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Plasma

Plasma

Titel: Plasma
Autoren: Jeff Carlson
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unsichtbaren Nanoflut aussetzen. Ohne Wirtskörper waren die winzigen Maschinen inaktiv. Wenn sie jedoch in die Lungen, Augen oder durch irgendwelche mikroskopisch kleinen Kratzer in die Haut gelangten, dann vermehrten sie sich, breiteten sich aus und vermehrten sich weiter, lösten das Weichteilgewebe, Muskeln und Knochen auf, um weitere Nanos zu bilden.
    Forscher in aller Welt hatten im vergangenen Jahr riesige Fortschritte gemacht, insbesondere in den unter einer Führung vereinten Labors von Leadville, wo sie mit den Pest-Nanos selbst experimentierten und von ihnen lernten. Archos war vom Aufbau her ein vielseitig verwendbarer Prototyp, den man ursprünglich entwickelt hatte, um Krebszellen gezielt anzusteuern und zu vernichten. Das Ding hätte ein Geschenk des Himmels sein können. Stattdessen hatte es bis auf einen Mann das gesamte Entwicklungsteam umgebracht, als es aus dem Versuchslabor in die San Francisco Bay Area entkam – eine kleine Tragödie, verglichen mit der globalen Vernichtung. Niemand wusste, wo sich das Labor befand. Als sie starben, nahmen sie ihre Geheimnisse mit ins Grab. Den einzigen Mitwisser, der entkommen war, hatten sie erst vor neunundzwanzig Tagen aufgespürt, als er in Begleitung eines Bergwacht-Mannes namens Cam Najarro einen gewagten Fluchtversuch von einem einsamen Felsplateau zu einem anderen Gipfel unternahm.
    Er war inzwischen auch tot. Aber zuvor hatte er einen Plan entwickelt, wie man der Seuche Einhalt gebieten könnte.
    Seine Ideen bestärkten Ruth und andere Spitzenwissenschaftler in dem Gedanken, einen Anti-Nano zusammenzubauen, der den Körper ähnlich wie ein Impfstoff von innen schützen sollte – und der träge amerikanische Bürgerkrieg erhielt plötzlich jede Menge Brisanz. Die Regierung von Leadville vertrat die Ansicht, dass die Spannungen zu weit gediehen seien, als dass man die neue Technologie einfach mit allen Überlebenden teilen und auf einen Weltfrieden hoffen könne. Jenseits des großen Teichs verzehrten ausgehungerte Soldaten die Toten des Gegners und hielten Gefangene wie Herdentiere. Selbst im eigenen Land gab es Gerüchte von Gräueltaten.
    Leadville sah eine Möglichkeit, den einzigen Weg von den Bergen herunter zu kontrollieren. Wenn es den Impfstoff in die Hände bekam, konnte es sich die Loyalität der übrigen Länder sichern, neue Staaten errichten und so die Weltherrschaft an sich reißen. Feinde und unerwünschte Gruppen würden nach und nach Hungersnot und Krieg zum Opfer fallen, es sei denn, sie erklärten sich bereit, als Sklaven in die Ebenen zu kommen. Nach all den Entbehrungen war die Verlockung einfach zu groß.
    Aber nicht alle teilten diese Machtgier. Der Stoßtrupp, der von Colorado aus aufbrach, um das Archos-Labor zu plündern, war von Maulwürfen unterwandert. Einige Männer und Frauen in Schlüsselpositionen, die mit dem Plan von Leadville nicht einverstanden waren, opferten ihr eigenes Wohl und ihre Sicherheit, um die richtigen Leute an Bord der Militärmaschine zu schmuggeln. Alle drei Nanotech-Experten, alle drei Piloten und sieben der zwölf Soldaten, die in Sacramento landeten, waren in der Hoffnung mitgekommen, die neue Technologie nach Kanada auszufliegen. Sie hatten die Absicht, den Impfstoff frei zu verteilen und so den Machtkämpfen ein Ende zu bereiten. Aber das Unternehmen verlief nicht ganz nach Plan. Zwar siegten die Rebellen, aber mehr als die Hälfte von ihnen fanden den Tod oder gerieten in Gefangenschaft. Der Rest erhielt keine Möglichkeit, die Stadt zu verlassen.
    Am Ende beschlossen sie, ihre Druckanzüge abzustreifen und sich auf die Wirkung des Impf-Nanos – eine in aller Hast zusammengebaute Testversion – zu verlassen. Wie sich zeigte, bot er aber keinen absoluten Schutz. In besonders verseuchten Gebieten erwies sich der Impfstoff zwar als zu schwach, was sie für Neubefall und beträchtliche Schmerzen anfällig machte. Aber sie konnten bleiben. Sie konnten sich verstecken. Drei Tage zuvor hatten sich Ruth, Cam und Staff Sergeant Newcombe zu Fuß auf den Weg durch die endlose Verwüstung gemacht, um den Impf-Nano überall dort zu verteilen, wo es noch Überlebende gab. Sie glaubten sich fast am Ziel. Aber sie waren immer noch neunzig Meilen von den bewohnten Höhenlagen entfernt.
    Das Knattern der Helikopter wurde lauter, kippte ihnen entgegen, und Ruth starrte einen Augenblick lang in den klaren Maihimmel hinauf, ehe sie sich abwandte und die Augen schloss, schwindlig vor Angst und Adrenalin. Die
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