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Plasma City

Plasma City

Titel: Plasma City
Autoren: Walter Jon Williams
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gestartet. Er legt sich etwas schräg, damit der Fahrer die Stadt unter sich betrachten kann. Eine Aussicht, die Aiah nie wird genießen können.
    Was ist das Schlimmste in einer Stadt, die den ganzen Planeten umspannt?
    Keinen Ort zu haben, an den man gehen kann.
     
    Drei weitere Verdächtige
    im Trackline-Skandal angeklagt
    Intendant verspricht schonungsloses
    Durchgreifen
     
    Der Hauptsitz der Plasmabehörde ist breit und hoch und beeindruckend. Dort wird Plasma erzeugt, gelagert und verteilt. Das Verhältnis zu allen anderen Gebäuden im Banken- und Regierungsviertel ist genau ausgewogen. Volumen, Formgebung und Konstruktion aller Bauten in dieser Gegend sind fein aufeinander abgestimmt. Die Stahlträger bilden ein komplexes, Plasma erzeugendes Gitternetz, das mit weißem Granit von der Außenwelt isoliert ist. Die Dornenkrone der Sendeanlage scheint wie mit Fingern zum Himmel hinaufzugreifen. Das Netzwerk der äußeren Abschirmung, die tief unten im Fels verankert ist, zieht sich anmutig und verspielt über das ganze Gebäude, obwohl es eine rein zweckbestimmte Anlage ist. Im Falle eines Angriffs soll die Abschirmung das Plasma auffangen, um es auf harmlosen Wegen abzuleiten und in die Speicher zu befördern, damit es von den Häresiarchen der Plasmabehörde einem sinnvollen Zweck zugeführt werden kann.
    Hätte die Flammenfrau das Gebäude mit ihren Flammen bestrichen, dann hätte sie geschrien und gezittert und sich aufgelöst. Ihre Energien wären vom Gebäude verschluckt und über das Leitungsnetz der Stadt verteilt worden.
    Doch sie hat das Gebäude nicht berührt. Mit dem bisschen Verstand, das ihr geblieben ist, hat sie erkannt, dass die Leitungen aus Bronze Gefahr bedeuteten. Deshalb musste die Ordnungsbehörde ihre Ressourcen aufbieten und die Frau zerstören. Mit brutaler Gewalt, mit einem Energiestoß aus den bronzenen Sendeantennen, wurde die Flammenfrau ausgelöscht.
    Aus der Nähe gesehen ist das Gebäude weit weniger beeindruckend. Fünfzig andere gesichtslose Angestellte treten zusammen mit Aiah durch den großen, mit Bronzeleitungen gesicherten Bogengang, dessen hoffnungslos verdrecktes Mosaik die Wohltätige Göttin der Sendetechnik zeigt, die den Menschen ihre Gaben bringt. Zusammen mit zwanzig anderen Angestellten, von denen sie keinen Einzigen kennt, wird sie von einem hydraulischen Aufzug mit fast unmerklicher Beschleunigung nach oben befördert.
    Im zehnten Stock hört Aiah als Erstes Tellas schreiendes Kind. Die Flure sind mit braunen Plastikläufern ausgelegt, um die Bodenfliesen vor Abnutzung zu schützen. Die Türen bestehen aus dunkelgrün lackiertem Metall und sind verkratzt und vernarbt. In den Büros stehen dunkelgrau lackierte, verbogene und verbeulte Metallmöbel. Die grün gestrichenen Wände sind mit einem grauen Streifen unterteilt. Die Decke besteht aus durchlöchertem Blech, hinter dem man Drähte erkennen kann. Fenster gibt es keine.
    Willkommen beim öffentlichen Dienst, denkt sie. Willkommen an meinem sicheren Arbeitsplatz.
    »Hi«, sagt Tella. Sie wechselt Jayme auf dem Schreibtisch die Windeln.
    Aiah hätte am liebsten zu den Versicherungsvertretern hinuntergebrüllt: Seht ihr? Auch Jaspeeri kriegen Kinder!
    Babykacke glänzt grünlich im Licht der Neonröh ren. »Große Besprechung um zehn«, verkündet Tel la.
    »War ja zu erwarten.«
    »Was macht dein Hals?«
    Aiah fährt sich unter dem hochgesteckten Haar über den verbrannten Nacken. »Wird schon wieder.«
    »Wenigstens hast du keine Schnittwunden von den Glassplittern bekommen. Calla aus der Disposition hat gerade aus dem Fenster gesehen, als es eingedrückt wurde. Sie hätte beinahe ein Auge verloren.«
    »Wer ist denn Calla?«
    »Brünettes Haar, sie ist mit Emtes vom Rechnungswesen verheiratet.«
    Aiah kennt keinen der beiden. Sie betrachtet ihren Schreibtisch, den Computer mit den strahlend gelben Anzeigen, die Gradscheibe, das Logbuch.
    Gils Bild im funkelnden Rahmen aus Silberimitat.
    Das Kind schreit schon wieder. Tella lächelt etwas verlegen. »Ein kräftiges Organ, was?«
    Tella wollte ihr Kind nicht den ganzen Tag in der Kinderkrippe der Behörde lassen, wo es, von gelangweilten Angestellten beaufsichtigt, jede Infektionskrankheit mitnehmen würde, die Jaspeer heimsuchte. Sie hat Aiah gefragt, ob sie Jayme ins Büro mitbringen dürfte, und Aiah hat keine Einwände erhoben.
    Genaugenommen hat Aiah nur ungern zugestimmt. Sie ist in einer großen Familie aufgewachsen, nicht nur mit Geschwistern, sondern
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