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Pittys Blues

Pittys Blues

Titel: Pittys Blues
Autoren: Julia Gaebel
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Weise, Pitty, die Schöne, und Pitty, die Unscheinbare. Er sah Pitty, die Sanfte, und Pitty, die Schreckliche. Er fühlte ihren ganzen, durchscheinenden Körper, als wäre es sein eigener und als wäre er schon immer Teil seines Ichs gewesen. Er wollte sie. Er war - verliebt.
    Dick brachte kein Wort raus, aber er fiel auch nicht in den Fluss, was für Pitty ein gutes Zeichen war. Sie nickte und drehte sich wieder um, um weiterzugehen. Wohin auch immer. Dick brauchte eine Weile, bis er verstanden hatte, was da eben passiert war. Dann stand er auf, zuckte entschuldigend mit den Schultern in Jones’ Richtung und folgte Pitty.
    Jones rührte sich immer noch nicht. Er hatte gesehen, was zwischen den beiden geschehen war, und es ließ sein Herz schmerzen.
    Jones fand, dass es für ihn an der Zeit war, nach Hause zu gehen. Er hievte sich in die Hocke, hebelte sich stöhnend, mit einer Hand auf seinem Oberschenkel, in die Senkrechte und trödelte in Richtung Rickville. Er spürte bei dem Gedanken an Pitty und Dick etwas auf sich zukommen wie eine große, dunkle Wand.
     
    Die Bürger von Rickville standen währenddessen immer noch um Dicks Pick-up herum und hatten sich nichts zu sagen. Waren sie nach Dicks Schrei wie verschreckte Hühner durch die Gegend gelaufen und hatten gegackert, standen sie jetzt da und starrten sich gegenseitig in den Nacken oder auf die Füße. Ben Simmons, der
sich nach seinem Besuch bei Doctor Forks langsam auf den Rückweg gemacht hatte und jetzt auf der anderen Seite des Pick-ups stand, hatte keine Lust mehr, sich das Elend weiter anzusehen. In erster Linie sein eigenes Elend, dem zu entrinnen es ohnehin schon viel zu spät war.
    «Kann jetzt endlich mal jemand diese Karre hier wegschaffen? Wir haben schon nach Mittag, ich muss nach Hause! Und mir ist kalt. Und wer zum Teufel ist dieses Weib? Und was zum Teufel hat sie mit dem Wetter gemacht? »
    Der Haufen geriet in Bewegung, Stimmen wurden laut. Anscheinend hatte sich noch niemand darüber Gedanken gemacht. Aber anscheinend hatte auch niemand auf Simmons’ Fragen eine Antwort.
    Mort Cassis warf einen gottergebenen Blick zu Vera, die ihre Tasse Kaffee wie ein zu wärmendes Küken hielt, und drehte sich zu Simmons um.«Ben, in Gottes Namen, dann geh doch nach Hause...»Mort klang erschöpft, als habe er noch nicht einmal mehr genug Blut in den Adern, um sein Herz am Pumpen zu halten.
    Simmons geriet ins Keifen:«Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest: Der Wagen steht auf dem Weg, ich komm da nicht vorbei!»Er knetete seine Hände.«Auf meinem Weg.»
    «Du hast es einmal geschafft, über Dicks Pick-up zu klettern, dann kannst du es auch ein zweites Mal. Du bist doch schon tödlich verletzt, also, schlimmer kann es nicht werden. Niemand verreckt zwei Mal, auch du nicht.»

    Vera fasste Mort am Arm, schob ihn ein Stück zur Seite und stellte sich zwischen ihn und Simmons.«Mort, das hat doch keinen Sinn. Ben, wir bringen den Wagen woanders hin, okay? Es dauert nur eine kleine Weile, vielleicht kannst du so lange im Diner warten? Vielleicht möchtest du ja bei mir essen? Das wär doch was, hm?»
    «Ich esse mittags immer zu Hause. Das ist nicht gut, das ist gar nicht gut, nein. Ich muss verdammt noch mal nach Hause.»Simmons nahm seine Mütze ab und schlug sie mehrmals gegen sein Bein.
    «Ach, das eine Mal, stell dir vor, es ist eine Reise, ein Abenteuer, und du bist der Anführer. Du isst jetzt was im Diner, und danach gehst du gestärkt hierher, um die Aufräumarbeiten zu beaufsichtigen, na, was hältst du davon? General Lee ist bestimmt nie mit leerem Magen in die Schlacht gezogen, das kann ich dir sagen.»Das saß. Vera hatte ihn, Ben Simmons, mit General Robert E. Lee verglichen, seinem Idol, seinem gottgleichen Vorbild.
    Simmons streckte seine Brust raus, salutierte vor Vera und Mort, stieß ein«Jawohl, Mam! Sir!»aus und ging im Stechschritt in Richtung Diner.
    «Vera, wie machst du das bloß?»Mort wollte aber keine Antwort hören und ging zu einem Haufen sich unterhaltender Männer, unter denen sich auch Scott McClure befand, um sich mit ihnen zu besprechen und anschließend den Pick-up wegzuschaffen.
    Dass sich das ganze Unternehmen schwieriger gestalten würde, als sie gedacht hatten, merkten die zehn Männer, als sie sich den Pick-up genauer ansahen. Sie
würden ihn durch Abschleppen nicht von hier wegbekommen. Der Boden um den Pick-up herum war durch die anhaltende Feuchtigkeit der letzten Tage so durchnässt und aufgeweicht,
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