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PR 2635 – Jagd auf Gadomenäa

PR 2635 – Jagd auf Gadomenäa

Titel: PR 2635 – Jagd auf Gadomenäa
Autoren: Hans Kneifel
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zwischen Vater und Tochter – jahrelang auch zwischen Shamsur und Henrike – besser, inniger und unbelasteter gewesen als in den folgenden Jahren, in denen sich Anicee zu einer hübschen, schlaksigen Heranwachsenden herausgemacht hatte. Sie wuchs bei Shamsur auf, ihre Schwester bei deren Vater Susanto, ebenfalls einem Journalisten. Beiden Männern hatte sich die Kommunikationsspezialistin in schleichenden Prozessen entfremdet.
    Anicee hörte sogar aufmerksam zu, wenn Routh ihr manchmal seine eigenen Texte vorgelesen hatte, auch wenn sie nicht jedes Wort verstand. Im Chaos seiner fiebrigen Erinnerungen bildeten sich, wie kleine Inseln, feste, wenn auch flüchtige Augenblicke.
    Wieder versuchte Routh seinen peinigenden Durst mit dem Wasser zu stillen, das unaufhörlich an der Wand herunterrann. Er war nackt, zitterte vor Kälte und schwitzte im nächsten Augenblick; er hatte das dünne Thermotuch aus der Herstellung des geisterhaft produzierenden Tabletts um die Hüften gewickelt.
    Weitere Bilder und Eindrücke familiärer Harmonie folgten. Anicees Verhalten, abermals einige Jahre später, wechselte zwischen einschmeichelndem Vertrauen zu ihren Eltern und beginnender Selbstständigkeit, die sich in plötzlichem Starrsinn und Abwehr äußerte, deren Gründe sie selbst nicht zu verstehen schien. Aber sie wuchs zu einer schönen jungen Frau heran – das stellten »Henri« und »Sham«, ihre Mutter und ihr Vater, deren gutes Aussehen sie zu erben schien, zu ihrer Freude fest.
    Die Neunzehnjährige mit der langgliedrigen Figur ihrer Mutter, mit ovalem Gesicht und hohen Jochbeinen trug ihr rückenlanges Haar meist offen oder im Nacken durch eine billige Plastamspange zusammengerafft; ein Zeichen ihres Protests gegen ... ja, wogegen eigentlich? Seidiges, kastanienbraunes Haar mit schwarzen Glanzlichtern, das mit der Farbe ihrer strahlend blauen Augen kontrastierte. Später dann dunkelrot, sorgfältig aus der Stirn und hinter die Ohren gekämmt. Mit stiller Freude hatte Routh zugesehen, miterlebt, sich gewundert, wie aus der heftig pubertierenden Heranwachsenden eine schöne junge Frau geworden war.
    Wieder überschwemmten ihn Wellen von Erinnerungen, die jedoch mit Anicee und seiner Besorgtheit um sie nichts zu tun hatten. Routh hörte sich murmeln, dachte an Puc, griff nach den erkalteten, seifig schmeckenden Essensresten, die er undeutlich neben seiner Liege erkannte, und verlor sich in einer völlig anderen Empfindung.
    In einem Winkel seines strapazierten, fieberhaft zuckenden und taumelnden Verstandes ahnte er, dass ihn die Verarbeitung der Ereignisse seit dem Überfall auf Terrania und den Planeten überforderten. Oder halluzinierte er wirklich? Es war zu viel geschehen. Zu viele monströse Eindrücke hatten ihn getroffen; die Zerstörungen in Terrania City, Hamburg und auf ganz Terra, das mehr als eigenartige Verhalten Anicees, die vorwurfsvollen Kommentare Phaemonoe Eghoos, der berühmten Redakteurin des SIN-TC, sozusagen seiner Arbeitgeberin. Sie wartete bisher vergeblich auf seine Beiträge, aber statt zu arbeiten und sich der redaktionellen Pflicht zu widmen, verbrachte er seine gesamte Zeit damit, seine Tochter auf ihren eigensüchtigen Wegen zu verfolgen. Auf einem Weg, der auf noch undurchsichtige Weise in ihr Verderben führen würde. Davon war er überzeugt, seit Puc ihm den kaltblütigen Mord an Benat Achiary durch die Zofe Liuve gezeigt hatte.
    Shamsur Routh taumelte zurück auf sein Lager, spürte stechende Schwäche in den Knien und ließ sich fallen. Die dunkle Umgebung drehte sich um ihn. Auch als er die Augen schloss, tobte der lautlose Hurrikan aus Tausenden Einzelbildern um die wenigen scheinbar festen gedanklichen Fixpunkte.
    Die Schwäche nahm zu, wurde übermächtig. Er stemmte sich gegen den bevorstehenden Zusammenbruch, aber es war zu viel. Schlagartig verlor er das Bewusstsein und versackte in tiefer Schwärze.

2.
    Neue Ziele:
    die schwierige Unterhaltung mit dem Ziehvater
     
    Als Shamsur Routh mit trockenen Lippen, schmerzendem Rachen und verklebtem, strähnigem Haar aufwachte, versuchte er zunächst, mit vorsichtigen Blicken aus verquollenen Augen seine Umgebung zu erkennen. Zuerst trank er viel Wasser und fühlte sich daraufhin erfrischt und belebt. Mit beiden Händen schob er die Haarsträhnen aus den Augen und von der Stirn nach hinten. Er holte mehrere Male tief Luft und stellte fest, dass sein Körper nicht mehr schmerzte; auch der Kopf war klar und schmerzfrei. Das unbestimmte
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