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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold
Autoren: Lindsey Davis
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Ladenfassaden, während ich versuchte, es am kurzen Zügel auf dem Pflaster zu halten.
    Wir bahnten uns einen Weg hinunter zum Armilustrium. Hier unten stand in manchen der nicht kanalisierten Seitenstraßen das Wasser so hoch, daß sie unpassierbar waren, aber als wir von der Landstraße abbogen, ging es steil bergauf; nun war der Boden nicht mehr überflutet, doch dafür gefährlich rutschig. Der Regen hatte die Wege auf dem Aventin so reingewaschen, daß mir nicht einmal der übliche Gestank in die Nase stieg; ohne Zweifel würde der gewohnte Mief, ein Gemisch aus menschlichen Exkrementen und dem Abfall nachbarschaftsfeindlicher Gewerbe, morgen wieder da sein, und zwar intensiver denn je, nachdem soviel Wasser die halb kompostierten Abfallhaufen und Müllkippen umspült hatte.
    Düstere Vertrautheit sagte mir, daß ich die Brunnenpromenade gefunden hatte.
    Meine Straße. Auf einen Heimkehrer aus der Fremde wirkte diese öde Sackgasse trostloser denn je. Unbeleuchtet, mit geschlossenen Fensterläden und eingerollten Markisen, bot die Gasse nichts, was mit ihrer Häßlichkeit versöhnt hätte. Menschenleer – sogar die üblichen Gruppen heruntergekommener Gestalten waren verschwunden – ächzte sie trotzdem unter der Last menschlichen Elends. Der Wind pfiff und heulte die Gasse hinunter, drehte und schlug uns voll ins Gesicht. Mein Wohnblock ragte auf der einen Seite empor wie ein gesichtsloser Republikanerwall, erbaut als Festung gegen marodierende Barbaren. Als ich mein Pferd zügelte, krachte von oben ein schwerer Blumentopf herunter und verfehlte mich um höchstens einen Fingerbreit.
    Ich zerrte die Wagentür auf, um den erschöpften Seelen herauszuhelfen, für die ich verantwortlich war. Zum Schutz gegen die Kälte eingehüllt wie Mumien, stiegen sie steifbeinig aus, entdeckten dann, als der Sturm sie traf, flugs ihre Beine wieder und flohen hastig in die ruhigen Gefilde des Treppenhauses: Sie , das waren meine Freundin Helena Justina, ihre Zofe, die kleine Tochter meiner Schwester und unser Kutscher, ein stämmiger Kelte, der eigentlich für unsere Sicherheit hatte sorgen sollen. Von mir persönlich als Eskorte ausgesucht, hatte er den größten Teil der Reise angstschlotternd auf dem Bock gesessen. Wie sich herausstellte, war er fern der Heimat der reine Hasenfuß. Noch nie war er außerhalb Bingiums gewesen; ich wünschte, ich hätte ihn dort gelassen.
    Immerhin hatte ich Helena bei mir gehabt. Sie war die Tochter eines Senators, mit allem, was so eine Abstammung mit sich bringt, natürlich, und temperamentvoller als die meisten ihres Schlages. Sie hatte jeden Gastwirt, der uns seine besseren Zimmer vorenthalten wollte, ausgetrickst, und mit Schurken, die unerlaubten Brückenzoll kassieren wollten, hatte sie kurzen Prozeß gemacht. Jetzt machten mir ihre ausdrucksvollen dunklen Augen klar, daß sie die Absicht hatte, mich wegen der letzten Stunden der heutigen Fahrt ins Gebet zu nehmen. Als ich diesen Blick auffing, versuchte ich mein einschmeichelndes Lächeln gar nicht erst.
     
    Noch waren wir nicht zu Hause. Meine Wohnung lag nämlich im sechsten Stock.
    Schweigend und im Dunkeln nahmen wir die Treppen in Angriff. Nach einem halben Jahr in Germanien, wo selbst zweistöckige Häuser eine Seltenheit sind, protestierten meine Wadenmuskeln ziemlich bald. In diesem Wohnblock lebten nur durchtrainierte Leute. Wenn ein Invalide in Geldnöten jemals eine Wohnung über dem Brunnenhof mietete, dann kurierte ihn entweder die sportliche Betätigung rasch, oder die Treppen brachten ihn um. Wir hatten schon etliche Nachbarn auf diese Weise verloren. Smaractus, unser Hausherr, verdiente sich eine goldene Nase damit, daß er den Besitz seiner verstorbenen Mieter verscherbelte.
    Oben angekommen, zog Helena eine Zunderbüchse unter ihrem Mantel hervor. Die Verzweiflung verlieh mir eine ruhige Hand; bald schlug ich einen Funken und schaffte es sogar, eine Kerze anzuzünden, bevor der Funke wieder erlosch. An meinem Türpfosten verkündete die inzwischen arg verblaßte Kachel, daß M. Didius Falco hier als Privatermittler arbeitete. Nach einem kurzen, heftigen Streit, währenddessen ich versuchte, mich zu erinnern, wo ich den Hebeschlüssel für meinen Türriegel verstaut hatte, lieh ich mir von Helena eine Kleiderspange, band sie an einem Stoffstreifen fest, den ich aus meiner Tunika gerissen hatte, schob die Spange durchs Loch und wedelte sie an dem Tuch hin und her.
    Ausnahmsweise funktionierte der Trick. (In der Regel
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