Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star
Autoren: Martin Cruz Smith
Vom Netzwerk:
an Morgan. »Wir sitzen im selben Boot, wir haben ‘ne Menge zu verlieren, und Sie genauso.«
    »Sie meinen wohl das Anascha«, sagte Arkadi.
    Ridley zögerte, dann sagte er zu Coletti: »Die Mistkerle sind auch unten gewesen.«
    »Hier hört’s bei mir auf«, erklärte Morgan energisch. »Ich werde nicht dulden, daß ihr vor meinen Augen einen Mord begeht.«
    »Kapitän, so nehmen Sie doch Vernunft an!« sagte Ridley. »Wir sitzen in diesem Scheißeis fest wie die Maus in der Falle. Wenn Renko zurückgeht und Martschuk meldet, was er gesehen hat, dann latschen im Handumdrehn noch fünfzig Russen herüber, um bei uns rumzuschnüffeln. Hier geht’s doch um die nationale Sicherheit, hab ich nicht recht?«
    »Ihr wollt doch bloß euren Stoff schützen«, sagte Morgan wegwerfend.
    »Na, na, ich könnte leicht auch persönlich werden«, warnte Ridley. »In Dutch Harbor hat Renko Ihr Mädchen gebumst. Er hat sie Ihnen einfach weggeschnappt. Wahrscheinlich hat er sie seitdem Nacht für Nacht gebumst.«
    Morgan sah Arkadi durchdringend an. Der Augenblick, in dem er Ridleys Beschuldigung hätte leugnen können, verstrich ungenutzt.
    »Na, was hab ich gesagt?« triumphierte Ridley. »Bingo! Wie steht’s Kapitän, wollen Sie ihn immer noch ungeschoren abziehen lassen?«
    »Allerdings! Das ist eben der Unterschied zwischen uns, Ridley. Ich bin ein Profi, Sie dagegen sind bloß ein raffgieriges, mieses Schwein.«
    »Langsam, langsam, Kapitän, wir haben schließlich auch ein Recht auf unseren Anteil!«
    »Warum habt ihr das Anascha eigentlich nicht schon in Dutch Harbor entladen?« fragte Arkadi.
    »Mike war verrückt nach Sina«, entgegnete Ridley. »Er hat uns beim Kapitän verpfiffen. Dann war er tot, und weil wir uns vor dieser Aleutenmeute fürchteten, wollten wir bloß noch eins: so schnell wie möglich raus aus dem Hafen. Wir werden das Zeug später auf dem Festland abladen.« Er wandte sich wieder an Morgan: »Es ist doch so, Kapitän. Wir haben alle verschiedene Interessen, manche praktischer, andere rein patriotischer Natur. Die Frage ist«, fuhr er, unvermittelt ins Russische wechselnd, an Karp gewandt fort, »zu wem hältst du? Bist du Renkos Partner oder unserer?«
    »Sie sprechen also Russisch?« fragte Arkadi.
    »Besser als Esperanto.« Ridley grinste.
    »Ich bin Renko gefolgt, weil ich ihn erledigen wollte«, sagte Karp.
    »Na dann los, worauf wartest du noch, Mann?« rief Ridley.
    »Laßt Renko gehen. Allein«, verlangte Morgan.
    Ridley seufzte, dann fragte er Coletti: »Müssen wir uns diesen Schleimscheißer von einem Kapitän noch länger anhören?«
    Arkadi hätte Morgan soviel Reaktionsschnelligkeit gar nicht zugetraut. Coletti fuhr herum, legte an und schoß, traf jedoch nur ein Bullauge an der Treppe, von der Morgan im selben Moment heruntergesprungen war. Doch noch ehe der Kapitän wieder festen Boden unter den Füßen hatte, feuerte Coletti den zweiten Schuß ab. Morgans Weste explodierte. In einem Regen aus Daunen und Blut stürzte der Kapitän aufs Deck nieder.
    »Wie ‘ne abgeschossene Ente, was?« Coletti klappte den Lauf seiner Flinte herunter und schob eine Patrone nach.
    Morgan fand Halt an der Winsch und versuchte, nach seiner Waffe zu greifen, die unter ihn gerutscht war. Seine rechte Schulter und das Ohr waren nur noch roter Brei. Der Kiefer war wie mit roten Pocken übersät.
    »Jetzt bist du dran«, sagte Ridley zu Karp. »Du wolltest doch Renko schnappen? Nur zu, er gehört dir.«
    »Wer hat Sina umgebracht?« fragte Karp.
    Coletti stand über Morgan gebeugt, den Lauf seiner Flinte auf dessen Kopf gerichtet, aber Karps Frage ließ ihn aufhorchen.
    »Renko hat uns erzählt, sie wäre ertrunken …«, sagte jetzt Ridley.
    »Wir wissen, daß Sina hier an Bord war«, fiel Arkadi ihm ins Wort. »Auf dem Fest haben Sie nur den Betrunkenen gespielt. Damit Sie früher als die anderen auf die Eagle zurückkehren und auf Sina warten konnten.«
    »Nein!« rief Ridley. »Mir war schlecht, das hab ich doch schon gesagt.«
    »Jedenfalls ist sie euch gefolgt«, beharrte Arkadi. »Wir haben Spuren gefunden, ihre Haare; ich kann beweisen, daß sie hier war.«
    »Okay, okay! Also, ich kam nichtsahnend zurück, und plötzlich stand sie vor mir.« Obwohl er Ridley, der sich dicht hinter ihm hielt, nicht sehen konnte, spürte Arkadi doch, wie die Waffe in der Hand des Ingenieurs zitterte. »Karp, so hör doch, Mann, das ganze Unternehmen hing davon ab, daß alle spurten und jeder auf seinem Platz blieb:
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher