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Plasma

Plasma

Titel: Plasma
Autoren: Jeff Carlson
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Gipfeln verschwunden, und an den Osthängen der Rockies verwandelten ihre flachen Strahlen alles in Schatten oder Funken.
    Cam stand reglos auf einer kurzen Klippe und blinzelte in das Licht. »So viele Soldaten«, sagte er.
    Allison lachte. »Das ist gut.«
    Er schüttelte den Kopf. In Grand Lake schienen immer mehr Truppenteile zu desertieren, und ihre Uniformen vergrößerten das Durcheinander noch. Viele hatten ihre Helme und Feldmützen abgenommen. Doch obwohl sie ganz gewöhnliche Jacken oder Hüte trugen, blieben sie meist zusammen und bildeten trotz ihres Bemühens, sich unauffällig unter das Volk zu mischen, Konzentrationen von Braun, Blau oder Grün. Die anderen Flüchtlinge versuchten sich von ihnen fernzuhalten, was praktisch unmöglich war, und so entstanden in dem langen Zug immer wieder Blockaden und Staus.
    Bis jetzt war es, soweit Cam erkennen konnte, noch nicht zu Handgreiflichkeiten gekommen. Alle hatten genug mit sich selbst und ihrem Gepäck zu tun. Aber er hatte mehr als eine Kollision beobachtet. Die nähere der beiden Schluchten wies eine trügerische Stufe auf. Immer wieder rutschten dort Leute aus und stürzten mitten ins Gewühl. Vermutlich war es nur eine Frage der Zeit, bis jemand die Nerven verlor und gewalttätig wurde. Cam fand es bedenklich, dass viele der Militärs immer noch in Trupps unterwegs waren. Vor allem suchte er nach Einzelgängern und kleinen Gruppen, die sich durch das rauere Gelände außerhalb der Hohlwege schlugen. Nicht alle von ihnen strebten talwärts. Hier und da kämpften sich winzige Silhouetten gegen den allgemeinen Strom nach oben. Warum? Allison glaubte, dass es in erster Linie diejenigen waren, die aufgaben. Andere suchten wahrscheinlich nach windgeschützten Plätzen für die Nacht. Aber sie waren sich einig, dass manche davon zu den Jägern gehörten, die Grand Lake ausgeschickt hatte, um sich an Ruths Fersen zu heften.
    Cam zerrte unruhig am Schulterriemen seines Karabiners. Dann richtete er seinen Feldstecher auf einen von Allisons Männern, der auf der anderen Seite des Felsenhangs einen hohen Aussichtspunkt erklommen hatte. Cam hob den Arm gestreckt zur Seite, bis der Mann ihn sah und das Signal erwiderte. Es bedeutete: »Ich habe nichts gesehen.«
    Mist, dachte er.
    Sie hätten einen anderen Treffpunkt mit Ruth vereinbaren sollen. Dieser Pass war ein Irrenhaus – aber Cam wusste keinen besseren Ort. Selbst an den Westhängen der Wasserscheide musste ein dichtes Menschengedränge herrschen. Ruth konnte dicht an ihnen vorbeilaufen, und sie würden sie trotzdem übersehen. Aber Cam beklagte sich nicht laut. Allison und die anderen Bürgermeister hatten mehr getan, als er eigentlich verlangen konnte, und etwa vierzig bewaffnete Männer und Frauen zusammengetrommelt, die bereit waren, hierzubleiben und Wache zu halten. Sie waren immer noch mindestens einen Tagesmarsch von Deer Ridge entfernt, der nächstgelegenen Ortschaft, wo sie Schutz vor den bitterkalten Nächten finden konnten. Inzwischen würden die Flüchtlinge, die vorausgeeilt waren, alles an verfügbarer Nahrung, Kleidung und sonstiger Ausrüstung an sich nehmen.
    »Ich könnte mal versuchen, mit ihnen zu reden«, sagte Allison. Sie starrte in die Schlucht hinunter, wo vier Männer in Schutzkleidung und Fliegerjacken zwischen den anderen Leuten hin und her gingen. Allisons zuversichtliches Grinsen dehnte sich bis zu den vernarbten Wangen aus, und Cam lächelte über ihre Zielstrebigkeit.
    Falls Ruth durchkam, wäre das vor allem den Bemühungen dieser Frau hier zu verdanken. Cam empfand Dankbarkeit. Allison hätte mit den anderen gehen können, aber sie war selbstlos genug gewesen, um auf ihre Weise einen Dank abzustatten. Und sie war clever genug, um eine gute Gelegenheit zu erkennen.
    Es war drei Tage her, seit Ruth den Kommandobunker betreten und den Krieg beendet hatte. Cam hatte sein Handy ausgeschaltet, damit er nicht geortet werden konnte, aber sie wussten durch Radioberichte, dass die Parasiten in den Testgebieten ein Erfolg gewesen waren. Eines der amerikanischen Flugzeuge war über unbewohntem Gebiet abgeschossen worden, bevor es den Nano abwerfen konnte. Doch an drei Stellen fanden sich die Chinesen und Russen plötzlich von der Maschinenseuche überwältigt. Einige von ihnen überlebten. Das war Ruths Plan nur dienlich. Die Flugzeuge der Invasoren wurden von den eigenen Leuten in den Bergen von Arizona und Kalifornien abgefangen, aber sie fanden dennoch sichere Landeplätze auf
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