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Pitch (German Edition)

Pitch (German Edition)

Titel: Pitch (German Edition)
Autoren: Michael Weski
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sehr grell, sagt sie, ocker, sagt er,
das bringt meinen Teint gut zur Geltung, na, wie du meinst, sie dreht
sich weg, vergräbt ihr Gesicht im Kissen und sagt, ich werde
heute etwas später kommen.

2
Worbs
oder Mellendorf, …

    ... denkt
Keiser, als er die Füße aus dem Bett schwingt, er steht
zum letzten Mal auf, schlüpft zum letzten Mal in die Pantoffel,
in den Morgenmantel, den Sonnenaufgang hinter den Rabatten, oberhalb
des Höhenzugs jenseits des Tals, da hinten im Dunst, diese
sanften, rotvioletten Töne, von Wolken durchzogen, diese letzte
Botschaft der dämmernden Frühe, wie schön das Leben
doch hätte sein können, dieses Leben, das er für den
Erwerb ungenießbaren Reichtums geopfert hat, nimmt er nicht
wahr, sie löst sich in das Nichts eines blauen Himmels auf, er
tritt auf die Galerie heraus und geht die breite, geschwungene Treppe
nach unten, durch die Halle, in die Küche, um dort, vom Personal
unbehelligt, Kaffee zu machen, so wie er es immer getan hat, früher
schon, als er noch ein armer Schlucker war, und wie er es sich auch
später nicht hat nehmen lassen, diese paar Handgriffe eines
normalen Lebens, nach denen er dann in Anzug und Krawatte das Schwein
gemimt hat, das Leute herumkommandiert, lobt oder zusammenstaucht,
jetzt schon über viele Jahre lang, letzthin etwas milder
auftretend, weil er sich seine Hofhunde ja herangezogen hat, die das
Bellen und Beißen für ihn erledigen, jetzt, das weiß
er, muss er sich für einen von ihnen entscheiden, Worbs oder
Mellendorf, beide mag er nicht, nur den einen, Worbs, verachtet er
etwas weniger, trotzdem muss es sein, einer von den beiden muss es
werden, er gießt sich den Kaffee ein in die schwere Schale,
schwarz liebt er ihn, stark und ungezuckert, er wird dem Aufsichtsrat
seine Empfehlung aussprechen und der wird sie annehmen, nicht gleich
heute, denkt er, das nicht, aber demnächst, noch weiß er
nicht, dass ihm diese Entscheidung abgenommen werden wird, vom Tod,
der schon unterwegs ist, ein kurzer Schlag wird es sein, draußen
auf der Terrasse wird er ihn treffen, noch über das Tal
blickend, sein Tal, mit dem Duft des Kaffees in der Nase und der
Vorfreude, ihn gleich trinken zu dürfen, und so ist sein Tod,
des verfehlten Lebens zum Trotz, doch ein versöhnlicher und
tröstlicher, denn sein letzter Gedanke ist ein glücklicher.

3
Milena
wischt, …

    … unter
ihrem nassen Feudel verwandelt sich das Parkett in eine glänzende,
spiegelnde Fläche, die Spur des Putzlappens eine Zickzacklinie,
so kommt sie Schritt für Schritt voran, vorbei an Glastüren
und Trennwänden, hinter denen Schreibtische stehen, den Gang
entlang, bis zum Ende des Großraumbüros, mit dem Staubtuch
wischt sie die Tische ab, all die Dinge hin- und herschiebend, die
abends einfach liegen bleiben, als wären sie unwichtig, so wie
die kleine Gipsfigur, die sandfarben und ins Leere starrend, das Kinn
nachdenklich auf die Hand stützt, anderes hingegen scheint doch
von Bedeutung zu sein, sonst wäre sie wohl kaum angesprochen
worden, vor einigen Tagen, an der Bushaltestelle, von dem
freundlichen, aber auch etwas unheimlichen jungen Mann, der so gut
gekleidet gewesen war, die richtigen Fragen hatte er zu stellen
gewusst und schnell in Erfahrung gebracht, dass sie zwei Kinder hatte
und dass es schwer für sie war, sie über die Runden zu
bringen, so allein, ohne Vater, Gott weiß, warum sie ihm das
alles erzählt hatte, aber er war so verständnisvoll gewesen
und aufmerksam, und Aufmerksamkeit, hatte er gesagt, ist das, was
einen wirklich weiterbringt, wer sucht, der findet, hatte er gesagt,
Auswege aus Notsituationen, man müsse nur die Zeichen
wahrnehmen, zum Beispiel dieses, und dabei hatte er ihr das
Firmenzeichen eines bekannten Unternehmens gezeigt und sie gefragt,
ob sie dieses Zeichen schon mal gesehen habe, ja, hatte sie gesagt,
da sei es gerade vorbeigefahren, ganz genau, hatte er erwidert, aber
manchmal sei es gar nicht nur auf einer Kühlerhaube, sondern auf
einer Broschüre, einem Ordner oder einer Mappe, und in so einer
Mappe seien dann Blätter, und wenn sie eine solche Mappe mal
sähe, dort, wo sie arbeite, dann würde er ihr dafür
auch etwas geben, schöne Scheine, mit Glasgebäuden auf der
einen und Brücken auf der anderen Seite, goldenen Brücken
sozusagen, tatsächlich hatte sie so eine Mappe schon gesehen,
auf dem Schreibtisch mit der Gipsfigur, die sie gerade abwischt und
etwas zu dicht an den Rand rückt, von hier hatte sie die Mappe
weggenommen,
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