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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold
Autoren: Lindsey Davis
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und bimmelnden Halfterglöckchen. Exotische Zymbeln und Gesang kündigten die Bettelpriester und Ministranten irgendeiner Religion an.
    »Wohin gehen wir?« wollte Helena wissen, während wir umherwanderten. Anständige Mädchen sind so abenteuerlustig. Dazu erzogen, keusch, gesetzt und vernünftig zu sein, stürzte sich Helena Justina jetzt natürlich mit Wonne auf die erstbeste Gelegenheit, über die Stränge zu schlagen. Die Freundschaft mit mir machte den Traum ihrer Eltern zunichte, sie eines Tages doch noch zu bändigen, genau wie der Kontakt mit ihr meinen gelegentlichen Plänen, mich zum soliden Bürger zu wandeln, in die Quere kam.
    »Sachte, sachte! Ich hab in einem Augenblick der Verzweiflung einen verrückten Entschluß gefaßt; so was darfst du nicht gleich wörtlich nehmen.«
    »Wir haben das ganze Imperium zur Auswahl …«
    »Aber wir können auch daheim bleiben!«
    Lachend blieb sie stehen. »Was immer du willst, Marcus. Mir soll’s recht sein.«
    Ich warf den Kopf zurück und atmete tief ein. Bald würden die feucht-harschen Wintergerüche nach dem Ruß von einer Million Öllampen den Sommerdüften der Blumenkorsos und würziger, im Freien verspeister Gerichte weichen. Bald würde es wieder warm sein in Rom, das Leben würde leicht, und das Beharren auf Prinzipien einfach zu anstrengend sein.
    »Ich will dich«, sagte ich. »Und das Leben, das wir miteinander führen.«
    Helena schmiegte sich an mich, und ihr schwerer Mantel wickelte sich um meine Beine. »Aber kannst du so, wie es jetzt ist, auch glücklich sein?«
    »Ich glaube schon.« Wir waren stehengeblieben, irgendwo über dem Goldenen Haus und unweit der Porta Caelimontana. »Und du, mein Herz?«
    »Du weißt doch, wie ich darüber denke«, sagte Helena ruhig. »Wir haben uns entschieden, als ich zu dir gezogen bin. Was ist die Ehe anderes als die freiwillige Vereinigung zweier Seelen? Auf das Drumherum kommt es nicht an. Als ich Pertinax heiratete …« Davon sprach sie nur sehr selten. »… da hatten wir alles, die Schleier, die Nüsse, das geschlachtete Schwein. Aber nach der Zeremonie«, sagte Helena unverblümt, »hatten wir nichts mehr.«
    »Also möchtest du«, erwiderte ich leise, »falls du noch einmal heiratest, daß es so ist wie bei Cato Uticensis und Marcia?«
    »Wie war’s denn bei denen?«
    »Eine Hochzeit ohne Trauzeugen oder Gäste. Ohne Verträge und Festreden. Brutus war dabei, um die Weissagungen festzuhalten – aber vielleicht sollten wir beide sogar darauf verzichten. Wer will einen Reinfall schon im vorhinein prophezeit kriegen?« Mit mir konnte sie der Reinfälle sicher sein. »Beide legten einfach die Hände ineinander, hielten stumme Zwiesprache und gelobten sich Treue …«
    Romantische Stimmungen mit einem belesenen Mädchen sind mitunter schwer.
    »Cato und Marcia? Wirklich eine ergreifende Geschichte! Er hat sich von ihr scheiden lassen!« erinnerte Helena sich erbost. »Er hat sie an einen schwerreichen Freund weitergereicht – obwohl sie schwanger war. Und als der lukrative zweite Gatte eines Tages plötzlich tot umfiel, hat Cato sie zurückgenommen und das Vermögen gleich mit eingesackt. Sehr praktisch! Jetzt weiß ich, warum du Cato bewunderst.«
    Ich versuchte, die Sache mit einem Lachen abzutun. »Ach, vergiß es«, sagte ich lahm. »Cato hatte lauter verrückte Ideen. So verbot er es den Männern, die eigene Ehefrau in der Öffentlichkeit zu küssen …«
    »Nein, das war sein Großvater. Im übrigen glaube ich nicht, daß es jemandem aufgefallen ist«, versetzte Helena schnippisch. »Ehemänner ignorieren ihre Frauen in der Öffentlichkeit sowieso, das weiß doch jeder.«
    Ich lebte immer noch mit einer Menge Vorurteile, die Helena Justinas Exmann zu verantworten hatte. Vielleicht würde es mir eines Tages gelingen, ihre bösen Erinnerungen zu zerstreuen. Jedenfalls war ich bereit, es zu versuchen. »Ich werde dich nicht ignorieren, Liebste.«
    »Ist das ein Versprechen?«
    »Dafür, daß ich’s halte, wirst du schon sorgen!« sagte ich, momentanes Fracksausen abwehrend.
    Helena kicherte. »Also, ich bin nicht die unvergleichliche Marcia – und du bist bestimmt kein Cato!« Dann wurde ihre Stimme ganz leise und zärtlich. »Aber mein Herz habe ich dir schon vor langer Zeit geschenkt, da kann ich ruhig noch einen Schwur dazutun …«
    Sie wandte sich mir zu und nahm meine rechte Hand. Ihre Linke lag auf meiner Schulter, wie immer mit dem schlichten britischen Silberreif am Mittelfinger, der ihre
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