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Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten

Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten

Titel: Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten
Autoren: Dirk van den Boom
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1 Arbedian
     
    »Sergent, was muss ich mir darunter vorstellen?«
    Jonathan Haark versuchte gar nicht erst, besondere Strenge in seine Stimme zu legen. Zum einen nahm man ihm das angesichts des eher laxen Regiments auf der Admiral Malu nicht ab. Zum anderen war Sergent Chef van Vickers nicht der Typ, der auf »Strenge« im Tonfall von Offizieren reagierte. Er war der Unteroffizier mit dem höchsten Dienstgrad an Bord der Malu , oder das, was nach zwei Degradierungen davon übrig geblieben war. Er war Alkoholiker, betrieb im Maschinenraum eine illegale Destille und war der beste Techniker an Bord des heruntergekommenen Torpedobootes.
    Außerdem war die Frage im Grunde müßig.
    Es handelte sich um Rost.
    »Capitaine, es handelt sich um Rost«, war dann auch die zu erwartende Antwort. Van Vickers war ein extrem bulliger Mann, dessen breiten, behaarten Händen man die oft sehr kleinteilige und diffizile Arbeit gar nicht zutraute, zu der sie befähigt waren. Er hielt dem kommandierenden Offizier der Malu ein Stück Schweißmaterial hin.
    »Das ist der Bösewicht. Minderwertiges Schweißmaterial. Es war wohl besonders billig, und wir bekommen sowieso immer das Billigste. Ein wenig Feuchtigkeit, und es fängt an zu rosten. Ich habe es vorgestern noch an einer anderen Stelle bemerkt.«
    Haark nickte. An Bord der Malu gab es immer etwas zu schweißen. Das Raumschiff war vor 110 Jahren in Dienst gestellt und vor 35 Jahren zum letzten Mal generalüberholt worden. Vor gut einer Woche hatten sie auf Arbedian Terminal das offenbar mangelhafte Wartungsmaterial an Bord genommen – zusammen mit 200 Standardrationen, die sich zur Hälfte als verdorben herausgestellt hatten. Zum Glück hatte Haark hier im Outback seine Quellen, sonst wäre seine Mannschaft längst an Mangelerscheinungen zugrunde gegangen.
    »Schmeißen Sie das Zeugs weg!«, befahl Haark schließlich. »Haben wir noch was von dem alten?«
    Van Vickers nickte. »Ein wenig. Reicht noch ein bis zwei Wochen.«
    »Seien Sie sparsam damit. Morgen haben wir den ersten Run beendet und legen bei Arbedian an. Ein Frachter von Prosperity Lines wird ebenfalls erwartet. Sie können uns sicher was abgeben.«
    Van Vickers spuckte auf den Boden. Kein Wunder, dass sich hier Feuchtigkeit ansammelte.
    »Prosperity? Arrogante Affen.«
    »Aber im Outback zur Hilfestellung für Marineeinheiten verpflichtet«, ergänzte Haark mit warnendem Unterton. Er wusste, was man in der Mannschaft von den Betreibern der modernen und gut ausgestatteten Handelsflotten hielt, die in den Händen der großen Familien lagen und offenbar nie Mangel leiden mussten.
    Van Vickers erwiderte nichts mehr und zuckte mit den Achseln. Wenn der Capitaine ihm geeignetes Material besorgen konnte, wollte er im Grunde auch gar nicht wissen, woher es stammte.
    Haark wandte sich ab und setzte seinen Rundgang fort. Er verließ den Maschinenraum, ohne nach dem Chefingenieur, Aspirant Sarazon, zu fragen. Er wusste, dass Sarazon immer nur dann zum Dienst erschien, wenn es die Umstände erforderten. Die Definition dessen, was »erfordern« meinte, lag nicht im Einklang mit den Dienstvorschriften. Andererseits gab es niemanden, der so begnadet mit den 110 Jahre alten Triebwerken umgehen konnte, wie der junge Ingenieur. Routinearbeiten konnte man ruhigen Gewissens Männern wie van Vickers überlassen, für den der Maschinenraum ohnehin so etwas wie eine persönliche Kabine war. Die Destille produzierte Qualitätsschnaps, hatte aber die Angewohnheit, zur unpassenden Gelegenheit Feuer zu fangen. Sie bedurfte ständiger Aufsicht.
    Haark schritt den Außengang entlang, der den an den Spitzen oval zulaufenden Zylinder des Schiffes direkt an der Bordwand umrundete. Sein Weg führte ihn an einigen großen Bullaugen vorbei, die einen Blick in den Weltraum gestatteten. Es gab nicht viel zu sehen: Die Malu befand sich auf dem Rückweg nach Arbedian, einer relativ jungen Kolonialwelt, deren einzige Auszeichnung darin bestand, dass sie im Orbitalterminal zusätzlich eine kleine Flottendienststation unterhielt. Für die Verhältnisse des Systems herrschte reger Schiffsverkehr: Neben der Fregatte Napoleon , die sich derzeit in diesem Sektor befand und demnächst ihre Rundreise durch die äußeren Systeme fortsetzen würde, war das Große Torpedoboot Admiral Malu ständig hier stationiert. Piraten gab es hier keine, aber seit den vernichtenden Kolonialkriegen, deren letzter erst vor fünf Jahren ein Ende gefunden hatte, hielt die Admiralität
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