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PR 2635 – Jagd auf Gadomenäa

PR 2635 – Jagd auf Gadomenäa

Titel: PR 2635 – Jagd auf Gadomenäa
Autoren: Hans Kneifel
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geisterhaft leer, bot Platz für Hunderttausende, wenn nicht Millionen, und Whya war nur ein Ort von vielen. Er kannte keinen davon, und jetzt gelang es ihm auch ohne Pucs Erklärungen, sich dem Grund seiner Furcht zu nähern. Er, dessen Heimat Terra war, befand sich unermesslich fern von seinen Wurzeln, von der gewohnten Umgebung, in einer völlig anderen, exotischen, unbekannten Welt, irgendwo im Universum, ganz auf sich allein gestellt und umgeben von teils unerklärlichen, teils feindlichen Wesen, Einrichtungen und Gegebenheiten. All das Fremde hatte nichts mit seinem Beruf zu tun; ihn bewegte jede andere Regung – alles andere als professionelle Neugierde. Der Zustand versetzte ihn in Furcht. Er war zurückgeworfen auf die Position eines wagemutigen Einzelgängers, der er nicht war und niemals gewesen war. Er schüttelte sich und ging langsam weiter. Niemand konnte ihm helfen.
    Er betrat auf der ersten Brücke das Labyrinth und suchte mit Blicken auf dem verwirrenden System der Stege und Übergänge seinen greisenhaften, verkrümmten Ziehvater.
    Das Wasser dieser ausgedehnten Anlage war an den meisten Stellen ruhig und oft von unbestimmter Farbe. Aus großer Tiefe drang ein verstreutes Leuchten herauf, in dem das Wasser, die Wasserpflanzen und die fischartigen Lebewesen eine goldfarbene Tönung annahmen.
    Einige Atemzüge später entdeckte Routh den altersandrogynen Greis im Hintergrund des Brückenlabyrinths, zwischen den eisernen Gittern der Brüstung und den vielen seltsamen Figuren, die aus Stein zu sein schienen und aussahen, als wären sie aus Metall.
    Der Sayporaner fütterte seine Haustiere, jene Kopffüßler mit Tentakelarmen, die er als Enccue bezeichnete.
    Im Zickzack, den Übergängen und Kreuzungen folgend, suchte Shamsur Routh seinen Weg oberhalb dieses bizarren Aquariums. Chourtaird schien ihn weder zu hören noch zu sehen; jedenfalls beachtete er ihn nicht. Auftauchende und absinkende Wasserwesen und diejenigen, die sich um die Pilzstücke des Fütternden balgten, verursachten heftiges Plätschern, dessen Geräusche sich auf dem Weg zur dunklen Decke dieses Stockwerks verloren. Jeder neue Eindruck, der Routh traf, verstärkte das Gefühl der Verlorenheit, aber reizte zugleich auch seinen Trotz und löste Widerspruchsimpulse aus.
    Routh erreichte die Brücke, an deren Brüstung die unverkennbare, grotesk verkrümmte Gestalt seines Ziehvaters lehnte. Neben ihm stand die etwa kniehohe Urne, in die er von Zeit zu Zeit mit einem mumienhaft dürren Arm und noch knochigeren Fingern griff und jene Brocken hervorholte, mit denen er die Enccue fütterte. Chourtaird beachtete ihn nicht, als sich Routh schweigend neben ihn stellte und zum ersten Mal die Enccue gründlich betrachtete.
    An den Hörnern der Tintenschnecken-Köpfe saßen zwei Augen, die den Fressgegner ebenso neugierig und aggressiv anstarrten wie den fütternden Greis und den neuen Besucher. Ein gelbroter Ball, etwa faustgroß, und ein Kranz aus kleinen Leuchtorganen, in deren Mitte ein deutlich kleineres Sehorgan mit herzförmiger Pupille saß, beobachteten jede Bewegung der Gestalten dicht über dem Wasserspiegel.
    Jeder Krümel, den Chourtaird ins schäumende Wasser fallen ließ, wurde von den zahlreichen schimmernden Zähnchen auf den langen Raspelzungen gepackt, blitzschnell eingewickelt und in den Schlund gezerrt. Die starken Muskeln arbeiteten in den weichen Körpern, die auftauchten und zurücksanken, einzeln oder in kleinen Gruppen, deren einzelne Exemplare aneinander zu kleben schienen.
    Seltsame, nutzlose Rätselwesen, dachte Routh. Er sah dem Sayporaner und seinen hungrigen Schützlingen einige Minuten lang zu, dann, völlig unvermittelt, drehte sich Chourtaird zu ihm um. Aus dem grotesk gekrümmten Körper des Greises, der mitunter wie eine Greisin wirkte, am Ende des dürren, ebenso unnatürlich gebogenen Halses, pendelte sein Schädel. Als er Routh anredete, verwendete er die erste Hälfte des Satzes Interkosmo, wechselte aber dann in Saypadhi.
    »Ist dir das ereignislose Warten auf irgendetwas noch nicht langweilig geworden, Ziehsohn?«, erkundigte sich der Alte, der den Kopf schief hielt, um zu Routh aufsehen zu können. Das rechte Auge musterte ihn, als wolle ihn der Blick durchbohren.
    »Als Fremder in deiner Welt, Ziehvater«, antwortete Routh und bemühte sich, den Sayporaner und das Bild der bizarren Umgebung als ungefährlich zu definieren, »ist jeder neue Eindruck ein Mittel gegen Langeweile. An Überraschungen
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