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KNOI (German Edition)

KNOI (German Edition)

Titel: KNOI (German Edition)
Autoren: David Schalko
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EINS
    - Ich will ein Kind, sagte Jennifer, und Jakob sah sie an, sah sie zu lange an, musste den Wagen verreißen, um den beiden Aufblendlichtern auszuweichen.
    - Ein Kind, so plötzlich, warum? fragte Jakob, der jetzt beide Hände am Lenkrad behielt.
    - Ich will ein Kind, sagte sie.
    - Um mich zum Bleiben zu zwingen?
    - Du weißt, du kannst jederzeit gehen, sagte sie, und er sagte, dass es doch immer so sei, dass sie einen Streit vom Zaun breche, wenn es um Lutz und Rita gehe, warum sie so ein Problem damit habe, dass er mit seiner Ex-Verlobten befreundet sei. Er sei mit all seinen ehemaligen Geliebten zumindest in gutem Einverständnis verblieben. Worauf Jennifer seufzend ausatmete, schließlich trenne man sich, um den anderen nicht mehr ertragen zu müssen, was habe es dann für einen Sinn, befreundet zu bleiben, es sei denn, es sei nie etwas anderes als Freundschaft gewesen, wenn es Liebe gewesen wäre, so Jennifer, wäre die Trennung nur als völlige Trennung erträglich, gut, wenn man ein Kind habe, dann sei das ein Grund, befreundet zu bleiben, ein Kind, das man einmal zur Welt gebracht habe, bekomme man nicht mehr aus dem gemeinsamen Leben, selbst wenn es sterbe, vor allem nicht, wenn es sterbe und wenn es so gestört sei wie Max, Max sei nicht gestört, unterbrach sie Jakob, Max sei völlig gestört, sagte Jennifer, ein Kind, das jeden Tag ein anderes Tier sein wolle, das könne man getrost als gestört bezeichnen. Das letzte Mal habe er nicht schlafen wollen, weil er behauptete, ein Fuchs zu sein. Füchse seien eben nachtaktiv, sagte Jakob, dessen Feststellungen, dass etwas eben so sei, wenn es so sei, Jennifer von jeher rasend machten.
    - Diese Frau nimmt dich nicht wahr, Jakob.
    Das letzte Mal habe sie Koriander in den Salat getan, ob er sich erinnere, fragte Jennifer, und Jakob nickte, diese Frau wisse doch, dass er Koriander nicht ausstehen könne, so wie Butterfisch. Es sei ganz leicht, Sushi selbst zu machen, ja, den Satz habe sie gesagt, und dann habe sie ausschließlich Butterfisch serviert. Das sehe gar nicht nach Ikea aus, ja, solche Sätze sage sie, und dann spürte Jakob plötzlich Jennifers Hand am Steuer. Sie ruhte neben der seinen und machte jede Lenkbewegung mit.
    - Gemeinsam, sagte Jennifer, gemeinsam, atmete sie in sein Ohr.
    Bis zum Hals konnte Jakob seinen Herzschlag spüren.
    - Wir lenken gemeinsam. Nein, rechts, sagte sie.
    - Aber wir müssen nach links, sagte er.
    Sie lenkte nach rechts, und Jakob gab nach, ohne die Hand vom Lenkrad zu nehmen.
    - Wohin?
    - Jetzt gerade.
    - Aber wir sind schon falsch abgebogen.
    - Wir müssen da nicht hin, flüsterte sie.
    - Ich will aber.
    - Wir könnten jetzt auch dieses Kind machen.
    - Ohne Bunga-Bunga-Creme? scherzte Jakob, aber Jennifer blieb ernst.
    Im Autositz wirkte sie größer als sonst.
    - Fahr auf die Autobahn.
    Jakob gehorchte. Jakob gehorchte immer. Seine innere Stimme sagte das, was Jennifer sagte, und wenn sie nicht sagte, was Jennifer sagte, dann sagte sie das, was Jennifer hören wollte. Seine innere Stimme blieb immer auf gleicher Lautstärke. Kein Wunder, dass sich die meisten in den Kopf schossen und nicht in die Brust oder in den Bauch, dachte Jakob.
    - Fahr schneller.
    Jakob trat aufs Gas. Jennifer schob seine Hand vom Steuer und legte sie ihm in den Schoß. Sie hielt das Lenkrad mit zwei Fingern. Wie einen Penis. Sie wechselte die Spur, ohne in den Seitenspiegel zu sehen.
    - Vertraust du mir, Jakob?
    Nein, er vertraute ihr nicht. Aber er wollte nicht gehen, er wollte zum Bleiben gezwungen werden. Sie mussten dorthin.
    - Wenn du mir vertraust, Jakob, dann mach jetzt die Augen zu.
    Rita hatte Jakob erzählt, dass Lutz nur mit ihr schlief, wenn sie schlief. Es gefiel ihr, dass er wach war, wenn sie schlief. Aber nicht, dass er in sie eindrang. Sie sprachen über solche Dinge. Sie sprachen über alles. Sie waren einander jetzt näher als in der Zeit, als sie zusammen waren.
    Jennifer drückte seinen Schenkel. Er schloss die Augen und stieg aufs Gas.
    - Fahr schneller. Noch schneller. Noch schneller, Jakob.
    Durch die geschlossenen Lider blitzten die Lichter des Gegenverkehrs. Aus dem Radio wehte Tschaikowsky. Ihre Fingernägel bohrten sich noch tiefer in seinen Oberschenkel. Zwei Finger, die seinen Penis umfassten. Vollgas. Autopilot. Keine Hand am Steuer.
    - Fuck! Jennifer! Fuck!
    Jakob riss das Steuer an sich.
    Er hielt auf dem Pannenstreifen. Tschaikowsky und die Warnblinkanlage. Zwei Fernlichter rasten vorbei. Ausgerechnet heute
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