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PR 2646 – Die Tage des Schattens

Titel: PR 2646 – Die Tage des Schattens
Autoren: Leo Lukas
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Bär.«
    »Hä? Wundert mich nicht, dass es die Bären aus der Steppe in die Stadt treibt bei diesem Sauwetter! Mich friert's bis in die Knochen. Aber auf die ältere Generation wird wie immer gepfiffen. Ich habe bereits mehrere geharnischte Protestnoten an NATHAN gesendet, aber glaubst du, ich würde einer Antwort gewürdigt?«
    »Man hat's halt nicht leicht, gell?«
    »Meine Rede. Du und das Triest, Kornel, ihr seid meine letzte Bastion.«
    »Von Herzen gern, Herr Oberst.«
    Das stimmte wirklich. Kornel Krisch war Oberkellner aus Leidenschaft und Überzeugung.
    Selbstverständlich verfügte auch das Café Triest über die üblichen technischen Einrichtungen. Gäste, die keinen Sozialkontakt wünschten oder es sogar als peinlich empfanden, von einem Mitbürger bedient zu werden, orderten via Tischpositronik und ließen sich das Bestellte von Servo-Schwebetabletts bringen.
    Holoprojektoren in den Stuhllehnen strahlten diverse Programme mit Richtschall aus, sodass man Zeitung lesen beziehungsweise hören konnte, ohne die Gäste an den Nachbartischen zu stören. Wer wollte, blendete überhaupt den gesamten hohen, von mächtigen Kristalllüstern beleuchteten Raum aus und schuf sich so eine eigene Enklave der Ruhe.
    Wer aber Wert auf persönliche Ansprache legte, der kam ins Triest wegen Herrn Kornel. Weil bekannt war, dass man, so oft man auch die immer gleichen Tiraden wiederholte, stets auf Verständnis stieß.
    Und dass der Ober sich dezent zurückziehen würde, sobald der Oberst über seiner Mozartschale eingenickt war.
     
    *
     
    An diesem Vormittag blieb Kornel erfreulicherweise sowohl von allzu illuminierten, übrig gebliebenen Nachtschwärmern als auch von Schulklassen verschont, die um die Wette ausprobieren wollten, wie weit sich seine Geduld strapazieren ließ.
    Dafür betrat ein Gast durch die mit Jugendstil-Ornamenten verzierte Glastür das Kaffeehaus, der sofort Kornels Aufmerksamkeit erregte.
    Er wirkte ... fremd. Das hieß etwas in diesem Lokal, in dieser Gegend, wo Maahks, Naats, Swoons oder sonstwie über- oder unterdimensionierte Personen beileibe keine Seltenheit darstellten.
    Es lag nicht an seinem Äußeren. Der Mann war Terraner, etwa einen Meter siebzig groß, von kompakter Statur. Er mochte um die dreißig sein und trug eine Art Tunika, wie manche Arkoniden, mit weiten Ärmeln, um die Hüften gegürtet. Das schmucklose Kleidungsstück reichte ihm bis zu den Waden.
    Seine Füße steckten in Lederstiefeln, die gut eingelaufen aussahen. Alt, aber gepflegt – im Gegensatz zum reichlich wildwüchsigen Bart, der ebenso blauschwarz schimmerte wie das Haupthaar.
    Aber das war es ebenfalls nicht, was Kornels innere Alarmsirene schrillen ließ. Immer wieder verirrten sich wilde Gesellen ins Triest, und er war noch mit allen fertig geworden.
    Der Mann erweckte auch gar nicht den Eindruck, als hätte er vor, irgendwelche Schwierigkeiten zu machen. In seinen dunklen Augen lag zwar latente Aggressivität, jedoch noch viel mehr ...
    Staunen.
    Als könne er nicht glauben, wohin er geraten war, blickte sich der Fremde im Kaffeehaus um, langsam, fast feierlich. Er saugte das Ambiente förmlich ein. Sein volllippiger Mund verzog sich zu einem Grinsen, dann stemmte er die Fäuste in die Seiten und lachte dröhnend auf.
    Kornel hastete zu ihm hin, weniger besorgt als interessiert. Dem ganzen Auftreten dieses Mannes haftete etwas seltsam Unzeitgemäßes an – und das im Triest, das selbst davon lebte, ein liebevoll bewahrter Anachronismus zu sein!
    »Eine Oase des Friedens!«, sagte der Neuankömmling, bevor Kornel ihm seine Dienste hätte anbieten können. »Mein Ratgeber hat nicht zu viel versprochen. Hier bin ich richtig!«
    Er sprach Interkosmo mit einem rauen Akzent, den Kornel nicht einzuordnen vermochte. Anzunehmen, dass er auf einem recht entlegenen Kolonialplaneten aufgewachsen war. Deren gab es viele, und Kornel kannte die meisten davon nicht einmal vom Hörensagen.
    »Willkommen im Café Triest«, kam er nun endlich dazu, den merkwürdigen Gast zu begrüßen. »Mein Name ist Kornel, ich bin hier der Oberkellner. Darf ich fragen ...«
    »Ich heiße Toufec. Das schreibt man so.« Er klopfte an ein Schild, das er an einem Bändchen um den Hals trug, wie die Besucher mancher Kongresse.
    »Sehr angenehm. Was kann ich für dich tun, Toufec?«
    Die dunklen Augen musterten ihn von oben bis unten. »Jaaa ... Was will ich von dir?«
    Irritiert wandte Kornel den Blick zu Boden auf die Spitzen seiner blank
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