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Pitch (German Edition)

Pitch (German Edition)

Titel: Pitch (German Edition)
Autoren: Michael Weski
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ihm
losgetreten, die alle mit einem kindlichen Warum begannen, warum
sitze ich hier, warum beschäftige ich mich mit derart
unwichtigen Fragen, und dann waren ihm die Worte seiner Mutter durch
den Kopf gegangen, die sie immer gesagt hatte, wenn er an irgendeiner
Aufgabe gescheitert war, keiner kann alles können, du kannst
eben anderes, hatte sie gesagt, ohne jemals zu verraten, was dieses
andere denn sei, nun, in dieser Prüfung saß sein Professor
vor ihm, der sich plötzlich vor seinen Augen in den Vater
verwandelte und mit dunkel verzerrter Stimme leicht abgewandelt die
Worte seiner Mutter sprach, du kannst es nicht, gar nichts kannst du,
mühsam nur hatte er die Prüfung überstanden, knapp nur
bestanden, und mit dem Schrecken in den Gliedern hatte er sich
beworben, wieder hatte er es dem Vater zeigen wollen, hatte am
Schluss jedoch noch froh sein müssen, auf Karl Keisers
Vermittlung hin eine Stelle zu erhalten, in einer Firma, in der er
leisten konnte, was er wollte, und dabei doch stets nur als Günstling
galt, der durch Vitamin B in eine Position gelangt war, die er sonst
nie erreicht hätte, und dies realisierend gab er nie Befehle,
wie er hätte müssen, sondern nur Hinweise und Anweisungen
ohne Nachdruck, und so hatte er, trotz vieler richtiger
Einschätzungen und vorgeschlagener Gegenstrategien, den
Niedergang und Konkurs der Firma nicht abwenden können, und so
war es weitergegangen, die nächste Firma war weniger gut und
namhaft gewesen, weitere berufliche Veränderungen hatten auch
keinen Erfolg gezeitigt, so hatte er den Vater nie beeindrucken
können, doch, einmal war es ihm gelungen, durch seine Heirat mit
Ines, mit der Spanierin, die ihn jetzt verließ, aber die Heirat
damals hatte den Vater beeindruckt, gemocht hatte der die
Andalusierin, fast schon verliebt war er in sie gewesen, immer ein
wenig zu herzlich begrüßt hatte er sie, und je mehr er das
getan hatte, desto ablehnender war seine Mutter seiner Frau begegnet,
vorbei jetzt auch das, beruflich ein Versager und gescheitert in der
Ehe, seine Frau wird nach Spanien zurückkehren und sie wird
Robert Carlos mitnehmen, und er, Philipp, wird wie stets kein Mittel
dagegen wissen, sie wird ihm das Liebste nehmen, was er hat, und er
weiß nicht, wie er das verhindern soll, er stöhnt laut,
als er in das Parkhaus des Krankenhauses fährt, er parkt den
Wagen und stellt den Motor ab, am Empfang sagt er dem Pförtner,
wer er ist, und wird zur Intensivstation gewiesen, dort sperrt man
sich gegen seinen Wunsch, aber er lässt sich nicht abweisen, der
Pfleger telefoniert mit dem diensthabenden Arzt, der gibt grünes
Licht und endlich sitzt Philipp am Bett seines im Grunde schon
gestorbenen Vaters, bleich und eingefallen sind dessen Züge, die
Augen sind geschlossen, wächsern und gelblich ist die Haut, in
einem Netz von Kabeln und Schläuchen hat sich der Körper
verfangen, ein toter Fisch im Netz ist er und wie ein Echolot
erklingt das immer wiederkehrende Ping des
EKGs , das die letzten Tiefen eines gelebten Lebens auslotet,
da liegst du nun, du alter Wolf, ich habe es dir nicht zeigen können,
nie, Philipp denkt das mit Schmerz, längst ist ihm bewusst
gewesen, dass es ihm nicht mehr gelingen würde, aber jetzt, im
Angesicht des Alten, trägt diese Einsicht den Stempel der
Unabänderlichkeit, doch mit dieser Erkenntnis verwandelt sich
plötzlich seine Resignation in eine friedfertige Ruhe, er kann
dem Alten nichts mehr beweisen, aber er muss es auch nicht mehr, der
Zwang fällt von ihm ab, er kann Mitleid haben mit dem
Daliegenden, er kann Erinnerungen Raum geben, in denen der Alte
freundlichere Züge trägt, und so denkt er daran, wie der
viel beschäftigte Manager sich an einem der wenigen Abende, an
dem er mal früher daheim war, die Zeit genommen hat, um mit
seinem Sohn Schulaufgaben zu lösen, er erinnert sich an die
seltenen Ausflüge, auf denen sie zu zweit segeln waren,
beibringen wollen hatte es ihm der Vater und er sich dagegen
gesperrt, jetzt denkt er gern daran zurück und mit Bedauern, er
hat diese Momente damals nicht als Versuche des Alten wahrgenommen,
Kontakt aufzubauen, genausowenig wie letztes Jahr, als er ihm von
seiner Liebe zu der Sekretärin erzählt hat, mit der er ein
neues Leben beginnen wollte, zwiespältig waren Philipps Gefühle
gewesen, als einen weiteren, vielleicht letzten und endgültigen
Hieb gegen seine Mutter hatte er es empfunden, und schützen
hatte er sie wollen, vielleicht, weil sie ihn als Kind immer
beschützt
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