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Plasma

Plasma

Titel: Plasma
Autoren: Jeff Carlson
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die Gefühlsregung mit ihrem breiten Lachen, doch er wusste, dass er wieder einmal jemandem wehgetan hatte. Im Augenblick aber war ihm das gleichgültig. Er hob das Fernglas an die Augen und versuchte die Stelle zu finden, auf die der Mann gedeutet hatte.
    Etwa eine Meile höher, oberhalb der Schluchten, waren drei uniformierte Gestalten stehen geblieben und richteten ebenfalls Feldstecher auf Allisons Wachtposten. Das war nichts Ungewöhnliches. Sowohl die Flüchtlinge als auch die Deserteure reagierten mit Unbehagen auf die Beobachter. Die beiden Männer und die Frau waren verdreckt und abgerissen und unterschieden sich kaum von den Leuten, die zu Tal strömten. Aber sie hatten Cam erkannt. Alle drei schwenkten die Arme über den Köpfen. Es waren Ruth, Estey und Goodrich.
    »Ha!« Cam machte eine aufgeregte Hier-entlang- Geste. Dann wandte er sich zum Gehen.
    Allison folgte ihm nicht, sondern tauschte mit den Wachtposten zu beiden Seiten weitere Signale aus. Cam hätte warten sollen. Stattdessen kletterte er über einen Steilhang in die Tiefe.
    Er musste die näher gelegene Schlucht durchqueren, in der sich Scharen von Flüchtlingen drängten. Also schob er sich mit erhobener Waffe in das Gewühl. Niemand versuchte ihn aufzuhalten. Im Gegenteil, vier Frauen verließen in Panik ihre Decken und Rucksäcke und blieben in sicherer Entfernung stehen. Cam dachte kurz daran, sich zu entschuldigen, aber es war besser, wenn diese Leute Angst hatten. Allison und ihre Wachtposten würden die Schlucht nach ihm durchqueren, und niemand sollte sie daran hindern. Es war schon ein seltsames Gefühl. Alle hier an diesem Berghang befanden sich am Leben und in Freiheit, weil eine einzige Frau eine übermenschliche Stärke aufgebracht hatte. Sie hätten feiern sollen. Ruth, dachte er, aber etwas hinderte ihn daran, ihren Namen laut auszusprechen. »Estey!«, rief er stattdessen.
    Die drei kamen gemeinsam auf ihn zu, und zwar in einer Art und Weise, die Cam an ihn selbst und Newcombe erinnerte. Er überlegte flüchtig, ob Newcombe noch lebte und ob er weiterhin auf ihrer Seite stand oder ob er sich wie Deborah für eine andere Loyalität entschieden hatte. Die Tage, die sie zusammen verbracht hatten, schienen weit entfernt zu sein, und Cam bewunderte die Einigkeit, die Goodrich, Ruth und Estey ausstrahlten.
    Er war nicht sicher gewesen, ob die Gefährten Ruth unterstützten. Sie hatte ihre Anrufe jeweils auf wenige Sekunden beschränkt. Wo war Foshtomi? Tot? Die beiden anderen Ranger schienen sich während der Pattsituation im Bunker voll und ganz auf Ruths Seite geschlagen zu haben, und sie waren bestimmt eine willkommene Verstärkung für Allisons Gruppe. Vielleicht konnten sie für Allison den Kontakt zu anderen Deserteuren herstellen, wenn sie Unterstützung benötigte, um für die Flüchtlingsmassen eine neue Zukunft zu schaffen. Doch als sich Cam dem Trio näherte, vergaß er alles außer Ruth.
    Sie lief trotz ihrer offensichtlichen Erschöpfung lachend auf ihn zu. Sie war erschreckend blass, aber in ihren braunen Augen leuchteten Freude und Hoffnung. Cam warf sich in ihre ausgebreiteten Arme und umklammerte sie mit jedem Atemzug fester.
    »Du hast es geschafft«, wisperte er in ihre widerspenstigen Locken hinein. »Du hast es geschafft. Du hast es geschafft.«
    »Cam«, sagte sie nur. »Cam.« Dann löste sie sich von ihm.
    Allison trat zu ihnen, begleitet von sechs Männern und Frauen, die mit Jagdflinten und Gewehren bewaffnet waren. Eine weitere Gruppe bildete hinten am Berg eine Verteidigungslinie. »Wir gehören zu ihm«, erklärte Allison Estey und Goodrich, und Cam nickte rasch. »Das ist okay. Sie sind zu unserem Schutz hier.«
    »Klasse«, sagte Estey. »Danke für die Hilfe!«
    Die beiden Frauen musterten einander eindringlich. Cam hatte einen Arm um Ruths Schultern gelegt. Nun trat er einen Schritt zur Seite und ging auf Allison zu. Ruth war zwar müde und angespannt, aber er sah die Enttäuschung in ihren Augen, bevor sie den Blick senkte, genau wie es Allison getan hatte.
    »Ja«, sagte Ruth zu der Jüngeren. »Danke für die Hilfe.«
    Cam hatte wieder mit Allison geschlafen. Zum einen war sie stark, clever und schön. Zum anderen hätte es sein können, dass Grand Lake in einem nuklearen Feuerball aufging oder Ruth noch zu einem Opfer jenes Krieges wurde, dem sie selber gerade erst ein Ende bereitet hatte. Dazu kam auch noch, dass sie Allison brauchten.
    »Wir werden beobachtet«, meldete einer von Allisons
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