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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold
Autoren: Lindsey Davis
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klar, was für eine blitzblanke, von Skandalen unberührte Küche – und Familie – meine Mutter vorführen wollte.
    Heute abend verdarb der unhöfliche Flegel, der mich angerülpst hatte, Mamas Szenarium. Ich starrte den Kerl an. Borstige graue Haarbüschel standen rechts und links von seinem Kopf ab. Der kahle Schädel und das unfreundliche Gesicht waren tief gebräunt und glänzten wie Mahagoni. Er sah aus wie jemand, der lange in den Wüsten des Ostens gelebt hat, und ich hatte ein ungutes Gefühl: als wüßte ich, welche glühendheiße Gegend es gewesen sein mochte. Seine nackten Arme und Beine hatten die sehnige Muskulatur, die in langen Jahren harter körperlicher Arbeit entsteht und die man selbst mit dem besten Trainingsprogramm im Gymnasium nicht so hinkriegt.
    »Wer zum Hades seid ihr denn?« hatte er den Nerv, mich zu fragen.
    Abenteuerliche Gedanken fuhren mir durch den Kopf: Wie, wenn meine Mutter sich zur Freude ihrer alten Tage einen Liebhaber zugelegt hatte? Aber diese wilden Spekulationen verflüchtigten sich gleich wieder. »Warum stellen Sie sich nicht erst mal vor?« erwiderte ich und funkelte ihn drohend an.
    »Verzieh dich!«
    »Nicht so schnell, Soldat!« Ich hatte seinen Beruf erraten. Obwohl seine Tunika ausgebleicht war zu einem faden Rosa, halfen mir die gut zwei Finger dicken Stollensohlen seiner Militärstiefel weiter. Ich kannte den Typ, kannte den Knoblauchatem, die Narben von Kasernenraufereien, die großspurige Haltung.
    Seine gehässigen Augen verengten sich wachsam, aber er machte keine Anstalten, die Stiefel von der geheiligten Arbeitsplatte meiner Mutter zu nehmen. Ich ließ das Bündel fallen, das ich unter dem Arm hatte, und schlug die Kapuze zurück. Offenbar erkannte er die nassen wirren Locken der Familie Didius.
    »Du bist der Bruder!« rief er anklagend. Also hatte er Festus gekannt. Das waren schlechte Nachrichten. Von mir hatte er offenbar auch schon gehört.
    Ich gab mich wie ein Mann, von dem jeder Besucher selbstverständlich schon gehört hat, und versuchte so, Oberwasser zu bekommen. »Hier scheint’s ja neuerdings schlampig zuzugehen, Soldat! Mach den Tisch frei und setz dich anständig hin, sonst trete ich dir die Bank unterm Hintern weg!« Diese subtile Psychologie funktionierte. Er stellte die Stiefel auf den Boden. »Langsam«, setzte ich hinzu, für den Fall, daß er mich anspringen wollte. Er setzte sich aufrecht. Ein Vorteil meines Bruders war, daß die Leute ihn respektierten. Für mindestens fünf Minuten (das wußte ich aus Erfahrung) würde sich dieser Respekt auch auf mich übertragen.
    »Du bist also der Bruder!« wiederholte er langsam, als ob er damit was Bestimmtes sagen wollte.
    »Ganz recht. Ich bin Falco. Und du?«
    »Censorinus.«
    »Von welcher Legion?«
    »Fünfzehnte Apollinaris.« Auch das noch. Meine Laune verschlechterte sich zusehends. Die Fünfzehnte war jene unglückselige Einheit, in der mein Bruder etliche Jahre geglänzt hatte – bevor er seinen schmucken Kadaver in Judäa über eine heißumkämpfte Festungsmauer in ein Dickicht von Rebellenspeeren stürzte und so berühmt wurde.
    »Also daher kennst du Festus?«
    »Stimmt«, feixte er herablassend.
    Während wir miteinander redeten, merkte ich, wie Helena und die anderen hinter mir unruhig wurden. Sie wollten endlich ein Bett – und ich auch. »Hier wirst du Festus nicht finden, und du weißt auch, warum.«
    »Wir waren gute Kumpel, Festus und ich«, erklärte er.
    »Festus hatte immer ’ne Menge Freunde.« Das klang gelassener, als mir zumute war. Festus – seine Augen mögen sonstwo verfaulen – war einer, der mit jedem Stinktier Brüderschaft trank, das die Krätze und nur noch einen halben Schwanz hatte. Hinterher brachte mein Bruder, großzügig bis zum bitteren Ende, seinen neuen Freund dann mit nach Hause.
    »Gibt’s Probleme?« erkundigte sich der Legionär. Seine Unschuldsmiene war per se verdächtig. »Festus hat gesagt, wenn ich mal nach Rom komme, dann kann ich jederzeit …«
    »Bei seiner Mutter wohnen?«
    »Das hat der Junge mir versprochen.«
    Deprimierend, wie bekannt mir das vorkam. Und ich wußte, daß die Fünfzehnte Legion vor kurzem aus dem Kriegsgebiet Judäas in die Provinz Pannonia verlegt worden war – vermutlich würden Soldaten nun in hellen Scharen Gesuche für einen Kurzurlaub in Rom einreichen.
    »Das glaub ich dir gern. Wie lange bist du denn schon hier?«
    »Seit ein paar Wochen …« Im Klartext hieß das: seit Monaten.
    »Freut mich, daß
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