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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues
Autoren: Gary Disher
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die Veranda nicht, sondern ging zweimal um das Haus herum; das erste Mal, um weitere Türen und Fenster ausfindig zu machen, das zweite Mal, um zu einem hell erleuchteten Zimmer zurückzukehren, aus dem eine Stimme gedrungen war, die alles andere als vernünftig geklungen hatte.

    EINUNDVIERZIG

    Das Fenster stand offen. Er sah hinein. Liz Redding war ihm voraus gewesen, was De Lisle betraf, nur hatte es ihr wenig genützt. Sie saß in sich zusammengesunken in einem Sessel, die Nase blutverkrustet, während der Amtsrichter einen Meter von ihr entfernt auf dem Teppich stand, bebend vor Wut. Auf ihrer Hemdbluse war noch mehr Blut und es sah nicht so aus, als sei es frisches Blut. Liz hielt den Kopf gesenkt, ein-, zweimal hob sie ihn und zitterte.
    »Noch einmal, wie sind Sie reingekommen?«
    »Zu Fuß.«
    De Lisle wurde rot, ein fetter Mann, der leicht zu reizen war und Wut als etwas Selbstverständliches betrachtete. Er inhalierte sein Asthmaspray und sagte dann: »Für so etwas fehlt mir die Zeit.« Er schoss nach vorn, versetzte Liz unbeholfen einen Schlag in den Magen und machte sofort einen Satz zurück.
    Wyatt spürte, wie sich seine Fäuste ballten. Am liebsten hätte er das Fliegengitter durchtrennt und sich zwischen den verspielten Antiquitäten zu dem tobenden De Lisle durchgearbeitet und ihm die Leuchtpistole in den Rachen geschoben. Diese innere Regung kam völlig spontan und überraschte ihn in ihrer Intensität.
    Er gab dem Impuls nicht nach und beobachtete stattdessen, wie De Lisle der Polizistin auf die Oberarme schlug. Das verwirrte Wyatt. Zwar hatte De Lisle die grausamen Neigungen eines Folterers, aber nicht dessen Technik.
    »Machen Sie den Mund auf.«
    Liz Redding schaffte es, den Kopf lange genug oben zu halten, und sagte: »Das Tor war offen«, dann spuckte sie De Lisle fast vor die Füße. Es war Blut.
    »Offen? Grace, die blöde Kuh.«
    De Lisle schritt auf und ab. Er sah auf seine Armbanduhr. »Warum mussten Sie herkommen? Sie sehen ja, was Sie davon haben.«
    »Wenn Sie kooperieren, Mr. De Lisle, wenn Sie jetzt mit mir zurückfliegen, dann, da bin ich sicher, wird das Gericht dem Rechnung tragen.«
    De Lisle beugte sich zu ihr hinunter, sein Gesicht dicht an ihrem, sagte er: »Die Dummheit von Leuten wie Ihnen ist nicht zu unterschätzen, nicht wahr? Sie sind nicht in der Position, um zu verhandeln, Fräuleinchen.«
    Doch sie blieb hartnäckig. »Wollen Sie den Rest Ihres Lebens so verbringen, immer auf der Flucht? Von Versteck zu Versteck?«
    De Lisle war dieses Spiel langsam leid. Er sah wieder auf seine Uhr, dann zum Fenster, als lausche er auf etwas. Plötzlich warf er den Kopf zurück und brüllte: »Hey, Springett, was geht da draußen vor?«
    Wyatt begriff, dass es zu spät war. Er trat den Rückzug an, blieb aber sofort stehen, als der Mann, den De Lisle gerufen hatte, leise sagte: »Das reicht.«
    Wyatt wollte sich umdrehen. Die Stimme legte an Schärfe zu. »Nein, tun Sie das nicht. Lassen Sie das fallen, was auch immer Sie da haben, und dann gehen Sie langsam um die Ecke. Ich will nicht debattieren, ich will auch Ihr Gesicht nicht sehen, gehen Sie einfach vor mir her und dann ins Haus. Weigern Sie sich, werde ich Sie erschießen, die Waffe hier hat einen Schalldämpfer, also muss ich mir um Lärm keine Sorgen machen.«
    Wyatt ließ die Leuchtpistole fallen. Springett schnaubte verächtlich. »Wozu sollte die denn gut sein? Los, bewegen Sie sich.«
    Wyatt machte drei Schritte auf knirschenden Korallensplittern, bevor er hörte, dass sich Springett in Bewegung setzte. Also war Springett etwa drei Meter entfernt, zu weit für einen Drehtritt, aber nah genug, um sich eine Kugel im Rücken einzufangen.
    Wyatt kam Springetts Aufforderung nach, ging um die Ecke und betrat eine Veranda, die hinter den mit Bougainvilleen überwucherten Spalieren kaum auszumachen war. Im Haus dann ging es weiter durch einen breiten, dunklen Flur auf eine Tür am Ende zu, aus der ein Lichtschein fiel. Springett bewegte sich nahezu lautlos. Wyatt lauschte angestrengt, konnte ihn jedoch in dem Ensemble aus Dielen, Läufern und Garderobenständer nicht lokalisieren.
    Hinein in das Zimmer, wo De Lisle wartete. De Lisle blickte ihn voller Genugtuung an, dann wanderte sein Blick an ihm vorbei zu Springett. »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich etwas gehört habe.«
    »Ihr Tor ist offen und die Alarmanlage ist abgeschaltet.«
    »Meine Hausangestellte, die verdammte Kuh. Sie glaubt wirklich, die Polizei kommt
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