Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star
Autoren: Martin Cruz Smith
Vom Netzwerk:
Anstrengung standen sie schließlich vor einem leeren Laderaum.
    Arkadi machte kehrt und lief zurück zu den Backskisten unter dem Schutzdeck. Aus der ersten räumte er lose Taue und Zugwerk; aus der zweiten Gummioveralls, Handschuhe, zerrissene Regenmäntel, Südwester. Früher einmal mußte diese Kiste Drahtseile enthalten haben, denn am Boden fand er Rückstände von Schmieröl und Rost. Ein Sarg. Arkadi erkannte deutlich die Abdrücke von Sinas Knien und Unterarmen. An einer Seitenwand waren in einer Reihe sechs Muttern verschraubt, jeweils in einem Abstand von knapp fünf Zentimetern; daher stammten die blauen Flecke an Sinas Leiche.
    »Kommen Sie her und sehen Sie sich das an«, flüsterte Arkadi.
    Karp beugte sich über die Kiste, und als er sich wieder aufrichtete, hielt er ein Büschel Haare in der Hand, blond mit schwarzen Wurzeln. Als Arkadi danach greifen wollte, spürte er etwas Kaltes im Nacken.
    »Was macht ihr denn hier?« Ridley preßte die Mündung seines Schießeisens fester gegen Arkadis Hinterkopf. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Coletti mit einer doppelläufigen Schrotflinte aus dem Umkleideraum trat.
    »Ist das ein inoffizieller Besuch, meine Herren?« Morgan stand auf halber Treppe zum Ruderhaus.
    Mit den Parkas unter ihren Regenmänteln wirkten Ridley und Coletti wie aufgepumpt. Ihre linke Hand steckte in dicken Handschuhen, die rechte war bloß, um die Abzugsbügel besser fassen zu können. Ihre Lippen waren aufgesprungen, ihr Atem hatte sich wie ein Rauhreifring um ihren Mund gelegt, die richtigen Gesichter für ein in Weiß gehülltes Schiff. Morgan in seiner Daunenweste und mit der Kapitänsmütze auf dem Kopf sah dagegen aus, als käme er aus anderen Breiten. Bis auf seine Augen, die hatten kristallene Facetten wie aus Eis. Er hatte eine gedrungene Maschinenpistole geschultert, eine Militärwaffe, deren Ladestreifen länger war als der Lauf.
    »Sucht ihr am Ende unseren Wodka?« fragte Morgan. »Den werdet ihr da drin nicht finden.«
    »Die Polar Star schickt uns«, sagte Arkadi. »Kapitän Martschuk wäre sicher dankbar, wenn Sie ihm melden würden, daß wir wohlbehalten angekommen sind.«
    Morgan deutete auf den Mast. Trotz aller Anstrengungen seitens Ridleys war die Radarantenne immer noch festgeklemmt, und die Funkantennen waren nach wie vor verbogen und mit einer dicken Eisschicht ummantelt. »Unser Funksystem ist ausgefallen. Im übrigen seht ihr beiden mir nicht aus wie eine offizielle Rettungsmannschaft.«
    »Da frieren wir uns den Arsch ab, um diesen Pott zu enteisen, und auf einmal hören wir so ein komisches Rumoren an Deck. Und als wir nachschauen, ertappen wir euch zwei, wie ihr unsere Ausrüstung durchwühlt wie ein paar Strauchdiebe. Versteht ihr das, >Strauchdiebe    »Ich denke schon«, sagte Arkadi.
    »Ich habe das Gefühl«, ergriff Morgan wieder das Wort, »auf der Polar Star weiß kein Mensch was von eurer kleinen Expedition. Und wenn sie’s doch wissen, dann können sie nie und nimmer feststellen, ob ihr’s wirklich bis hierher geschafft habt, Sie und der Trawlmaster. Also, nun mal raus mit der Sprache: Was sucht ihr wirklich hier?«
    »Sina«, antwortete Arkadi.
    »Was denn, immer noch?« fragte der Kapitän.
    »Ganz recht, aber diesmal haben wir sie gefunden, das heißt, die einzigen Spuren, die von ihrem Aufenthalt hier an Bord übriggeblieben sind.«
    »Und die wären?«
    »Haare. Außerdem habe ich eine Probe von den Ölrückständen am Boden dieser Kiste entnommen, und ich denke, die werden mit den Flecken auf Sinas Hose übereinstimmen. Natürlich wäre es mir am liebsten, Sie würden mir die ganze Kiste überlassen.«
    »Natürlich«, sagte Morgan. »Nun, wir werden die Kiste sauber schrubben wie einen Kinderpopo, ehe ihr zwei wieder auf der Polar Star ankommt, und was die Haare angeht, Renko, die könnten Sie überall herhaben.«
    Alles, was Arkadi von Ridleys Waffe sehen konnte, war der Zylinder eines großkalibrigen Revolvers, eines typischen Cowboy-Colts. Mit der Waffe auf den Hinterkopf des Opfers zu zielen, das erinnerte an die Art und Weise, wie Mike und Sina umgekommen waren, aber wer immer die beiden auf dem Gewissen hatte, war ein Messerkünstler gewesen. Von Karp war keine Hilfe zu erwarten, der Trawlmaster stand da wie gelähmt, und seine Augen folgten verzweifelt der ihm unverständlichen Unterhaltung, der Greifhaken baumelte schlaff und vergessen zwischen seinen Fingern.
    »Überdenken Sie doch mal die Lage, Kapitän«, wandte Ridley sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher