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Drachenfluch1: Zauberschmiedekunst (German Edition)

Drachenfluch1: Zauberschmiedekunst (German Edition)

Titel: Drachenfluch1: Zauberschmiedekunst (German Edition)
Autoren: Sandra Gernt
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Ein Dieb nimmt deine Habe.
    Die Liebe stiehlt dein Herz.
    Der Tod stiehlt dein Leben.
    Der Zauberschmied stiehlt deine Seele.
    Der Schlund nimmt dir alles.
    Aus: „Über des Menschseins Qualen“, Verfasser und Datum unbekannt, aufbewahrt im Nahibtempel in Nadur.

    Jiru duckte sich im Schatten des Hauseingangs. Er musste warten, bis die beiden Stadtwächter mit dem lallenden Trunkenbold, den sie mit sich schleppten, außer Hörweite verschwunden waren. Erst danach kletterte er langsam, jeden Vorsprung nutzend, die Hausfassade hoch. Die Nächte waren selbst jetzt im Sommer kühl, aber seine Finger konnte er ohne Schwierigkeiten bewegen. Die frische Brise, die durch sein fadenscheiniges Gewand drang, erhöhte die Chance, dass sich möglichst wenige Leute auf den Straßen herumtrieben.
    Es war sein Glück, dass Markhalt Narabsohn, der Besitzer dieses großzügigen, geradezu protzigen Anwesens, keine Mühen oder Kosten gescheut hatte, sein Haus mit Stuck und Statuen und Zierrat zu verschönern. Selbst ihm, dem das Klettern nicht als Talent in die Wiege gelegt wurde, fiel es im Dunkeln der mondlosen Nacht leicht, seinen Weg in das zweite Obergeschoss zu finden. Er hatte außerdem das Glück, sowohl das Haus als auch die darin friedlich schlummernde Familie sehr gut zu kennen. Dadurch wusste Jiru, dass das Fenster des Gästezimmers im Südflügel nicht fest verriegelt werden konnte und Markhalt, der heutzutage nicht mehr so viel Geld zum Verschwenden besaß wie in den glorreichen Tagen unter Fürst Antul, auf die Reparatur als überflüssige Ausgabe verzichten musste. Aus diesem Grund wurde das Gästezimmer nur noch belegt, wenn Anamia, die Dame des Hauses, ein großes Fest gab. Da dafür ebenfalls kein Geld vorhanden war, brauchte Jiru sich keine Sorgen zu machen, als er vorsichtig die knarrenden Fensterläden öffnete und sich hindurchschob. Zur Sicherheit lauschte er, niedergekauert auf dem mit verstaubten Teppichen ausgelegten Boden kniend. Er bewegte sich erst wieder, als er bis hundert gezählt hatte und alles still geblieben war. Keine Atemgeräusche, nichts regte sich. Unter diesem Gästezimmer schlief Karnt, der alte – und mittlerweile einzige – Diener der Herrschaften. Karnt war nahezu taub und würde nicht einmal aufwachen, sollte Jiru versehentlich im Dunkeln etwas umstoßen. Da er früher häufig in diesem Zimmer genächtigt hatte, kannte er sich genug aus, um unbeschadet alle Möbel und Hindernisse umgehen zu können. Immerhin war Markhalt früher sein Schwiegervater gewesen.
    Jiru presste verkrampft die Kiefer aufeinander, er hasste diese Erinnerungen an sein verlorenes Leben. An den Tod seiner Frau, die er zwar nicht geliebt, aber geachtet hatte. Dem Verlust von allem, was ihm kostbar gewesen war und Sicherheit gegeben hatte. Vor gerade einmal zwei Jahren war er ein ehrbarer Mann gewesen, der einzige Sohn einer angesehenen Händlerfamilie. Dass er jetzt als Dieb Haranstadt unsicher machen musste, daran trug Markhalt einen Teil der Schuld. Da war es vollkommen gerecht, wenn Jiru sich ein wenig von dem nahm, was dieser Unmensch ihm damals als mildtätige Gabe verweigert hatte …
    Jirus Familie war in den alten Zeiten durch den Handel mit Luxusgütern wie Seide und Gewürzen aus den Westwindländern reich geworden. Als dieses Geschäft vollständig einbrach, schwand auch das Vermögen mit jedem Jahr dahin. Man hatte versucht, Jiru nach dem Tod seiner Frau – Markhalts Tochter – gewinnbringend neu zu verheiraten, was gescheitert war. Markhalt hätte ihn als seinen Schwiegersohn bei sich unterbringen müssen, als er mittellos vor ihm stand, so wie es der gesellschaftliche Anstand erforderte; er hatte ihm jedoch stattdessen die Tür vor der Nase mit einem: „Bettlern haben wir nichts zu geben!“ zugeschlagen. Wenn Jiru daran dachte, wie Markhalt ihn umsäuselt hatte, als er noch glaubte, das Handelsgeschäft des Vaters würde sich wieder erholen, wurde ihm schlecht vor Wut.
    In den verschiedenen Tempeln wollte man ihn nicht aufnehmen, da es bereits zu viele einfache Gottesdiener gab – sprich, ehemals reiche Bürger, denen die Handelsbeschränkungen alles genommen hatte. Leider besaß er weder außergewöhnliche künstlerische noch mathematische Fähigkeiten, um zur hohen Priesterwürde aufzusteigen. Andernfalls hätte Jiru es im Tempel des Imptu versuchen können, dem Gott des Sturms und der Sterne, wo die Priester mittels komplizierter Himmelskarten den Lauf der Gestirne erforschten. Nicht einmal
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