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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues
Autoren: Gary Disher
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Springett. Sie hatten gerade die Hälfte des Weges zurückgelegt, als eine Stimme »De Lisle!« schrie und ein grelles Licht aus Richtung des Hauses auf den dicken Mann zugeschossen kam.

    ZWEIUNDVIERZIG

    Nach seiner letzten Lieferung für Huntsman befand sich Crystal auf halbem Wege zu den Unterkünften der Crew im Palmtree Lodge, als er einem plötzlichen Impuls folgte und den Taxifahrer bat, umzudrehen und zurückzufahren. »Reriki«, sagte er.
    Dreißig Minuten später nahm er bewundernd zur Kenntnis, wie die zweite Hälfte der Menschheit lebte. Von seinem Zimmer im Lodge hatte er nach hinten einen Ausblick auf eine schmierige Seifenfabrik und vorn sah er einen hässlichen Streifen Korallenstrand, das war alles. Doch die Reriki-Hütten waren eine andere Welt. Er betätigte Schalter: Der Deckenventilator fing an zu rotieren, die Klimaanlage sprang an, der Fernseher lief. Ein französisches Bett. Er ging hinaus auf den Balkon, Rattansessel anstelle von geformtem Plastik und ein atemberaubender Blick auf blaues Wasser, gestutzten Rasen und die schuppigen Stämme sorgfältig gepflegter Palmen. Die Luft roch frisch und sauber, duftete nach tropischen Pflanzen und nachmittäglichen Regenschauern.
    Doch De Lisle tauchte weder an diesem noch am nächsten Tag auf, um den Koffer abzuholen. Schließlich rief Crystal bei De Lisle an. »Er kommen in Boot, morgen«, sagte eine Frau.
    Also beobachtete er das Haus. Am Nachmittag machte die Yacht am Pier fest. Kurz danach bestieg De Lisle ein Wassertaxi, das sogleich quer durch den Hafen Richtung Reriki brauste. Crystal verließ seine Hütte und begab sich in eine separate Nische im Hauptgebäude, die gegenüber der Rezeption und der Bar lag. Das Management hatte sich hier um zwei Sessel und einen Beistelltisch gekümmert, auf dem alte Ausgaben von Reader’s Digest lagen. Es gab auch ein kleines Bücherregal voller Bücher, die von Gästen zurückgelassen worden waren. Während er wartete, blätterte Crystal in einem New-Age-Taschenbuch. Es wollte ihm erklären, wie er sein Leben in den Griff bekomme und dabei Reichtum und Macht gewinnen könne, ohne Schuld auf sich zu laden. Nun, das mit dem Reichtum würde schon bald klappen. Er hatte nicht vor, sich De Lisles Juwelen zu schnappen, so blöd war er nicht, aber er wollte den Mann dazu bringen, die fünf Riesen pro Lieferung auf fünfzig zu erhöhen; das war eine angemessene Summe, wenn man bedachte, was er so transportierte, nicht zu vergessen die damit verbundenen Risiken und die Belästigungen durch irgendwelche Bullen aus Melbourne. De Lisle traf ein. Wieder komplett in Weiß, bedachte er das Personal mit seinem strahlenden Lächeln, rief »Bon jour« und gestattete jedem, ihm auf die Schulter zu klopfen und ihn zu umarmen. Alles nur Show, dachte sich Crystal. Die nächsten dreißig Minuten hielt De Lisle Hof an der Bar, dann schob er sich durch die Gruppe und ging auf seinen dicken Beinen schwerfällig zur Tür des Sicherheitsdienstes, das Gesicht feucht von Schweiß und Anstrengung. Er gab dem Mann dort ein Trinkgeld, nahm den Koffer und verschwand.
    Crystal wartete ein paar Minuten und schlenderte dann hinunter zur Fähre. Es war fünf Uhr am Nachmittag und die Touristen kamen scharenweise zur Insel zurück, um an der Bar ihren ersten Dämmerschoppen zu nehmen. Auf seinem Weg hinüber zur Hauptinsel ließ Crystal De Lisles Wassertaxi nicht aus den Augen, das sich seinen Weg zwischen den Hochseeyachten hindurch bahnte.
    Auf der anderen Seite angekommen, schlug Crystal den Weg nach links ein, hinunter zu den Cafés und Restaurants des kleinen Hafens. Er trank einen Kaffee, machte einen Spaziergang und vertrieb sich die Zeit bis zum Abend, bis er die Sache mit De Lisle angehen wollte. Er verspürte eine angenehme Unruhe, sie stimulierte ihn, ein Gefühl, das ihm sagte, er sei kurz vor dem Ziel.
    All das war mit einem Mal verflogen, als er um sechs Uhr dreißig mit einem Taxi bei De Lisles Haus eintraf, ein weiteres Taxi bemerkte, einen der Cops aus Melbourne sah, der aus dem Taxi stieg und auf die Gegensprechanlage drückte
    »Fahren Sie weiter, los, los«, trieb Crystal seinen Fahrer an und rüttelte dessen Arm.
    Zwei Straßen weiter stieg er aus und ging zurück. Ein Cop. Das änderte alles. Er konnte schwerlich bei De Lisle eindringen und fünfzig Riesen fordern, während dieser Cops sich dort aufhielt.
    Im Schutze der Palmen auf der anderen Straßenseite beobachtete Crystal hilflos De Lisles Anwesen. Unruhig fuhren seine
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