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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare
Autoren: David Safier
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können. Allerdings nagten Zweifel an mir. Sollte ich Shakespeare nicht doch noch meine Gefühle gestehen?
    Ich fragte mich selbst: Was willst du sein, Rosa? Ein Mann? Oder eine Maus, die mit ihren Geheimnissen ins Grab geht? Schon wieder so eine rhetorische Frage.
    «William, ich muss dir etwas sagen...», hob ich an.
    «Was genau ein Schwulenporno ist?»
    «Du musst mich nicht mehr zum Lachen bringen», erklärte ich sanft.
    «Lachend stirbt es sich aber besser.»
    «Das mag sein, aber ich habe dir etwas Wichtiges zu beichten.»
    «Dass du heimlich doch die männliche Lust ausprobiert hast?»,fragte ich etwas erschrocken. «Shakespeare!» «Verzeih mir.»
    Ich hatte keine Zeit mehr für Plänkelei. Auch wenn die Sekunden sich streckten, hatten wir doch schon den halben Weg bis zum Aufprall hinter uns. Ich musste es ihm sagen. Jetzt oder nie: «William?»
    «Rosa?»
    «Ich... ich...»Ich stockte. Der Mut schien mich genauso schnell zu verlassen, wie er gekommen war.
    «Du...?», fragte ich nach. In der irren, nun wieder aufflammenden Hoffnung, dass Rosa für mich Gefühle haben könnte.
    «Ich... ich... liebe dich.»
     
    Vor lauter Glück verstummte ich.
     
    Shakespeare antwortete nicht. O Gott, nun hatte ich Idiotin ihn zu allem Überfluss auch noch in die unangenehme Situation gebracht, mir kurz vor unserem Tod einen Korb geben zu müssen. Hatte ich ihm nicht schon genug angetan?
    Sicher suchte er nach den geeigneten Worten, er konnte ja in dieser Situation wohl kaum sagen: «Du, wir können ja Freunde bleiben.»
    Und falls doch, war es gewiss das Letzte, was ich als Letztes hören wollte.
    Aber egal, wie er es sagen würde, ich würde mit Liebeskummer sterben. War das nicht trotzdem besser, als ihm meine Gefühle nie gestanden zu haben?
    Ich wusste es nicht so genau.
     
    Wir waren nur wenige Meter vom Boden entfernt, in dessen Richtung ich gar nicht blicken mochte, und William sagte immer noch nichts. Würde er etwa bis zum Tode schweigen, um meine Gefühle zu schonen?
    Ich überlegte mir, ob ich ihn nicht bitten sollte, anstatt einer Antwort noch einen Scherz zu machen, zur Not auch über das Kleid der Königin, dann würde ich wenigstens lachend auf dem Deck aufklatschen. Mit Gelächter starb es sich garantiert besser als mit einem Korb. Ich wollte zu dieser Bitte ansetzen, da erklärte Shakespeare mit sanfter Stimme:
    «Ich liebe dich auch, Rosa. Aus tiefstem Herzen.»
     
    Es war unfassbar.
    Er liebte mich.
    Und ich liebte ihn auch.
    Es war der glücklichste Moment meiner beiden Leben.
     
    Wir segelten weiter zur Erde.
    Vereint.
    Zwei Seelen, die gemeinsam in den Tod gingen.
    Wie Romeo und Julia.
    Na ja, eigentlich war es in unserem Fall ja nur eine Seele.
     
    Das bedeutete ... ich liebte meine Seele.
     
    Das war verrückt.
    So völlig verrückt.
     
    Als ich hier ankam, konnte ich meine Seele kein bisschen ausstehen. Vor wenigen Tagen hatte ich es sogar noch regelrecht gehasst, ich zu sein. Weil ich so ein Klischee war. Ich war fest davon überzeugt, nichts wert zu sein. Und ohne eine blasse Ahnung von dem, was alles in mir steckt.
     
    Aber nun kannte ich meine Seele.
    Ich hatte erfahren, wozu sie imstande sein konnte.
    Zu welchen Gefühlen sie fähig war.
    Welche Kraft in ihr steckte.
    Welcher Mut.
    Welche Lebensfreude.
    Und welche Poesie.
     
    Ja, jetzt liebte ich tatsächlich meine Seele.
    Zutiefst.
    Ich war mit ihr im Reinen.
     
    Kaum hatte ich dies empfunden, verlor ich das Bewusstsein.
     

63
    Mit diesem wundervollen Gefühl des inneren Friedens wachte ich wieder auf. Ich brauchte eine ganze Weile, bis ich meine Augen öffnete. Und noch viel länger, bis ich mich orientieren konnte: War ich an Deck? Im Wasser? Oder wieder im ? Oder gar im Himmel? Mochte das sein? Hatte ich so einen Ort verdient? Jedenfalls fühlte ich mich himmlisch.
    Allerdings würde im Himmel wohl kaum ein Mann im Schlafanzug rumlaufen und sagen: «Augenblick, ich zieh mir nur mal eben wieder den Bademantel über.»
    Als meine Augen wieder fokussierten, erkannte ich, dass es sich bei dem Schlafanzugsmann um Prospero handelte. Also lag ich wieder auf seiner Liege im Zirkuswagen. Ich war zurückgekehrt in meine Zeit. Und das ohne Shakespeares Geist in meinem Körper. Diesmal hatte ich ja auch nicht die Regeln der Shinyen-Mönche gebrochen.
    Dass ich dennoch wieder hier war, ließ also nur einen Schluss zu: Ich hatte die wahre Liebe gefunden. Es war also wirklich die zu der eigenen Seele.
     
    Doch was war mit
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