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Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Titel: Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)
Autoren: Jaye Ford
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1
    »Schatz, wir sprechen uns morgen. Hab dich lieb.«
    »Mom, ich hab dich auch lieb«, sagte Cameron.
    Ein Lächeln huschte über Livs Lippen, als sie das Handy in ihre Tasche steckte und dem Klappern ihrer High Heels in dem stillen Parkhaus lauschte. Mein Gott, wie sie ihn vermisste!
    Sie trat über die beleuchtete Fußgängerrampe ins Halbdunkel des dritten Stockwerks und zögerte. Am Nachmittag war es hier noch voll gewesen, doch jetzt, kurz nach halb acht, standen kaum noch Autos da. Es herrschte eine dunkle, unheilvolle Atmosphäre. Boden und Decken des Parkhauses waren mit Betonplatten verkleidet, im Halbschatten standen dicke Betonsäulen, an der Decke flackerten Neonröhren. Die Metallgitter um die Lampen erinnerten sie daran, dass manche Leute sich einen Spaß daraus machten, solche Orte mutwillig zu verwüsten. Sie kramte in ihrer Tasche nach dem Autoschlüssel, umklammerte ihn wie einen Dolch und eilte über den Asphalt.
    Ihr Wagen stand am Ende der fünften Reihe. Sie machte einen großen Bogen um einen Lieferwagen, der in der zweiten Reihe stand, und beäugte ihn vorsichtig, als sie daran vorbeiging.
    Alles in Ordnung, Liv. Geh einfach weiter.
    Als das Licht immer schwächer wurde und sie in der Ferne bereits Verkehrslärm hören konnte, versuchte sie in ihren schicken italienischen Schuhen ein wenig schneller zu laufen. Die Schuhe waren ein Überbleibsel aus einer Zeit, in der sie noch Geld für solche Schuhe ausgeben konnte, doch der enge Rock hinderte sie daran, schneller zu laufen. Irgendwo ein Stockwerk tiefer hörte sie einen Knall, sie zuckte zusammen und stolperte.
    Das war nur eine Autotür, Liv. Beruhige dich.
    Plötzlich stellten sich ihre Nackenhaare auf.
    Irgendwas hatte sich bewegt.
    Da drüben, beim Pfeiler neben ihrem Wagen.
    Ihre Augen versuchten die Dunkelheit zu durchdringen. Nichts. Ihre Fantasie spielte ihr mal wieder einen Streich. Misstrauisch sah sie zur Rampe zurück. Sie erschien ihr nun hell erleuchtet und gab ihr das Gefühl, als säße sie in der Dunkelheit fest. Sie hörte, wie weiter unten ein Motor ansprang. Eine Betondecke trennte sie, doch ihr schien, als würde sich gleich der Boden auftun und sie verschlingen.
    Sie eilte mit kurzen Trippelschritten voran und achtete darauf, ihre Schuhe nicht zu verlieren und sich nicht den Knöchel zu verknacksen. Sie richtete den Schlüssel auf das Auto, hörte das Piepen, sah die Warnblinkanlage aufleuchten und verspürte Erleichterung. Nun kam sie sich fast lächerlich vor, doch ihre Beine hatten ein Eigenleben entwickelt, und in Gedanken sah sie sich schon mit quietschenden Reifen das Parkhaus verlassen.
    Sie lief um den Wagen herum und streckte ihre Hand nach dem Türgriff aus, sah im Fenster schon ihr Spiegelbild – und nahm eine flüchtige Bewegung wahr.
    Eine Faust traf ihr Gesicht.
    Was dann kam, geschah alles so schnell, dass sie nicht einmal darüber nachdenken konnte. Ein kräftiger Arm schlang sich um ihre Brust, Finger umschlossen ihren Oberarm und drückten ihn seitlich nach unten. Ein Knie bohrte sich in ihren Oberschenkel. Dann wurde sie nach hinten gezogen, ihre Füße rutschten weg und schrammten über den Boden.
    Sie wollte schreien, doch unter dem Druck der Hand auf ihrem Mund bekam sie keinen Ton heraus. Nur verzweifelte, erstickte Töne drangen aus ihrem Hals. In ihr tobte Angst.
    Dann hörte sie ihn.
    »Du gehörst mir, du Schlampe.«
    Er flüsterte es ihr ins Ohr. Es klang gedämpft, als hätte er etwas über den Mund gestülpt. Es klang nicht wütend. Nicht panisch. Nur sehr entschlossen.
    Camerons hübsches, sommersprossiges achtjähriges Gesicht blitzte vor ihren Augen auf, und das löste etwas in ihr aus.
    Sie spürte den harten Schaft des Autoschlüssels, der aus ihrer Faust emporragte, und stieß kräftig zu. Er prallte auf etwas Weiches, Zähes. Dann hörte sie ein Stöhnen, spürte ein Zucken. Sie stieß erneut zu. Immer wieder und wieder, bis sie spürte, wie das Knie auf ihrem Oberschenkel nachgab. Sie presste den Fuß fest auf den Boden, stieß mit einem Ellenbogen hinter sich, und als sie spürte, wie der Körper hinter ihr zurückwich, wandte sie sich um und schlug mit der anderen Faust auf ihn ein. Sie traf ihn am Hals, und er ließ die Hand sinken, die er ihr auf den Mund gepresst hatte.
    Sie hatte jetzt keine Angst mehr, spürte gar nichts mehr und wollte sich nur noch aus seinem Griff befreien. Mit Schlüssel, Ellenbogen und Fäusten stieß sie zu.
    Er ließ sie zwar nicht los, lockerte aber
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