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Das Chamäleon-Korps

Das Chamäleon-Korps

Titel: Das Chamäleon-Korps
Autoren: Ron Goulart
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Vorwort des Autors
     
    Leutnant Ben Jolson vom Chamäleonkorps hatte sein Debüt in der Septemberausgabe 1964 von The Magazine of Fantasy & Science Fiction. Diese Story, die Jolson, meinen sich etwas sträubenden Geheimagenten, einführte, trug den Titel Chameleon (Chamäleon). In der Folge schrieb ich weitere acht Stories beziehungsweise Novelletten und zwei Romane über ihn, bis ich ihn schließlich im Frühjahr 1976 aufgab. Irgendwann werde ich wohl mehr über seine weitere Karriere schreiben, vielleicht ihn sogar mit meinem galaktischen freischaffenden Autor Jose Silvera zusammenarbeiten lassen, aber im Moment habe ich noch keine konkreten Pläne in dieser Sache. Andere Pläne und Projekte führen immer wieder dazu, daß ich dies zur Seite schieben muß.
    In den folkloristischen Sagen und Märchen hat der Identitätswechsel seit jeher einen festen Platz: Aus einem Frosch wird ein Prinz, aus einem Menschen ein Wolf und so weiter. In den Chamäleonkorps-Geschichten erkundete ich ähnliches Territorium und ließ einige Spekulationen über die psychologischen Aspekte des Ichs und der Identität einfließen. Vor allem jedoch machte es mir Spaß, Spionage, Diplomatie und gegenwärtige internationale Probleme in die ferne Zukunft und auf ebenso ferne Planeten zu projizieren.
    Bevor ich alt genug war, um über Probleme zu spekulieren, die mit Identität oder Politik zu tun hatten, war ich ein begeisterter Leser von Comics. Ich wuchs in den dreißiger Jahren auf, als auch die Superhelden-Industrie in Amerika aufkeimte, und meine erste Berührung mit Science Fiction-Themen erfolgte auf den Farbseiten dieser bahnbrechenden Comic-Hefte. Zu meinen besonderen Favoriten in der Jugendzeit gehörte Jack Coles Flaue Man, ein rotgekleideter Held, der die Fähigkeit hatte, seine Gestalt zu verändern und sich in beinahe alles zu verwandeln. Dies schloß Möbelstücke, Lampen, Schlangen, kleine alte Damen, Gangster, eben einfach alles, ein. Beeinflußt haben mich auch die verschiedenen Meister der Verkleidungskunst, die damals Konjunktur in den Comics hatten, besonders ein Bursche namens Pete Stockbridge, den man auch „Das Chamäleon“ nannte. All diese verschiedenen Fäden – und dazu sicher noch einige, derer ich mir nicht bewußt bin – wurden in die Saga vom Chamäleonkorps hineingewoben.
     
    Ron Goulart

 
Chamäleon
(CHAMELEON)
     
    Die mittlere Reihe von Bildschirmen zeigte ein halbes Dutzend Bilder eines zerstörten Mannes. Der Chef hörte, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, damit auf, durch das Büro zu schreiten. „Den kann ich nicht abnehmen.“
    Azeler, der Juniorchef, zuckte zustimmend mit seinem kurzgeschorenen Schädel. „Zu erbärmlich, überhaupt nicht heldenhaft.“
    Ben Jolson, der sich in einen dunklen Flügelsessel hingeflegelt hatte, sagte:
    „Und deshalb haben Sie einen Mann vom Chamäleonkorps angefordert?“
    Chef Prittikin sagte: „Können Sie während eines Briefings nicht wenigstens aufrecht sitzen, Jolson? Schließlich sollte das Amt für Politische Spionage ja wohl jedem rechtschaffenen Mann Respekt abverlangen dürfen!“
    Azeler fügte hinzu: „Wir haben Ihre Akte durch den Personalcomputer des APS gejagt, Jolson. Sie sind bei weitem nicht der beste Mann im Chamäleonkorps.“
    Jolsons dunkle Augen verengten sich. „Die letzten fünf Monate bin ich im Töpferwarengroßhandel gewesen. Dann hat mich das CK gestern für einen Alarmauftrag zurückgerufen. Es steht Ihnen frei, einen anderen Mann anzufordern.“
    „Sie sind alles, was uns in diesen schweren Zeiten zur Verfügung steht“, sagte Chef Prittikin.
    „Wir hoffen“, sagte Azeler, „daß Ihre berüchtigte Labilität bei diesem Auftrag nicht wieder auftreten wird.“ Jolsons Körperhaltung machte Azeler nervös, und er zuckte andauernd geistesabwesend seine Schultern nach hinten. „Auf Peregrine haben Sie sich einmal geweigert, Ihre Rolle zu beenden. Wir haben sechs Männer vom Polizeikorps dazu gebraucht, um Sie wieder hierher nach Barnum zu bringen.“
    „Die Rolle hat mir gefallen“, sagte Jolson. „Herrscher von diesem Dschungelreich zu sein. Ich arbeite gerne im Freien.“
    „Später, auf Murdstone, haben Sie zwei Monate damit verbracht, ein Pavian zu sein“, fuhr der Juniorchef fort.
    „Das war ein Fehler, jetzt, da ich es im nachhinein betrachte.“
    „Dies“, sagte Chef Prittikin und deutete auf den hohlwangigen Mann auf den Schirmen, „ist im Augenblick unser Problem.“
    „Können Sie er werden?“
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