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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare
Autoren: David Safier
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Shakespeare in der Vergangenheit geschehen ? Auch wenn ich ihn verlassen hatte und ich dadurch nicht auf dem Deck zerplatzte wie eine Ketchupflasche, war er doch weiter gestürzt. In den sicheren Tod. Ohne mich. Allein. Und das dürfte er doch wohl kaum überlebt haben, oder?
    Inständig hoffte ich, dass ein Wunder Shakespeare gerettet hätte, doch wie sollte ich das je herausfinden? Wir waren ja jetzt durch Jahrhunderte getrennt. Und wenn ich mich von Prospero zurückpendeln lassen würde, könnte ich vielleicht in einer Leiche aufwachen. Freude würde dies gewiss nicht bereiten. Wenn so etwas überhaupt ging.
    Mein Blick fiel auf den Laptop des Hypnotiseurs, und da kam mir ein Gedanke: Falls Shakespeare überlebt haben sollte, hatte er gewiss all die großartigen Stücke geschrieben, für die er bestimmt war. Ein profaner Blick auf Wikipedia würde reichen, um dies herauszufinden. Entweder würden alle Menschen ihn heutzutage kennen, oder sein Konkurrent Marlowe würde womöglich statt seiner als der größte Dramatiker der Geschichte gelten.
    Ich sprang von der Liege auf, ging zum Computer und öffnete den Internet-Browser. Auf Wikipedia stellte ich fest, dass Shakespeare alles getan hatte, was er sich an dem letzten gemeinsamen Tag mit mir erträumt hatte: Er hatte Hamlet zur Tragödie umgeschrieben, Romeo und Julia sterben lassen und das gegründet.
    Shakespeare hatte also den Fall aus der Takelage überlebt. Die Frage war nur: wie?
    Walsingham erfuhr von einem der Soldaten, dass einer der spanischen Spione überlebt hatte. Dieser wiederum gestand, dass Drake nicht nur kein Problem damit hatte, ein Schiff in die Luft zu jagen, auf dem sich sein Eheweib befand, sondern dass er auch der Meisterspion der Spanier sei. Daher befahl der Geheimdienstchef den Soldaten, ein Segeltuch aufzuspannen, auf dem ich landen konnte, und anschließend Drake zu seiner Mutter zu bringen... auf den Grund der Themse. Leider brach ich mir beim Aufprall in dem Tuch diverse Knochen, von denen ich nicht wusste, dass ich sie besaß, wie zum Beispiel das mir bis dato völlig unbekannte Darmbein.
     
    Erleichtert klappte ich das Notebook zu. Womöglich hätte ich mich sofort von Prospero zu William zurückschicken lassen können, um mit ihm zu leben. Doch dies wollte ich nicht mehr. Ich verstand nun, dass es bei meiner Reise in die Vergangenheit um etwas ganz anderes gegangen war, als im England William Shakespeares zu bleiben. Es ging darum, zu mir selbst zu finden. Und Shakespeare war ein Teil meiner selbst. Er war es schon immer gewesen. Und er würde es für immer sein.
     
    Dank meiner Begegnung mit ihm kannte ich jetzt meine Seele und ihr großes Potenzial. Endlich liebte ich sie und verachtete mich selbst nicht mehr. Ich empfand darüber eine große innere Freude und war zutiefst glücklich. Nicht auf eine euphorische, sondern auf eine zufriedene Weise. Es war eine wohlige Wärme, die mich durchströmte und erfüllte. Ich fühlte mich ... ja es gab kein besseres Wort dafür ... ich fühlte mich beseelt.
    Ich hoffte, dass Shakespeare durch mich ebenfalls seinen inneren Frieden gefunden haben mochte. Wenn ich mit meiner Seele im Reinen war, musste es ihm, dank der Tage mit mir, doch auch so ergangen sein, nicht wahr? Dass er seine Stücke hat schreiben können, sprach jedenfalls sehr dafür.
     
    Als ich auf den Planken des Schiffes lag, war ich zutiefst überrascht, wie glücklich man sein konnte mit einem gebrochenen Darmbein.
     
    «Shakespeare», unterbrach mich Prospero in meinen Gedanken, «Sie sind da doch nicht mehr in diesem Körper drin, oder? Ich meine, die verrückte Frau hat doch wohl nicht wieder geschummelt?»
    «Nein, das hat die verrückte Frau diesmal nicht», antwortete ich lieb. Beseelt zu sein, ließ einen auch netter zu anderen werden.
    «Dann», so lächelte der Hypnotiseur zufrieden, «hast du endlich begriffen, dass die wahre Liebe in dir selbst zu finden ist.»
    Das hatte ich. Und es war wunderbar. Das erste Mal in meinem Leben konnte ich mich selbst lieben.
     
    «Allerdings», so durchzuckte mich ein Gedanke, den ich auch sogleich gegenüber Prospero aussprach, «hat das mit dem «sich selbst liebem doch auch etwas ... wie soll ich sagen ... etwas arg Ichbezogenes.»
    «Ganz im Gegenteil», lächelte der Hypnotiseur.
    «Im Gegenteil?», fragte ich nach.
    «Erst wenn man sich selbst liebt, kann man mit vollem Herzen lieben: Freunde, das Leben, die Welt... oder gar einen Partner.»
    Er sprach aus, was
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