, in den verlassenen eisblauen Himmel, und sich vorgestellt, wie aus seiner Wut eine Drachenhaut wachsen und ihn unverwundbar machen würde. Aber merkwürdig: Über die Jahre hatte seine Verwundbarkeit nur zugenommen.
    Eine glückliche Kindheit? Anicee ließ ihm Zeit. Ja. Auch. Dennoch. Die Ausflüge mit seinen Eltern in den Flushing Meadows Park fielen ihm ein, die Reden von Bürgermeister Fiorello LaGuardia, denen sie gemeinsam am Radio gelauscht hatten, die »Superman«- und »Captain America«-Hefte, und die erste Schallplatte, die er sich von seinem eigenen Geld gekauft hatte: I Wanna Be Loved
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