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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold
Autoren: Lindsey Davis
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rechter Schläfe. So gelöst, wie sie jetzt an mir lehnte, sah sie aus wie die Lieblichkeit und Sanftheit in Person. Ich war zwar nicht so töricht, das für ihre wahre Natur zu halten, aber es war doch ein Teil von ihr – auch wenn dieser Teil nur dann sichtbar wurde, wenn sie in meinen Armen schlief.
    »Ich hab so was läuten hören, daß sie weggelaufen wär.«
    »Sie ist da. Also hast du offenbar was Falsches läuten hören.«
    Aber Mama war entschlossen, die ganze Geschichte zu erfahren. »Hat sie versucht, dir auszubüxen, oder hast du sie sitzenlassen, und sie mußte dir hinterherrennen?« Sie hatte einen guten Riecher dafür, wie unser Zusammenleben sich abspielte. Ich überhörte die Frage, deshalb schoß sie gleich die nächste ab: »Und? Wißt ihr inzwischen, wie’s weitergehen soll?«
    Darauf wußten wir wohl beide keine Antwort. Unsere Liebe hatte ihre Höhen und Tiefen, und die Tatsache, daß Helena Justina die Tochter eines millionenschweren Senators war, ich dagegen nur ein armer Privatermittler, verbesserte unsere Chancen nicht gerade. Ich war mir nie sicher, ob wir mit jedem Tag, den ich sie halten konnte, der unausweichlichen Trennung einen Schritt näher kamen – oder ob die Zeit, die ich uns zusammenhalten konnte, irgendwann eine Trennung unmöglich machen würde.
    »Ich hab gehört, Titus Caesar hätte ein Auge auf sie geworfen«, fuhr Mama erbarmungslos fort. Auch darauf antwortete ich lieber nicht. Titus könnte schon eine echte Herausforderung werden. Helena behauptete, sie hätte ihm einen Korb gegeben. Aber wie konnte ich dessen sicher sein? Womöglich freute sie sich insgeheim, daß wir wieder in Rom waren und sie den Sohn des Kaisers aufs neue becircen konnte. Sie wäre ja auch dumm, wenn sie’s nicht täte. Ich hätte mit ihr in der Provinz bleiben sollen, aber um mein Honorar für den Auftrag in Germanien zu bekommen, mußte ich nach Rom zurück und dem Kaiser Bericht erstatten. Helena war mitgekommen. Das Leben muß weitergehen, und Titus war ein Risiko, dem ich mich stellen mußte. Sollte er zum Problem werden, würde ich kämpfen. »Alle sagen, daß du sie irgendwann enttäuschen wirst«, versicherte meine Mutter vergnügt.
    »Bislang hab ich’s verhindern können!«
    »Deswegen brauchst du nicht gleich bissig zu werden«, kommentierte Mama.
     
    Es war spät geworden. Mamas Wohnblock erlebte einen der seltenen Momente, in dem alle Bewohner plötzlich verstummen. In der Stille spielte sie am Docht der tönernen Öllampe herum und warf tadelnde Blicke auf die plumpe Bettszene, die auf der Keramik dargestellt war – die Lampe war einer der Scherzartikel, die mein Bruder zum Haushalt beigesteuert hatte. Als Geschenk von Festus konnte man sie natürlich jetzt nicht mehr wegwerfen. Außerdem spendete sie, trotz des Pornobildes, ein klares, helles Licht.
    Der Tod einer meiner Schwestern, selbst derjenigen, die mir am wenigsten am Herzen lag, brachte die Erinnerung an meinen gefallenen Bruder zurück.
    »Was wollte eigentlich dieser Legionär, Mama? Festus hatte ja einen Haufen Bekannte, aber kaum noch einer steht heutzutage plötzlich vor der Tür.«
    »Ich kann den Freunden deines Bruders gegenüber nicht grob werden.« Brauchte sie ja auch nicht, solange ich das für sie erledigte. »Vielleicht hättest du ihn nicht so einfach rausschmeißen sollen, Marcus.«
    Sie hatte ganz eindeutig von Anfang an gewollt, daß ich Censorinus vor die Tür setze; trotzdem wurde es mir im nachhinein angekreidet. Wenn man meine Mutter dreißig Jahre lang kannte, dann war ein solcher Widerspruch zu erwarten.
    »Warum hast du ihm nicht selbst den Stuhl vor die Tür gesetzt?«
    »Ich hab ja nur Angst, daß er böse auf dich ist«, murmelte Mama.
    »Damit komme ich schon zurecht.« Ihr Schweigen schien mir unheilschwanger. »Könnte er vielleicht einen besonderen Grund haben?« Meine Mutter blieb stumm. »Also ja!«
    »Ach, es ist eigentlich nichts.« Mithin war es ernst.
    »Du solltest mir lieber reinen Wein einschenken.«
    »Ach … anscheinend gibt’s Ärger wegen irgendwas, was Festus getan haben soll.«
    Mein Leben lang hatte ich ähnlich kryptische Worte gehört. »Jetzt geht das wieder los! Raus mit der Sprache, Mama. Ich kenne doch Festus! Und seine Katastrophen, die rieche ich quer übers Hippodrom weg.«
    »Du bist müde, mein Sohn. Wir reden morgen darüber.«
    Ich war so schachmatt, daß in meinem Kopf noch immer das Pferdegetrappel der Reise dröhnte, aber solange ein
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