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Pittys Blues

Pittys Blues

Titel: Pittys Blues
Autoren: Julia Gaebel
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Stegpfähle schlug, er sah die Schatten draußen auf dem Fluss, den Lichtstrahl, der sich aufs Wasser legte.
    Der Blues, den Queery Bux und Myris Fate spielten und der sich mit dem Licht, das aus dem Sugarclub fiel, um jedes seiner Beine kringelte. Er hatte diesen Blues so geliebt, und jetzt konnte er nicht mehr an ihn denken, ohne dass er sich grün fühlte.
    Der Lichtschein brannte sich in seinen Rücken, während er Tulipe dabei beobachtete, wie sie durchlud. Er wusste nicht mehr, woher sie auf einmal das Gewehr hatte. Er fühlte nur den Rückstoß, atmete die Pulverwolke ein, die sich brennend durch seine Lungen fraß.
    Sie waren so oder so zu spät gewesen.
    Moe hielt nichts von Aufschneiderei. Deswegen war ihm Gene TreLuke auch immer zuwider gewesen. Moe hatte selten jemanden erlebt, der so gehaltvoll aussah und so leicht verpuffte, wenn man mal ein wenig stärker an ihm herumdrückte.
    Er sagte immer nur, er würde es glauben, wenn er es sähe, egal, ob von einem ratzegrünen Elefanten oder einer guten Schulnote die Rede war. Und je älter er wurde, desto mehr hatte er gesehen, desto mehr hielt er für möglich. Aber er hätte trotzdem niemals gedacht, dass er einmal dabei sein würde, wie Tulipe einem Menschen den Geist austrieb.

    Moe stieß die Schatten zur Seite:«Jones?»
    Er ging kurz ins Haus, kam aber wieder heraus, als klar war, dass Jones wirklich nicht zu Hause war, auch kein Nickerchen hielt.
    Moe gehörte nicht zu den Menschen, die sich einfach in anderer Leute Heim breitmachten, er war immer derjenige, der stundenlang auf Verandatreppen wartete und spazieren guckte.
    Deswegen setzte er sich auch jetzt auf die Bank vor Jones’ Haus.
    Der verschneite Wald glitzerte in der Dunkelheit, als wären Tausende kleiner Kristalle verstreut worden. Ich werde nie diese Farben vergessen, als der Himmel kurz aufbrach und das Mondlicht in einem weißen Strahl zwischen die Äste schoss. Es war, als hätte sich in mir etwas verschoben, als hätte ich die Augen gerade erst aufgemacht, als könnte ich endlich sehen.
    Dunkelblaue Wolken, die weit hinter dem Hügel auf eine silberne Schneedecke trafen, dazu dieses weiße Licht. Ich weiß, dass wir alle jeden Tag einen Tag älter werden, manchmal merkt man es gar nicht, und manchmal schmerzt jede Minute, und alles, was schön und nett ist, ist weit weg.
    Aber nicht in diesem Moment. Dieses Licht bügelte die Seele. Jede Falte wurde ausgeglichen, und man hatte für einen Augenblick eine Ahnung davon, wie es wäre, wenn man perfekt und ohne Fehler wäre.
    Es war, als hielten in und um Rickville alle die Luft an. Und jeder, der außerhalb seiner vier Wände unterwegs war und den auch nur ein Fünkchen dieses silbrig
weißen Lichts traf, knisterte unbeholfen und wie neu.
    Sogar Scott McClure fasste sich kurz ins Gesicht und fuhr mit spitzen Fingern über seine Haut, nur um enttäuscht zu entdecken, dass seine Falten nach wie vor da waren.
     
    So kam es, dass sich Moe, Jones und Tulipe in ein und demselben Moment vornahmen, Dick endlich zu sagen, was wirklich in jener Nacht vor zehn Jahren passiert war.
    Tulipe wusste, dass sie es sagen musste. Nicht um ihretwillen, nicht um wieder ruhig schlafen zu können, um ihr Gewissen zu beruhigen. Sie wusste, dass es unvermeidlich gewesen war, dass es nichts an Dicks Problemen geändert hätte, hätte er Bescheid gewusst, und es tat ihr nicht leid. Tulipe stand auf dem kleinen Steg, hielt ihr Gesicht in das schwache Licht und holte einmal ganz tief Luft. Danach würde sie weitermachen wie bisher. Ganz sicher.
    Sie ahnte, wie es sein würde, wenn sie loslassen könnte. Die Musik würde wie kleine Wellen ihre Füße umspülen.
    Sie drehte sich um und ging wieder zum Club. Mit ihren Füßen schob sie den Schnee, der ihr im Weg lag, zusammen. An ihren Schuhrändern schmolz er, an ihren Fesseln, lief ihre Strümpfe entlang, die Feuchtigkeit kitzelte sie kalt, kühlte ihren Innenfuß. Und mit einem schlurfenden Schritt, mit dem sie den Schnee zu ihren Füßen vor sich herschob, wünschte sie sich doch
ein kleines bisschen, es wäre alles anders gewesen und dieser Schnee würde zu einer hohen, weißen, undurchdringlichen Mauer werden und sie könnte sich dahinter verstecken. Nur, um noch ein wenig Zeit zu gewinnen, nur, um noch ein wenig die Gedanken zu sortieren. Aber Tulipe war nicht der Typ, der sich versteckte. Sie stieg über den Schneehaufen und ging weiter. Gelogen hatte sie nicht, sie hatte lediglich etwas verschwiegen. Das war
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