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Ploetzlich Liebe

Ploetzlich Liebe

Titel: Ploetzlich Liebe
Autoren: Abby McDonald
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weiß überhaupt nichts über dieses Thema, und während Lowell vielleicht nur nach unseren instinktiven Reaktionen gefragt hat, denke ich immer, Meinungen müssten von Recherche und Fakten gestützt werden. Denn wozu soll das sonst gut sein?
    »Und mir hat die Stelle wirklich gut gefallen, wo er gesteht, was er fühlt«, ergänzt ein Mädchen mit punkigem rotem Stoppelschnitt versonnen. »Das war so romantisch.«
    Ich kann nicht anders, ich muss einfach losprusten. Schnell versuche ich das hinter einem Husten zu verbergen, aber schon zu spät. Lowell schwenkt auf seinem Platz am Pult herum und fixiert mich.
    »Unsere Britin!«, ruft er aus. »Möchtest du etwas beitragen? «
    Ich zögere und sehe mich vorsichtig um.
    »Komm schon, keine Angst«, lockt Lowell. »Wir reißen dir nicht den Kopf ab.«
    »Nun«, sage ich und blättere zum Anfang meiner Notizen zurück. »Ich bin eigentlich nicht einverstanden.«
    »Mit wem?«
    »Mit allen.« Unbeholfen zucke ich die Schultern und spüre die neugierigen Blicke, die sich auf mich richten. »Ich empfinde das nicht so. Zum Beispiel die Szene, von der du gerade geredet hast.« Ich nicke der Rothaarigen zu. »Die ist überhaupt nicht glaubwürdig. Der Text ist viel zu geschliffen. «

    Lowell schmunzelt und der dunkelhaarige Junge dreht sich wieder zu mir um.
    »Aber du kapierst gar nicht, worum es geht«, widerspricht er und klopft unruhig mit seinem Stift gegen die Stuhlkante. »Wenn er Jahre damit gewartet hat, ihr zu sagen, was er fühlt, dann ist es ganz logisch, dass es geschliffen klingt, oder? Im Kopf probt er diese Sätze doch schon ewig.«
    »Nein, ich glaub nicht, dass es so funktioniert«, sage ich und mein Selbstvertrauen wird stärker. »Wenn das so ist, dann würde er nur mehr rumstottern – schließlich kommt ja nichts je so raus, wie wir es geplant haben, oder? Und wenn sie ihm denn wirklich so viel bedeutet, dann würde eine perfekt ablaufende Szene den emotionalen Eindruck nur verwässern. Von seiner Angst oder seiner Unruhe sehen wir nichts.«
    Mir fällt ein, wie ich benommen auf dem Bett gesessen habe, als Sebastian mir gesagt hat, dass es vorbei ist. Ich hatte ihm so viel sagen wollen, aber nicht ein Wort rauskriegen können. Ich hab einfach nur dagesessen und am ausgefransten Saum der Tagesdecke gepult, während meine Beziehung sich langsam auflöste.
    »Interessantes Argument.« Lowell nickt. »Also …«
    »Und diese Szene sollte auch nicht so weit am Anfang der Geschichte stehen«, fahre ich fort und versuche jeden Gedanken an Sebastian zu verbannen. »Das ist der emotionale Höhepunkt des ganzen Stücks, aber der kommt so früh, dass uns die Personen noch nicht wirklich etwas bedeuten. «
    »Aber das ist keine Liebesgeschichte.« Emoboy seufzt. »Die
Liebesgeschichte ist nicht das Hauptthema. Und ist es nicht besser, wenn das Drehbuch anders ist, ohne die Heulszenen am Ende wie bei all diesen Mädchenfilmen?«
    Nun hätte ich das so stehen lassen können, einfach den Kurs seinen Lauf nehmen lassen, nachdem ich meinen Beitrag geleistet hatte, aber in seinem Tonfall schwang genug Herablassung mit, um mich weiter anzustacheln.
    Abgesehen davon hab ich zufällig was für »Mädchenfilme« übrig.
    »Kann sein, aber das ist nicht innovativ … es ist schlecht«, rufe ich. »Die ganze Struktur ist Müll, es gibt keine Entwicklung, keine Spannung. Alles passiert einfach!«
    »Was weißt du denn von Struktur?«, fragt der Junge neben mir mit ruhiger Stimme.
    Ich erinnere mich an meinen Laienstatus und werde rot. »Ich hab zwar nicht Film studiert, aber narrative Strukturen sind universell. Damit will ich sagen, das beruht alles auf den Griechen und der klassischen Literatur.« Ich werfe Lowell einen Blick zu, damit er das bestätigt. Er neigt den Kopf ein wenig, was ein Nicken sein könnte oder auch nicht, und ich mache weiter. »Es muss etwas geben, das die Charaktere wollen, und Hindernisse in ihrem Weg, ehe sie es bekommen. In diesem Skript ist das alles vorhanden, aber in einem derartigen Durcheinander, dass es keinen echten Grund dafür gibt, sich für das zu interessieren, was passiert.« Stumm bedanke ich mich für all die Jahre, in denen ich den öden altsprachlichen Unterricht in der Schule über mich ergehen lassen musste. Lateinische Verben auswendig zu lernen, war die reine Folter gewesen, aber die großen Mythen und
Legenden habe ich immer geliebt. Die Odyssee, Herkules, Theseus und der Minotaurus. In diesen Geschichten herrscht eine seltsame
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