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Ploetzlich Liebe

Ploetzlich Liebe

Titel: Ploetzlich Liebe
Autoren: Abby McDonald
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Diskussionsgruppen in der Woche. Vorlesungen scheinen freiwillig zu sein, ich muss also nur Bücher lesen. Tonnenweise.
    Ich kicke meine feuchten Schuhe weg, falle auf mein Bett und sehe mich im Zimmer um, das jetzt viel wohnlicher ist, nachdem ich angefangen habe Fotos und ausgerissene Seiten aus Cosmo und Elle aufzuhängen. Es ist erst fünf und ich werde unruhig. Nach so viel Zeit in der Bibliothek möchte ich ausgehen, irgendwas tun, Party machen. Aber wie? In Kalifornien hatte ich jede Menge zu tun und einen Haufen Freunde, mit denen ich was unternehmen konnte, aber hier … ich seufze. Hier bewege ich mich gefährlich nah an der Grenze zur Aussätzigenkolonie.
    Nicht, dass ich es nicht versucht hätte. Neulich Abend bin ich in die Collegebar runtergegangen, weil ich Leute kennenlernen wollte. Aber nachdem ich mich am Rand von
Gruppen herumgedrückt hatte und von all den adretten Typen ignoriert worden war, hab ich aufgegeben. Die anderen Amerikaner und internationalen Studenten müssen dasselbe Problem haben, denn die scheinen sich alle nur in ihren eigenen Cliquen zu bewegen. Sie sehen zwar aus wie die totalen Streber, aber ich kann nicht riskieren, dass die mich wegen der Tubgate-Affäre erkennen.
    Damit wäre ich wieder da, wo ich hergekommen bin: allein in meinem Wohnheimzimmer mit nichts anderem als der letzten Staffel von Heroes auf DVD als Gesellschaft.
    Hätte ich doch vorher gewusst, dass es so kommen würde. Vielleicht hätte ich dann gründlicher nachgedacht, ehe ich mich an jenem Abend in meinen bonbonfarbenen Bikini warf und bei Tyler vorbeischaute … Okay, wem will ich hier was vormachen? Ich hab überhaupt nicht nachgedacht. Natürlich nicht. Ist doch klar, schließlich bleibt man nicht jedes Mal, wenn man was mit einem heißen Typen anfängt, plötzlich stehen und denkt: »Hm, will ich wirklich, dass ein Video hiervon ins Internet gestellt wird? Denn wenn man nicht ausgerechnet ein Exhibitionist ist, wird die Antwort darauf immer nein sein. Nein, ich will nicht als die Schlampe in die Geschichte eingehen, die Amerikas Traumpaar (im Ernst, letztes Jahr haben sie die Umfrage der Seventeen-Leser gewonnen) auseinandergebracht hat. Nein, ich will nicht wochenlang meinen eigenen gebräunten und nicht besonders straffen Körper auf Skandalblättern im Supermarkt anstarren müssen. Nein, ich will nicht, dass eine halbe Stunde alkoholisierter Übermut das Einzige ist, das meine ganze neunzehnjährige Existenz ausmacht.

    Seufzend nehme ich meine Kosmetiktasche und mache mich auf den Weg zu den Duschräumen. Seit Wochen blas ich wegen der Sache schon Trübsal, aber sogar ich muss zugeben, dass es um Längen besser ist, allein und anonym in England zu sitzen, als in L.A. als stadtbekannte Witzfigur rumzulaufen. Während ich mir mein Haar unter der lauwarm tröpfelnden Dusche einschäume, beschließe ich, positiver zu sein. Ich hab es geschafft, aus den Staaten rauszukommen, nun muss ich nur noch irgendeine Form von Geselligkeit finden. Da werde ich mich eben etwas anstrengen müssen, was?
    In mein riesiges Frotteebadetuch gewickelt gehe ich zurück in den Gemeinschaftswaschraum. Ich hatte gedacht, hier wäre niemand, aber nachdem jetzt die Dusche abgedreht ist, kann ich aus einer der Kabinen ein unterdrücktes Schluchzen hören. Ich bleibe stehen.
    »He, geht’s dir nicht gut?«, frage ich.
    Ein Schniefen, und dann dringt eine dünne Stimme heraus.
    »Mir geht’s gut.«
    »Hört sich nicht so an«, bemerke ich. »Kann ich was für dich tun?«
    »Nein.« Wieder Schniefen. »Ich wünschte, das könntest du, aber …« Sie fängt wieder an zu schluchzen.
    Vorsichtig schiebe ich die Tür der Kabine auf, dort finde ich ein Mädchen, das sich mit an die Brust gezogenen Beinen auf dem Klodeckel zusammenkauert. Sie trägt einen gestreiften Pyjama und das strähnige blonde Haar hängt ihr ins Gesicht.
    »Wirklich, alles in Ordnung«, behauptet sie und versucht
sich ihr Gesicht mit dem Ärmel abzuwischen. »Ich hab nur …«
    »Keine Sorge«, sage ich leise, weil ich ihr keine Angst machen will. Sie sieht jünger aus als ein Erstsemester, aber vielleicht liegt das auch nur an dem gequälten Ausdruck in ihrem blassen Gesicht. »Hör mal, mein Zimmer liegt gleich am anderen Ende des Flurs. Ich könnte dir einen Kaffee machen. Oder Tee, wenn du willst«, ergänze ich noch, denn mir fällt wieder ein, wie die Briten sind mit ihrem Tee.
    »Danke, aber …« Sie schüttelt den Kopf und zieht sich noch eine Handvoll
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