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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare
Autoren: David Safier
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Tod richtig zelebrieren. Wir bauten uns mit Schwertern auf dem Hauptdeck auf. Die komplette Festgesellschaft stand um uns herum: die Königin, Walsingham, die Hofdamen und Edelmänner, und alle feixten sich eins, dass der Admiral gleich den Hochverräter töten würde. Selbst der Jongleur mit der abgefackelten Nase konnte schon wieder lachen.
    «Und diese Menschen haben wir gerettet», seufzte ich.
    «Ich bereue es auch schon ein bisschen», erwiderte ich. Die Königin machte sich indessen bereit, das Duell per Wink mit ihrem seidenen Taschentuch zu eröffnen. Aus dem Augenwinkel erkannte ich noch, wie ein Soldat auf Walsingham zuging und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Dann verschwand der Geheimdienstchef. Für ihn kam die Arbeit anscheinend vor den Tötungsvergnügen.
    «Es wäre ein wundervoller Zeitpunkt für einen Plan», befand ich.
    Auf der Suche nach einem solchen ratterte es in meinem Gehirn. Flucht war unmöglich: Soldaten bewachten die Reling, sodass ich nicht einfach ins Wasser springen konnte. Ohnehin hätte das nur dazu geführt, dass man mich mit Musketen erschießt und ich anschließend als Wasserleiche auf der Themse treibe. Die Königin schwenkte das Seidentuch, und Drake ging langsam mit erhobenem Schwert auf mich zu. Ich musste jetzt also um mein Leben kämpfen. Viel mehr noch: um meine Chance auf die Liebe.
    Drakes angeschlitzte Waden schmerzten ihn sichtlich, mit etwas Glück war er also nicht ganz so behände wie ich. Andererseits hatte ich nicht den blassesten Schimmer vom Schwertkampf. Höchstwahrscheinlich würde der Admiral mich auch besiegen, wenn er einen Rollator benötigte. Also musste ich die Voraussetzungen etwas gleicher gestalten. Nur wie? Vielleicht indem ich dafür sorgte, dass wir uns so bewegten, dass die Sonne ihn blendete? Ich blickte in den Himmel, aber es war doch etwas zu bewölkt. Dafür sah ich den Ausguck, und in meinem Kopf formierte sich ein verwegener, gar wahnsinniger Plan: Wenn ich dahinein kletterte, könnte ich Drake - der mir gewiss folgen würde - in dem Augenblick, in dem er den Ausguck entern wollte, mit einem Tritt in die Tiefe stürzen.
    Dafür müsste ich allerdings meine Skrupel, ihn zu töten, überwinden. Denn leider lief es wohl darauf hinaus, dass es in diesem Duell nur einen Überlebenden geben konnte: entweder Drake oder meine Liebe zu Shakespeare.
    Kaum hatte ich die Idee mit dem Ausguck bekommen, fragte ich mich allerdings, ob ich beim Klettern nach oben schneller als Drake sein mochte. Die Chancen standen gut, seine Waden waren verletzt, und ich befand mich in Shakespeares Körper, nicht in meinem, für den schon eine Viertelstunde Joggen eine Extremsportart darstellt.
    Just als der Admiral mir den ersten Hieb versetzen wollte, drehte ich mich also um, rannte los und sprang an das untere Seil der Takelage. Überraschend problemlos konnte ich mich dort hochziehen.
    Der verblüffte Drake folgte mir erst mal nicht. Er war unsicher, was er tun sollte. Während ich mich immer weiter in die Höhe schwang, murrte die Festgesellschaft, sie fühlte sich um ihr Vergnügen betrogen. Daher rief die Queen nach einer Weile: «Soldaten, eröffnet das Feuer!»
    Frauen in Führungspositionen können richtig unsympathisch sein.
    Die Soldaten legten ihre Musketen langsam an, und Shakespeare seufzte:
    «Als ich von einem Plan sprach, meinte ich einen guten.»
    «Ich bin gerade nicht so offen für Kritik», erwiderte ich genervt.
    «Durchaus nachvollziehbar», gestand ich ein.
    Die Soldaten wollten mich jetzt abschießen. Wieder traute ich mich nicht, in die Mündungen der Läufe zu blicken, und schloss die Augen. Gleich würden mich die Kugeln durchsieben, und wenn sie mich nicht sofort töteten, würde ich angeschossen in den Tod stürzen. Davon war ich fest überzeugt. Doch Gott sei Dank rief der Admiral: «Haltet ein. Dieser Mann ist mein!»
    Die Soldaten senkten die Musketen, und Drake schwang sich ebenfalls in die Seile. Doch aufgeschlitzte Waden hin oder her, der Kerl war ganz schön fix beim Klettern. In all den Jahren an Bord von Schiffen war er sicherlich schon Tausende Male einen Mast hochgejagt. Ich kletterte, so schnell ich konnte, die Takelage hoch, doch schon bald hatte er mich so gut wie eingeholt: In etwa zwanzig Meter Höhe war er nur noch drei, vier Meter von mir entfernt.
    Panisch überlegte ich mir, dass ich ihn doch schon jetzt in die Tiefe hinabtreten könnte, doch ich hatte nicht mal ansatzweise den sicheren Halt in den Seilen, wie ich ihn im
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