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Pitch (German Edition)

Pitch (German Edition)

Titel: Pitch (German Edition)
Autoren: Michael Weski
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sich nicht
allzu schmutzig macht und sie nicht völlig zur Erde fällt,
sie sagt, danke, bitteschön, sagt er, sie streicht sich den nach
oben gerutschten Minirock über die drallen Schenkel, ja, watt
soll ick sagen, flötet sie, ick bin nur eine üppige Frouw,
die will, datt man sich in ihr in Leichtsinn und in wahrer Liebe übe,
sie mustert ihn, wie isset denn, haste Lust, auf‘en kleinet
Nümmerchen, fragt sie, dir würd ick noch nehmen, dann is
Schluss für heut, also, wie isset, willste der Glückliche
sein, er nickt nur, kaum sichtbar, ick wohn hier gleich um die Ecke,
janz abjeschieden, brauchs keene Angst zu haben, niemand wird dir
sehn, du bist nicht von hier, sagt er, ach iwo, sagt sie, jeborn bin
ick in du-weest-schon-wo und zu Hause bin ick überall, wo Liebe
für‘n paar arme Mäuse jemacht wird, er hat sie
derweil um die besagte Ecke gebracht, sie stehen vor ihrer Haustür
und gehen hinein und als er nach einer Stunde wieder herauskommt, ist
sie tot.

99
Die
Besuchszeiten …

    ... sind
längst vorbei, als Karl Philipp Keiser im
Sankt-Vitalis-Krankenhaus eintrifft, der kleine Robert Carlos ist bei
seiner Großmutter geblieben, verstört hat ihn der Anblick
des zerschnittenen Bildes, die Erklärung, dass das Bild vom
Großvater heruntergefallen und dabei kaputt gegangen sei, hat
der Junge erst nach mehrmaliger, nachdrücklicher Wiederholung
und auf Nachfrage, weshalb es denn sonst so aussehen sollte, zögernd
akzeptiert, verunsichert hat der Knabe im Bett gelegen, wenig nur hat
Philipp noch mit Gertrud gesprochen, gesagt hat er der Mutter, dass
er seinen Vater noch einmal sehen wolle, es ist ihr gleichgültig
gewesen, erstaunlich, wie liebevoll hatte sie sich um den kleinen
Robert Carlos gekümmert, sie hatte dem Kind genau das Gefühl
der Geborgenheit gegeben, das Philipp selbst früher so genossen
hatte, sie hatte ihm immer den Eindruck vermittelt, dass ihm nichts
geschehen könne, dass er gut aufgehoben sei und Sorgen hier
keinen Raum hätten, aber schon damals hatte er gefühlt,
dass die Sorgen, die er hatte, irgendwo einen Raum haben würden
und dass es schrecklich wäre, diesen Raum irgendwann betreten zu
müssen, heranwachsend hatte er bemerkt, dass seine Mutter, die
Sorgen so gut von ihm und von anderen fernzuhalten verstand, durchaus
selber Sorgen hatte, dass sie ihnen unaufhörlich ausgesetzt war,
abends, wenn er an der nur angelehnten Schlafzimmertür
vorbeikam, hinter der seine Mutter allein im Bett lag, weil der Vater
noch arbeitete, hörte er sie vor sich hinmurmeln, lieber Gott,
wie soll das nur weitergehen, oder, heute war ein schöner Tag,
lass es morgen wieder schön werden, kindliche Sorgen, kindlich
formulierte Gebete hatte er hören müssen, und oft genug
hatte er gesehen, dass seine Mutter eine Beruhigungstablette nahm, um
nur schlafen zu können, das hatte seinen Glauben in die Kraft
ihres Trosts und die Sicherheit ihres Schutzes mit der Zeit schwinden
lassen, er hatte gesehen, wie sie im Grunde unter der Vereinsamung
litt, der sein Vater sie aussetzte, indem er sie zum bloßen
Accessoire reduzierte, das er für mondäne Partys brauchte,
er hatte gesehen, dass sie das Haus zur Festung ausbaute, in der sie
Herrin über ihre Einsamkeit war und alles Bedrohliche
ausschloss, der Raum der Sorgen, der war draußen, und als
Philipp das begriffen hatte, war ihm klar geworden, dass er die
meiste Zeit seines Lebens draußen im Raum der Sorgen würde
zubringen müssen, mit Beendigung der Kindheit müsste er
dieses Paradies verlassen und alles, was danach käme, müsste
er selbst meistern, und gewusst hatte er, dass er es nicht würde
meistern können, Es , das Unbestimmte, das Bedrohliche,
dass er es nicht meistern konnte, weil er das Meistern nie gelernt
hatte, denn sein Vater, dieser Repräsentant des Draußen,
dieser Vertreter des unbestimmt Bedrohlichen, der alles beherrschte,
was dort draußen vor sich ging, der abends im Fernsehen gezeigt
und manchmal auch interviewt wurde, der zeigte ihm nur, was Philipp
nicht verstand, ja, was er ablehnte und in letzter Konsequenz
verabscheute, aber, und für dieses Aber hatte er seit seiner
Schulzeit gelebt, er wollte es seinem alten Herrn schon zeigen, mit
verbissenem Ehrgeiz hatte er sich an all das gemacht, was ihn im
Grunde seines Herzens nicht interessierte, er hatte
Betriebswirtschaft studiert, aber ohne Freude, die Prüfung hatte
er in den Sand gesetzt, mittelmäßig war die Note gewesen,
nebensächliche Fragen hatten abwegige Gedanken in
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