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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold
Autoren: Lindsey Davis
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verhängnisverheißendes familiäres Geheimnis in der Luft hing, würde ich sowieso nicht schlafen können. Nein, erst mußte ich herausfinden, welches Problem mich zu Hause erwartete – und dann würde wahrscheinlich an Schlaf nicht mehr zu denken sein.
    »Verflixt und zugenäht – natürlich bin ich müde! Und ich finde nichts so ermüdend wie Leute, die sich vor unbequemen Themen drücken. Mutter, was ist los?«
IV
    Festus lag seit drei Jahren im Grab. Die Tinte der meisten Dokumente war zwar inzwischen getrocknet, aber Schuldscheine und hoffnungsvolle Briefe von verlassenen Frauenzimmern trudelten immer noch von Zeit zu Zeit in Rom ein. Und jetzt meldete sich also das Militär; diese Truppe abzuschütteln dürfte nicht einfach werden.
    »Ich glaube nicht, daß er was angestellt hat«, redete Mama sich gut zu.
    »Und ob!« widersprach ich ihr. »Was immer da passiert ist, ich garantiere dir, daß unser Festus mittendrin war, kreuzfidel wie immer. Die Frage ist nur, was ich tun muß – oder wieviel ich bezahlen muß –, um uns aus dem rauszuhalten, was er diesmal angestellt hat.« Mama schaffte es, so zu schauen, als hätte ich ihren geliebten Sohn beleidigt. »Und jetzt sag mir die Wahrheit: Warum wolltest du, daß ich Censorinus rauswerfe?«
    »Er fing an, lästige Fragen zu stellen.«
    »Nämlich?«
    »Er behauptet, daß ein paar Soldaten aus der Legion deines Bruders Geld in ein Geschäft gesteckt hätten, das Festus vorhatte. Censorinus ist nach Rom gekommen, um den Einsatz dieser Soldaten einzufordern.«
    »Aber es ist kein Geld da.« Als Testamentsvollstrecker meines Bruders konnte ich das beschwören. Nach Festus’ Tod bekam ich vom Nachlaßverwalter seiner Legion einen Brief, der meine sämtlichen Vermutungen bestätigte: Nachdem seine Schulden vor Ort und das Begräbnis bezahlt waren, blieb nichts, was die Armee mir schicken konnte, außer der tröstlichen Gewißheit, daß ich ihn beerbt hätte, falls unser Held je imstande gewesen wäre, seine paar Kröten länger als zwei Tage in der Geldbörse zu behalten. Festus hatte seinen vierteljährlich ausbezahlten Sold immer schon im voraus verpulvert. In Judäa hatte er absolut nichts hinterlassen. Und auch in Rom konnte ich nichts finden, trotz der äußerst komplexen und verwickelten Geschäfte, die er hier laufen hatte. Festus’ Lebensstil basierte auf seinem wirklich fulminanten Talent zum Bluffen. Ich bildete mir ein, ihn so gut zu kennen wie kein anderer, aber selbst mich hatte er täuschen können, als er es darauf anlegte.
    Ich seufzte. »Jetzt erzähl mir mal die ganze Geschichte. Was war das für ein Geschäft?«
    »Irgendein komplizierter Plan, der viel, viel Geld einbringen sollte.« Das sah meinem Bruder ähnlich! Ständig glaubte er, irgendwo auf eine Goldader gestoßen zu sein. Und genauso ähnlich sah es ihm, jeden armen Teufel, der einmal sein Zelt geteilt hatte, in seine Glücksritterpläne mit einzubeziehen. Festus konnte selbst einem entschlossenen Geizhals, den er erst am Morgen kennengelernt hatte, bis zum Abend sein Geld abschwatzen. Seine vertrauensseligen Kameraden hatten gegen ihn keine Chance.
    »Und was war das für ein Plan?«
    »Weiß ich nicht genau.« Mama schaute verwirrt. Ich ging ihr nicht auf den Leim. Meine Mutter hatte Fakten stets so fest im Griff wie ein Oktopus seine künftige Mahlzeit. Sie wußte zweifellos ganz genau, was Festus vorgeworfen wurde; sie zog es nur vor, mich die Details selbst rausfinden zu lassen. Das bedeutete, die Geschichte würde mich wütend machen. Und Mama wollte nicht dabei sein, wenn ich explodierte.
    Wir hatten sehr leise gesprochen, aber in meiner Erregung hatte ich mich wohl irgendwie verkrampft; jedenfalls bewegte sich Helena und fuhr aus dem Schlaf hoch. »Marcus, was ist passiert?« fragte sie, instinktiv in Alarmbereitschaft.
    Verlegen suchte ich nach einer Ausrede. »Familienprobleme. Mach dir keine Sorgen; schlaf weiter.« Jetzt war sie hellwach.
    »Geht’s um den Soldaten?« folgerte Helena messerscharf. »Ich hab mich schon gewundert, daß du ihn so einfach vor die Tür gesetzt hast. Ist er vielleicht ein Schwindler?«
    Ich antwortete nicht. Die leichtsinnigen Abenteuer meines Bruders wollte ich lieber für mich behalten. Aber Mama, die sich eben noch so davor gedrückt hatte, mir die Geschichte zu erzählen, war sofort bereit, sie Helena anzuvertrauen. »Nein, nein, der Soldat ist schon echt. Aber wir haben ein bißchen Ärger mit der Armee. Ich hab ihn hier wohnen lassen,
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