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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold
Autoren: Lindsey Davis
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Domitian Caesar nannte sie mir: »Bei der Reform des Senats- und Bürgerstandes geht es meinem Vater darum, eine seriöse, förderungswürdige Elite heranzuziehen, aus deren Reihen wir in Zukunft die öffentlichen Ämter besetzen können. Wollen Sie«, fragte er in jenem bedächtigen Ton, an dem auch der schärfste Kritiker nichts aussetzen kann, »wollen Sie sagen, daß ein Schnüffler als seriöser und förderungswürdiger Bürger gelten kann?«
    Ich entschied mich für die denkbar schlechteste Ausflucht: die Wahrheit. »Nein, Caesar. Die Geheimnisse in den Niederungen der Gesellschaft auszuspionieren ist eine schäbige, widerliche Beschäftigung. Schnüffler handeln mit Verrat und Elend; sie leben vom Tod anderer Menschen und von deren schmerzlichen Verlusten.«
    Domitian glotzte nur. Er hatte einen Hang zur Verdrießlichkeit. »Dennoch haben Sie dem Staat den einen oder anderen Dienst erwiesen?«
    »Das hoffe ich doch, Caesar.«
    Trotzdem war klar, worauf das Ganze hinauslief. Er sagte: »Das mag wohl sein. Aber ich sehe mich nicht in der Lage, diesem Gesuch stattzugeben.«
    Darauf sagte ich: »Sie waren zu gütig, Caesar. Danke, daß Sie Zeit für mich hatten.«
    Mit der den Flaviern eigenen Scheu setzte er hinzu: »Wenn Sie sich ungerecht behandelt fühlen, steht es Ihnen frei, meinen Bruder oder den Kaiser um Überprüfung Ihres Falls zu bitten.«
    Ich lächelte bitter. »Caesar, Sie haben ein wohlbegründetes Urteil gefällt, das mit den höchsten Prinzipien der Gesellschaft übereinstimmt.« Jetzt, wo Domitian mir die Chance genommen hatte, war es sinnlos, zu lamentieren. Titus würde sich vermutlich gar nicht erst für den Fall interessieren. Und ich wußte, auch ohne daß ich mich noch tiefer ins Elend reinritt, daß Vespasian zu seinem Goldjungen stehen würde. Wie der meine zu sagen pflegte: Wozu hat man einen Vater?
    »Ungerechtigkeit kann ich Ihnen nicht vorwerfen, Caesar – nur Undankbarkeit. Ich darf doch annehmen, daß Sie Ihren Vater über meine Einstellung unterrichten werden, wenn er mich das nächste Mal für eine beschissene Mission engagieren möchte, die die Fähigkeiten Ihrer Feld-, Wald-und-Wiesen-Diplomaten übersteigt?«
    Wir verneigten uns höflich, und ich verließ den Audienzsaal.
     
    Anacrites folgte mir nach draußen. Er wirkte schockiert, ja, schien sich sogar auf eine Art Kollegialität berufen zu wollen. Schließlich war er Spion und verstand sich aufs Lügen. »Falco, ich hab nichts damit zu tun!«
    »Dann ist’s ja gut.«
    »Domitian Caesar ließ mich rufen, weil er glaubte, daß Sie mit ihm über Germanien reden wollten …«
    »Na, das macht mir Spaß!« fauchte ich. »Wo Sie doch mit meinen Erfolgen in Germanien nicht das geringste zu tun hatten!«
    Der Spion ließ nicht locker. »Sogar Freigelassene können sich in den Mittelstand einkaufen! Lassen Sie sich das gefallen?« Spione sind einfache Gemüter.
    »Was kann ich dagegen tun? Er hat sich an die Spielregeln gehalten. An seiner Stelle, Anacrites, hätte ich genauso entschieden.« Und weil Anacrites wahrscheinlich selbst ein Freigelassener war, setzte ich hinzu: »Und außerdem, wer will schon mit Sklaven auf einer Stufe stehen?«
    Ich verließ den Palast wie ein Lebenslänglicher, der gerade erfahren hat, daß er in den Genuß einer landesweiten Amnestie kommt. Und ich redete mir ein, daß ich über die Entscheidung erleichtert sei.
    Erst als ich zu Mutter zockelte, um Helena abzuholen, sank mir allmählich der Mut vor der Erkenntnis, daß zu meinen heutigen Verlusten nicht nur Stolz und Würde gehörten, sondern noch Ehrgeiz, Vertrauen und Hoffnung.
LXXIII
    Da ich nicht wußte, wie ich Helena Justina unter die Augen treten sollte, ging ich mich erst mal betrinken. In der Caupona Flora hingen Lampen über beiden Tresen. Der neue Kellner bediente so aufmerksam und umsichtig, daß die Kneipe bestimmt schon etliche ihrer alten, schlampigen Gäste verloren hatte. Kein Krümel verunzierte die falschen Marmortheken, über die er alle paar Sekunden mit einem Tuch wedelte, während er beflissen auf die nächste Bestellung der wenigen nervösen Trinkbrüder wartete. Was die Caupona an Sauberkeit gewonnen hatte, fehlte ihr nun an Gemütlichkeit.
    Doch das würde sich schon geben. Die trostlosen Zustände von ehedem waren zu eingefahren, als daß sie sich lange würden bannen lassen. In zehn Jahren würde sich die Mittelmäßigkeit wiederherstellen.
    Ich freute mich, in dem neuen Kellner einen alten Bekannten zu
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