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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star
Autoren: Martin Cruz Smith
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der Überzeugung, daß Sie sich als nützlich erweisen würden, wenn Sie nur den richtigen Ansporn, den richtigen Preis vor Augen hätten. Tja, da wären wir also.«
    »Im Finstern«, sagte Arkadi lakonisch.
    »Aber von allem Verdacht gereinigt.« Hess zog Arkadi von der Reling fort. »Sie ahnen ja gar nicht, was für ein schmackhafter Knochen eine Panne des Marinenachrichtendienstes für den KGB sein kann! Man wird diese Affäre gebührend zu würdigen wissen.« Sein Seufzer ging in Lachen über. »Haben Sie Morgans Gesicht gesehen, als wir die Eagle aus dem Eis befreiten? Natürlich hatte er Schmerzen, ja, ich weiß, er wurde verwundet. Aber was ihm noch weitaus schlimmer zugesetzt hat war, daß er wußte, was Sie uns von seinem Schiff mitgebracht haben.«
    Sobald das Fabrikschiff sie aus der Eisdecke befreit hatte, war die Eagle mit Kurs auf Alaska abgedreht, während die Polar Star ihre Fangfahrt vorzeitig abbrach. Das Schiff hatte Susan Hightower, die übrigen Bevollmächtigten und Lantz vor Dutch Harbor einem Lotsenboot übergeben.
    »Das einzige, was ich nicht begriffen habe, war Susans Reaktion, als sie von Bord ging«, sagte Hess. »Worüber hat sie sich wohl so amüsiert?«
    »Ach, das war nichts weiter als ein privater Spaß zwischen ihr und mir. Ich habe ihr für ihre Hilfe gedankt.« Schließlich hatte sie ihm verraten, was es zu stehlen galt, auch wenn er ihren Tip auf einem anderen Schiff in die Tat umgesetzt hatte.
    Nikolai wartete im Transportkäfig, zusammen mit einem Marinesoldaten. Der mondgesichtige Jüngling hatte schwarze Ringe unter den Augen, trug eine Baskenmütze auf dem Kopf und ein Sturmgewehr über der Schulter. Nikolai sah nicht gerade glücklich aus; andererseits hatte man ihm keine Handschellen angelegt. Einen Augenblick lang schien es, als ginge Hess nur ungern von Bord, wie ein Mann, der das Ende einer langen und erfolgreichen Reise noch auskosten möchte.
    »Renko, Sie verstehen hoffentlich, daß Ihr Name im Zusammenhang mit den Disketten nicht erwähnt werden darf. Wir wollen uns unseren Triumph schließlich nicht verderben. Auch wenn ich mir persönlich wünschen würde, das Lob mit Ihnen teilen zu können.«
    »Lob dafür, daß Sie U-Boote abgehört haben, die schon vor Jahren abgetakelt wurden? Sie haben Boote belauscht, die gar nicht existieren«, sagte Arkadi.
    »Ach, das spielt keine Rolle. Morgan wurde kompromittiert, und diesmal stecken wir den Sieg ein.«
    »Disketten, auf denen nichts Verwertbares drauf ist.«
    »Jaja, Gespenster und Phantome, die im Finstern rumoren. Aber Karrieren sind schon auf dürrerem Boden gediehen.« Hess trat in den Förderkorb und legte die Sicherheitskette vor. »Ich will Ihnen mal was sagen, Renko. Das Spiel geht immer weiter; mal geht eine Runde an uns, mal eine an die anderen, aber das ist letztlich unerheblich. Ich komme wieder.«
    »Das ist übrigens noch ein Grund dafür, daß Susan so vergnügt war«, erwiderte Arkadi. »Sie kommt nicht zurück.«
    Hess schien entschlossen, sich die Laune nicht verderben zu lassen. Er streckte Arkadi die Hand hin. »Wir sollten jetzt nicht streiten. Sie haben uns gute Dienste geleistet. Und Sie sind früh aufgestanden, um sich von mir zu verabschieden.«
    »Eigentlich nicht deshalb.«
    »Trotzdem«, beharrte Hess.
    »Alles Gute.« Arkadi schüttelte Nikolai die Hand.
    Als das Patrouillenboot abgelegt hatte, nahm die Polar Star wieder Fahrt auf. Die Zahl der Küstentrawler, die am nächtlichen Horizont auftauchten, wuchs stündlich. Auf etwa einen Kilometer Entfernung sah man nur die strahlende Kette ihrer Fischlaternen, jedes Schiff sein eigenes Sternbild, eine andere Kulisse, als er sie vom Abschied in Dutch Harbor in Erinnerung hatte. Dort war es einer jener regnerischen Nachmittage gewesen, an denen die Feuchtigkeit einen umhüllte wie eine zweite Haut, und die Amerikaner hatten sich auf der Überfahrt zum Pier im Innern der Brücke zusammengedrängt - alle außer Susan, die an Deck gestanden hatte, ohne zu winken, aber die Augen nicht von dem Schiff wandte, das sie gerade verlassen hatte.
    Ein seltsames Leben, dachte Arkadi. Immer hing er am meisten an dem, was er verlor. Er hatte ihren Blick über die sich stetig verbreiternde Wasserstraße zwischen ihnen so deutlich gespürt wie in jener Nacht, als sie miteinander geschlafen hatten. Er hatte die Schwäche, sich immer wieder in aussichtslose Beziehungen zu verstricken.
    »Ah, sieh da, Genosse Jonas!« Martschuk war unbemerkt neben ihn
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