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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold
Autoren: Lindsey Davis
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mich, offenbar hatte er mit dem, was wir diskutierten, nichts zu tun. »Ich brauche das Gästezimmer für mich und meine Holde, aber deswegen jagen wir dich nicht in die Nacht hinaus. Oben gibt’s eine trockene Bodenkammer, die durchaus wohnlich ist …«
    »Deine blöde Bodenkammer kannst du dir an den Hut stecken!« erwiderte der Legionär, und dann fügte er noch hinzu: »Festus kann mich mal – und du auch!«
    »Nur zu, wenn dir dabei wohler wird«, sagte ich und ließ mir nichts anmerken. Für unsere Familie war das einzig Positive an Festus’ Tod, daß wir die schier endlose Prozession seiner schillernden Freunde nicht länger durchfüttern mußten.
    Ich sah Mama dem Legionär auf die Schulter klopfen. Dann murmelte sie tröstend: »Tut mir leid, aber wenn du meinen Sohn so kränkst, kann ich dich nicht hierbehalten.«
    »Beim Jupiter, Mama!« Sie war wirklich unmöglich.
    Um die Dinge zu beschleunigen, half ich Censorinus beim Packen. Als er ging, warf er mir noch einen bösartigen Blick zu, aber ich war zu sehr mit den Freuden des Familienlebens beschäftigt, um mich darüber aufzuregen.

III
    Helena und Mama machten sich mit vereinten Kräften daran, mich und meine Reisegruppe auf die vorhandenen Betten zu verteilen. Unsere Diener wurden in die Bodenkammer verfrachtet. Meine kleine Nichte Augustinilla durfte in Mutters Bett schlafen.
    »Wie geht’s Victorina?« Ich mußte mich richtig zwingen, nach ihr zu fragen. Helena und ich hatten Augustinilla aufgenommen, weil ihre Mutter, meine Schwester, krank war.
    »Victorina ist tot«, sagte Mutter ganz sachlich, aber ihre Stimme klang gepreßt. »Eigentlich wollte ich’s dir nicht gleich heute abend erzählen.«
    »Victorina ist gestorben?« Ich konnte es kaum fassen. »Wann?«
    »Im Dezember.«
    »Du hättest mir schreiben können.«
    »Und wozu wär das gut gewesen?«
    Ich legte den Löffel auf den Tisch und nahm die Schüssel in beide Hände, ließ mich trösten von der Wärme des Geschirrs. »Das ist unglaublich …«
    Falsch. Victorina hatte irgendwas Organisches gehabt, und so ein Quacksalber aus Alexandria, der darauf spezialisiert war, in der weiblichen Anatomie rumzustochern, redete ihr ein, die Sache wäre operierbar. Entweder war seine Diagnose falsch, oder er hat die Operation versaut – wahrscheinlich letzteres. So was passiert ja dauernd. Ich hatte also keinen Grund, mich über ihren Tod zu wundern.
    Victorina war die Älteste von uns Kindern gewesen und hatte die übrigen sechs, die das Säuglingsalter irgendwie überstanden, furchtbar tyrannisiert. Ich war immer auf Abstand zu ihr geblieben, weil es mir zuwider war, dauernd geknufft und rumkommandiert zu werden. Sie war ungefähr dreizehn, als ich geboren wurde, und hatte schon damals einen schrecklichen Ruf: Machte immer den Jungs schöne Augen, wedelte mit einem kecken grünen Parasol und stopfte nie die aufgerissenen Seitennähte ihrer Tunika, sondern zeigte freizügig, was darunter war. Wenn sie in den Circus ging, waren die Männer, die ihren Sonnenschirm trugen, ausnahmslos widerliche Typen. Am Ende entschied sie sich für einen Stuckateur namens Mico und heiratete ihn. Von da an redete ich nicht mehr mit ihr.
    Von ihren Kindern waren noch fünf am Leben. Der Jüngste war keine zwei Jahre alt. Aber bei den Überlebenschancen von Kindern war es gut möglich, daß er noch vor seinem dritten Geburtstag seiner Mutter Gesellschaft leisten würde.
     
    Helena bekam dieses Gespräch zwischen mir und meiner Mutter nicht mit. Sie war an meiner Schulter eingeschlafen. Ich drehte mich zur Seite und schob sie behutsam in eine bequemere Lage; eine, in der ich ihr Gesicht sehen konnte. Ich brauchte diesen Anblick, um mich daran zu erinnern, daß die Parzen, wenn sie wollten, auch stabile, gute Fäden spinnen konnten. Helena war vollkommen entspannt. Niemand hat je so tief und fest geschlafen wie Helena in meinen Armen. Wenigstens einem Menschen war ich zu was nütze.
    Mama deckte uns beide mit einer Decke zu. »Sie ist also immer noch bei dir?« Trotz ihrer Verachtung für meine früheren Freundinnen fand Mama, Helena Justina sei viel zu gut für mich. Die meisten Leute fanden das. Helenas Verwandte standen ganz vorn in der Schlange derer, die so dachten. Vielleicht hatten sie ja recht. Selbst in einer Stadt wie Rom mit ihrem Snobismus und ihren falschen Werten hätte Helena bestimmt was Besseres kriegen können.
    »Sieht so aus.« Zärtlich fuhr ich mit dem Daumen über die zarte Mulde an Helenas
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