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Piratenblut

Piratenblut

Titel: Piratenblut
Autoren: Bernst Guben
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Vorschein. Kaum hatte er genug Luft, so stieß er einen Jubelruf aus. Im Boot deutete er auf die Schiffe. Nach der anstrengenden Arbeit jedoch dachte er nicht daran, wieder selbst zu den Rudern zu greifen.
    Die Spanier blickten einander an, zuckten mit den Schultern und legten sich dann in die Riemen.
Mutatulli war gerade an Bord der »Trueno« geklettert und suchte den Pfeifer, als sich von
Norden her ein fremdes Schiff näherte.
»Es hält direkt auf uns zu«, sagte Ojo zum Pfeifer.
    Michel blickte angestrengt durch das Glas, setzte es aber bald ab und zuckte mit den Schultern. »Beobachtet es, bis es vorbei ist, Diaz. Ich glaube kaum, daß es eine feindliche Haltung an den Tag legen wird. Wir sind immerhin drei. Aber man kann nicht wissen.«
    »Es führt keine Flagge, Señor Doktor. Sollen wir anfragen, wer es ist?«
    »Nein. Laß es gehen, wenn es friedlich bleibt. Wir können im Augenblick ohnehin keine Gesellschaft gebrauchen.« Er wandte sich ab und sah Mutatulli auf sich zukommen.
    »Nun, Herr«, meinte der Häuptling, und Freude glänzte auf seinem Gesicht. »Wir können die
Anker lichten.«
»Wieso? Hat jemand eine Durchfahrt gefunden?«
    »Ich. Ich bin weiter oben« — er deutete mit der Hand nach der Stelle — »getaucht und habe mit meinen Augen unter dem Wasser gesucht und habe ein korallenfreies Stück Meer gefunden. Die Riffkette ist dort ein weites Stück unterbrochen.«
    Michel konnte nichts sagen. Da hatte der von allen bedauerte Eingeborene — in den Augen der anderen ein armer, farbiger Mensch — eine Meisterleistung vollbracht, die ihm hier an Bord der drei Schiffe niemand nachmachen würde. Er reichte ihm die Hand und meinte :
    »Ich danke Euch, Mutatulli. Ich werde den Steuermann hinschicken, damit er nachloten kann.« »Das ist nicht nötig. Ich weiß die Stelle genau. Wir können nicht auflaufen.« —
    Michel dachte nach. Wenn Mutatulli das sagte, so würde er zweifelsohne eine einwandfreie Beobachtunggemacht haben. Jede Nachprüfung seiner Angaben mußte ihn unter diesen Umständen beleidigen. Dennoch, kein einziger außer ihm selbst würde den Angaben des Eingeborenen trauen. Das Nachloten ließ sich nicht umgehen.
    Es zeigte sich bald, daß Mutatullis Entdeckung auch der genauesten Lotung standhielt. Die Durchfahrt war gefunden. Ein Aufatmen ging durch die Männer. —

    76

    Der Segler, der vorhin auf sie zugefahren war, änderte seinen Kurs ein wenig und fuhr, ohne die drei Schiffe zu beachten, in einem großen südlichen Bogen um die Insel herum. Bald darauf war er wieder außer Sicht. —
    Der Pfeifer und seine Freunde waren für den Rest dieses Tages in bester Stimmung. Die Durchfahrt gelang vorzüglich. Ein Schiff hinter dem anderen zog nun seine Bahn. Dicht am Gestade der Insel, jenseits der gefährlichen Korallen strichen sie über das hellschimmernde Wasser.
    Es dauerte bis zum Abend. Dann erst erreichten sie den Bogen, den die Insel jetzt genau nach Osten machte. Im letzten Dämmerschein sahen sie noch, daß ihr vorsichtiges Loten, das stundenlange, tagelange Suchen nach einer Durchfahrt zu dieser Vulkaninsel, unnütz gewesen war. Denn als sie den Bogen umschifft hatten, lag der eigentliche Archipel frei und offen vor ihnen. Inselchen an Inselchen, große und kleine, weit verstreut, eng zusammen. Im Hintergrund, als langgestreckter Küstenstrich, die größte von allen.
    Die Schiffe refften die Segel. In der Nacht wollten sie nicht weiterfahren.
    Michel blickte, als sie in der Messe saßen und zu Abend aßen, in das spöttische Gesicht Marinas. Ohne auf die Bissen zu achten, die er in den Mund steckte und zerkaute, waren alle seine Sinne angespannt, weil er jeden Augenblick einen Angriff gegen seine Idee befürchtete.
    Aber die Sorge war vergebens oder zumindest verfrüht. Marina widmete sich mit aufreizender Gründlichkeit den Speisen, die vor ihr standen. Jardín und Virgen schwiegen.
    Niemand glaubte, so wenigstens schien es dem Pfeifer, an die Entdeckung der Muskatnußinsel. »Guter Wein heute«, unterbrach Jardín das Schweigen nach einer Weile.
    Virgen nickte und nahm einen Schluck. Marina meinte wie nebenbei:
    »Unsere Vorräte gehen zur Neige. Wenn wir noch lange hier unten in dieser trostlosen Gegend spazierenfahren, werden wir bald wieder getrocknete Datteln essen und Wasser trinken.« »Wasser ist gesund«, meinte Michel. »Ich habe mir sagen lassen, daß es auf den Inseln herrliches Trinkwasser gibt.«
    »Vor allem wahrscheinlich auf Eurer Muskatnußinsel«,
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