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PR 2635 – Jagd auf Gadomenäa

PR 2635 – Jagd auf Gadomenäa

Titel: PR 2635 – Jagd auf Gadomenäa
Autoren: Hans Kneifel
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Gefühl einer Angst, die er bisher nicht gespürt hatte, ergriff ihn. Er unterdrückte die fahle Stimmung; lautlos formulierte er:
    Puc. Aktiv.
    Du hast offensichtlich deinen mentalen Zusammenbruch überstanden und durchgestanden. Wenn es dir hilft – ich habe als heutiges Datum den siebenten Oktober vierzehnneunundsechzig ermittelt. Es ist früher Morgen. Du wirst es sehen, wenn du endlich dein Schlaf-Ei verlässt. Die Flut aus Erinnerungen und der neuen Eindrücke, der Sprung vom Transitparkett ins System der Sayporaner und zu deinem Status als gefangener Gast – all das zusammen! – waren zu viel für dich.
    »Kann es sein, dass die Sayporaner meinen Verstand manipuliert haben? Gestern, oder wann es war?«
    Es gibt keinen Hinweis darauf. Dass du dich nicht aus dem Wohnturm entfernt hast, könnte ich dir beweisen. Das Implantmemo hob das Cocktailglas, lächelte maliziös und lehnte sich auf dem Barhocker entspannt zurück. Aber du verfolgst ja vordringlich nur ein Ziel. Was Henrike Ybarri und du eineinhalb Jahrzehnte lang versäumt haben, willst du jetzt mit aller Gewalt erzwingen. Auch du kannst die Zeit nicht zurückdrehen, großer Bruder.
    »Trotz aller Zwischenfälle und unerwarteter Entwicklungen in diesen ... wie viel? ... einunddreißig Tagen ist die Lage nicht mehr so hoffnungslos«, sagte Routh. Er registrierte, dass er anscheinend klar denken und wie gewohnt deutlich formulieren konnte, trotz der Angst, die in ihm hockte und sich ausbreitete. »Anicee ist in Cherayba und somit in relativer Sicherheit. Deine Analyse meines Zustandes trifft wahrscheinlich zu. Aber das ist kein Grund, mein Vorhaben abzubrechen. Ich habe meine Wahl getroffen und trage die Konsequenzen.«
    Wer sonst? Puc nippte an seinem Drink und strich über das Revers seines Smokings. Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Die Vorgänge, die mit der Zunahme deiner erinnerungstechnischen Degradierung zusammenhängen, sind deutlich zu bemerken. Ebenso das Löschen deiner Engramme und das Laden deines Gedächtnisses. Du hast selbst gemutmaßt, dass deine Zeit als klar handlungsfähiges Individuum begrenzt ist.
    »Und die musikalischen Zumutungen der Phenuben-Orchester in der Ikonischen Symphonie, die Oxytocin-Duschen der Auguren oder Sayporaner haben dich und mich, nachweislich, etwa nicht beeinträchtigt?«, sagte Routh, noch immer voller Misstrauen. Er dachte an die Zofen und die Junker, an den Mord an Benat Achiary, an seine eigentümlichen Erlebnisse in der Stadt Whya und an Anicees scheinbar gefühllose Reaktion auf den Tod ihres Freundes oder Geliebten. Er biss von einem der kalt gewordenen Esspilze ab und fuhr damit fort, sich zu reinigen.
    Wir sind, im Gegensatz zu deiner Tochter und den vielen anderen jungen Leuten aus Terrania und von Terra nicht formatiert, großer Bruder, bestätigte Puc und hob die winzigen Schultern. Die Ellbogen im makellosen Smoking ruhten fest auf der Platte des Bartresens.
    Puc lächelte unbestimmt und sprach nach einer kurzen Pause weiter. Trotzdem werden die Bewusstseinsfälschung, mit deren Hilfe ich dich über das Transitparkett geschleust habe, und die Aufhebung der Fälschung irgendwann problematisch werden. Du solltest daran denken, großer Bruder.
    Routh nickte nachdenklich, hörte ein Geräusch und drehte sich halb herum. Die Tür des Schlafbehälters wurde von außen geöffnet.
    Zofe Dindirri stand auf der obersten Stufe und sagte: »Dein Ziehvater Chourtaird will mit dir reden, Shamsur Routh.« Der rund 1,40 Meter kleine Roboter trat in das Schlaf-Ei. Der Ausdruck des weißen Puppengesichts war unverändert gleichgültig. Dindirri sprach Interkosmo.
    »Ich treffe ihn an seinem gewohnten Platz?«, erkundigte sich Routh und benutzte Saypadhi, die Sprache der Stadt und des Planeten. »Ich komme gleich. Muss mich noch anziehen. Sag's dem Alten.«
    »Bei den Becken, hier im Daakmoy Nhymoth, wo sonst? Du solltest dich beeilen«, mahnte ausdruckslosen Gesichts die Zofe, wandte sich um und verließ das Schlaf-Ei. Einige Minuten später folgte ihr Shamsur Routh mit hängenden Schultern, ging durch den leeren Raum der Etage und benutzte den Lift in der Mitte, der ihn um gefühlte einige Kilometer weiter nach oben brachte.
    So endlos viel leerer Raum, sagte er sich. Dutzende, Hunderte unbewohnter Etagen, die auf Bewohner warteten. Eine unbekannt große Anzahl leerer Hochbauten, überall in der Stadt. Die kahlen Etagen warteten ... etwa auf junge Terraner? Die Stadt Whya, ebenso aseptisch und
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