Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Plasma City

Plasma City

Titel: Plasma City
Autoren: Walter Jon Williams
Vom Netzwerk:
Mitarbeiter müssen jeweils anderthalb Schichten übernehmen. Mengene hat die Sitzung kaum noch unter Kontrolle. Alle vom Intendanten abwärts reagieren panisch und schreien durcheinander. Aiah, deren Rang zu niedrig ist, um sich am Geschrei zu beteiligen, sitzt gegenüber von Niden am schimmernden, gläsernen Konferenztisch. Niden ist das einzige andere braune Barkazil-Gesicht im Raum. Sie hat gehofft, in seinem Gesicht Trost zu finden, aber er hat eine schreckliche Erkältung, und sie zuckt jedes Mal zusammen, wenn er hustet oder niest. Im Geiste steuert sie die Viren in die Nasenlöcher der leitenden Angestellten.
    Vor der durchsichtigen Wand hinter ihm fliegt eine Reklame vorbei. Was soll der Stress?, fragt die Reklame.
    Manchmal haben die Werbefritzen sogar Humor.
    »Oeneme glaubt, es habe mit den Bauarbeiten in der Old Parade zu tun«, erklärt Mengene. Er zwirbelt seinen kleinen blonden Schnurrbart. »Das Unity Hospital wird abgerissen und anderthalb Radien entfernt ist mitten auf der Straße eine Ausschachtung für eine neue Trackline-Station. Die Verhältnisse sind ein wenig irregulär …«
    »Irregulär? Gibt es denn keine Karte von der Gegend?«, dröhnt Denselle. Ein fetter Kerl, der sich gern reden hört. Wie große Blüten quellen die Rüschen aus seinen Jackenärmeln.
    »Noch nicht.«
    »Warum, zum Teufel, haben wir noch keine Karte?«
    Mengene seufzt. »Weil Oenemes Büro noch keine geschickt hat.«
    »Konnten Sie nicht selbst eine besorgen?«
    Mengene überhört die Frage, teilt die Aufgaben ein und weist die Leute den Aufgaben zu. Aiah fällt auf, dass ihr Name nicht erwähnt wird. Sie hebt eine Hand, wird übersehen und meldet sich schließlich ohne ausdrückliche Aufforderung zu Wort. »Mr. Mengene!«
    Einen Augenblick herrscht Schweigen.
    »Ich bin noch nicht eingeteilt«, sagt sie.
    Mengene sieht sie an. »Ich weiß«, erwidert er.
    »Warum bin ich dann hier?«
    Mengene ist genervt. »Ich wollte gleich zu Ihnen kommen. Sie erhalten einen Sonderauftrag.«
    Ihr Herz tut einen Sprung, aber sie sieht die Dolche in den Blicken der anderen. Mit welchem Recht bekommt ausgerechnet sie einen Sonderauftrag?
    Auch Mengene bemerkt die Dolche. »Es war Rohders Idee«, sagt er, und die anderen verlieren sofort das Interesse. Rohder ist ein mit Spinnweben überzogenes Fossil der alten Forschungsabteilung. Er gibt nur noch absurde Spekulationen und philosophische Ideen von sich, ist aber zu angesehen, um einfach hinausgeworfen zu werden.
    Die anderen werden in ihre Aufgaben eingewiesen. Die Stühle im Konferenzsaal sind groß und dick gepolstert und haben fächerförmige Lehnen, die mit großen goldenen Chrysanthemen geschmückt sind. In diesen Sesseln wird man leicht schläfrig. Aiah schließt die Augen und denkt an Gil, an die kräftigen Hände mit den kurzen Fingern, an die Berührungen.
    Mengene ist fertig. Aiah wartet, bis die anderen gegangen sind. Mengene zündet sich eine neue Zigarette an, setzt sich und bläst den Rauch in den Raum. Er winkt ihr, sie soll sich zu ihm ans Kopfende des Tisches setzen. Sie steht auf und geht zu ihm, sieht ihr Spiegelbild in den goldenen Chrysanthemen an den Wänden und streicht automatisch ihr Haar glatt.
    »Rohder hat die Flammenfrau gelöscht«, sagt Mengene. »Er war gerade in der Sendekontrolle, als es passiert ist, hat das Ding über einen Außenmonitor kommen sehen und sich sofort in den Sessel des Sendeleiters geschwungen. Er wird belobigt werden, aber der Umgang mit so viel Plasma in seinem Alter hat ihm einen Krankenhausaufenthalt beschert.« Er schüttelt eine Zigarette halb aus der Packung und bietet sie ihr an. »Möchten Sie?«
    »Nein, danke.« Sie setzt sich neben ihn. Hinter ihm fliegt ein Falke vorbei, anscheinend noch ein Jungtier. Ein kleines Blinzeln, und sie hätte ihn nicht gesehen.
    »Rohder hat mich vor einer Stunde aus dem Krankenhaus angerufen. Er sagt, als er die Flammenfrau gelöscht hat, hätte er eine ziemlich genaue Vorstellung entwickelt, wo die Kraftquelle liegen könnte. Er hätte einen recht deutlichen Eindruck gewonnen, dass sie im Osten zu suchen ist.«
    »Die Old Parade ist nicht im Osten«, erwidert Aiah.
    »Die Speiseleitung sei irgendwo in Richtung Grand City hinter dem Horizont versunken. Er sagt, er hätte sie gesehen.«
    »Während er in der Sendezentrale war?«
    Mengene verzieht missmutig das Gesicht. »Er behauptet es.«
    »Über einen Außenmonitor?«
    Mengene starrt die Glut seiner Zigarette an. »Mit seinem geistigen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher