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Plötzlich durch Gewalt

Plötzlich durch Gewalt

Titel: Plötzlich durch Gewalt
Autoren: Carter Brown
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Brustumfang, ehe Sie das von sich behaupten können«, berichtigte ich sie.
    Ich sah mich ein letztes Mal in
dem Apartment um, während ich ihr zur Tür folgte. In zehn Sekunden würde nur
noch ein verwehter Hauch Parfüm verraten, daß Suzy Lakeman einmal hier gewesen war.
    Einen Augenblick lang fragte
ich mich, wie viele Leute erforderlich gewesen waren, um den Teppich so zu ramponieren;
wie viele Menschen sich in die Sessel hatten fallen lassen, bis die Federn so
zusammengesessen waren. Dann kam mir die Einsicht: wenn ich mich diesen
originellen Gedankengängen weiter hingab, würde ich noch damit enden, einversige Gedichte für hochgestochene Zeitschriften zu
schreiben — solche Verse, wie sie immer bei den Whiskyinseraten stehen.
    Die Farbe des Teppichs war ein
tristes Schmutziggrau. Aber jetzt war da in der Ecke ein sechs Zoll großer
Kreis, der seine Farbe geändert hatte und hellrot leuchtete. Ich blinzelte und
sah noch einmal hin.
    »Moment mal«, sagte ich zu Suzy
und ließ den Koffer auf den Boden fallen.
    »Was gibt’s denn noch ?« fragte sie ungeduldig.
    »Sind Sie wirklich ganz sicher,
daß Sie in dem zweiten Schrank nichts vergessen haben ?« fragte ich.
    »Ich sagte Ihnen doch, daß ich
ihn nicht benutzt habe .«
    Ich ging durch das Zimmer zu
der kleinen, roten Pfütze unmittelbar unter der Schranktür. Einen Augenblick
lang blieb ich stehen, dann bückte ich mich, um sie genauer zu betrachten. Es
war tatsächlich Blut. Frisches, sauberes, rotes Blut.
    Mit einem heftigen Ruck riß ich
die Schranktür auf, und für den Bruchteil einer Sekunde starrte ich in glasige
Augen, in denen Panik Stand; in Augen, die zu weit aufgerissen waren und für
immer so bleiben würden.
    Dann kippte die Leiche nach
vorn aus dem Schrank heraus und fiel auf mich.
     
     
     

2
     
    Ich taumelte unter dem Gewicht
zurück, stieß die Leiche instinktiv von mir weg. Sie fiel zu Boden, rollte über
den Teppich und blieb mit dem Gesicht nach oben liegen. Die glasigen Augen
starrten mich an. Irgendwo hinter mir gab Suzy Lakeman einen schrillen, klagenden Ton von sich, der plötzlich abbrach und auf den ein
dumpfer Aufschlag folgte. Ich drehte mich nach ihr um und sah, daß sie
ohnmächtig geworden und in sich zusammengesunken war.
    Damit lautete die
Vierundsechzigtausend=Dollar=Frage für mich: War sie beim Anblick der Leiche
ohnmächtig geworden? Oder deshalb, weil ich sie gefunden hatte? Der Tote war
ein kräftig gebauter Bursche um die Ende Zwanzig. Für einen Mann des brutalen
Typs sah er ganz gut aus. Kein Gehirn, vermutete ich, aber Mann! Und diese
Muskeln!
    Jemand hatte ihm auf kurze
Entfernung zwei Schüsse in die Brust gejagt, sein Herz war nicht nur
stehengeblieben, sondern von den Kugeln regelrecht zerfetzt worden.
    Suzy lag auf der Seite, die
Augen fest geschlossen, aber sie atmete normal. Ich war sicher, daß sie den
Schock überleben würde; wahrscheinlich würde sie sogar ohne Nachhilfe
meinerseits wieder zu sich kommen.
    Ich kniete neben dem Toten nieder
und durchsuchte systematisch die Taschen seines Anzugs. Es gelang mir, die
Brieftasche aus seiner Jacke zu ziehen, ohne mir die Hände blutig zu machen.
Ich richtete mich wieder auf und schob die Brieftasche in meine Hüfttasche.
Dann zündete ich mir eine Zigarette an, die nach Kamelmist mit Roßhaar schmeckte. Suzy gab einen leisen gurgelnden Laut
von sich, als sie sich aufrichtete. Ihre Lider flatterten. »Ist das — ist das
wahr ?« flüsterte sie und deutete auf den Toten.
    »Waren Sie wirklich überrascht ?« fragte ich sanft.
    »Es war ein entsetzlicher
Schock .« Mühsam erhob sie sich auf ihre wackligen
Beine. »Sie glauben doch nicht etwa, ich hätte gewußt, daß er da drin war ?«
    »Dieser Verdacht ist
berechtigt«, bestätigte ich.
    »Sie halten mich für so
kaltblütig, daß ich hätte baden können, obwohl ich wußte, er sei dort im
Schrank gewesen ?« Für einen Augenblick schloß sie fest
die Augen. »Wofür halten Sie mich eigentlich ?«
    »Ich bin mir selbst noch nicht
ganz klar darüber«, sagte ich. »Wenn Sie wirklich nicht wußten, daß er da drin
war, haben Sie mein ganzes Mitgefühl; und das ist ungefähr drei Groschen wert.
Er ist der frühere Chauffeur Ihres Vaters, Joey Benard, stimmt’s ?«
    »Es ist Joey«, bestätigte sie
benommen. »Ich weiß nicht, wer ihn umgebracht hat, es sei denn...«
    »Was?«
    »Sie würden es mir ja doch
nicht glauben .« Ihre Lippen zuckten heftig.
»Schließlich arbeiten Sie für meinen Vater
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