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Piratenblut

Piratenblut

Titel: Piratenblut
Autoren: Bernst Guben
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solche Legenden niemals aus dem Nichts. Leider oder Gott sei Dank messen die meisten Weißen solchen Erzählungen keinerlei Bedeutung bei. Und doch bin ich davon überzeugt, daß alle diese Geschichten ihre Richtigkeit haben.« »Aber Ihr stimmtet mir doch bei, als ich äußerte, daß die Holländer mit hoher Wahrscheinlichkeit reinen Tisch gemacht haben.«
    »Ja. Nur vergeßt Ihr eins, Marina. Oft genug haben wir gehört, daß am Leben gebliebene Reste der Bandanesen nach den Kei-Inseln geflüchtet sein sollen. Stellt Euch einmal vor, Ihr flüchtet in diesem Zustand. Ihr könntet nichts mitnehmen, was Beständigkeit behält. Das einzige, dessen Wert Euch durch die Weißen klargemacht worden ist, wären Muskatnüsse gewesen. Hättet Ihr keine mitgenommen, um sie in neuem Boden zu säen?«
    Die anderen sahen ihn überrascht an. Dieser Gedankengang hatte durchaus etwas Glaubhaftes für sich.
    »Vielleicht«, spann Michel seinen Faden fort, »wissen die Nachkommen dieser Flüchtlinge heute nichts mehr von dem Wert der Nüsse. Vielleicht haben sie seit dieser Zeit ängstlich jede Berührung mit den Weißen vermieden. Wenn es diese Insel gibt, dann ist es als sicher anzunehmen, daß nur hin und wieder einmal ein Weißer dorthin verschlagen wurde. Auch der, der Mutatulli davon erzählt hat, gehört dazu. Ein Beweis übrigens, daß diese Leute, sofern überhaupt Menschen dort wohnen, friedlich sein müssen. Stellt Euch vor, wir finden dieses Paradies wieder und — — und — —«
    Er zögerte, denn selbst ihm schien dieser Gedanke reichlich kühn——und wir könnten zu einem regelrechten Handelsabkommen mit diesen Eingeborenen kommen!«
    Er redete sich in Feuer. Er sprang auf. »Die Kompanie wäre nicht mehr alleinige Besitzerin des Monopols! Eine ganze Flotte könnte uns nichts anhaben! Wahrscheinlich könnte sie innerhalb des Archipels gar nicht operieren. Wir sind gut bewaffnet. Wir wären die Entdecker der Insel. Und keine Macht der Welt brächte uns von dort wieder fort, dasheißt, könnte uns das Recht streitig machen, diese Insel für unser Eigentum zu erklären.«
    Die anderen kannten den Pfeifer nicht mehr wieder. In einer solchen Erregung hatten sie ihn noch nie gesehen. Ihre Zweifel schwanden allmählich dahin. Die Aussichten waren schließlich auch zu verlockend.
    »Euer Programm ist gut, Miguel«, sagte Marina. »Wir hätten auf diese Weise unser ganzes
Problem gelöst.«
Virgen griff zum Becher.
    »Wenn wir nur erst einmal eine Durchfahrt durch die Korallenriffe gefunden hätten!« »Wir werden morgen unsere Bemühungen fortsetzen. Wenn es nicht gelingt, nun, dann können wir uns später keinen Vorwurf machen, daß wir die Chance ungenutzt gelassen haben.« »Dann ist auch noch die Frage«, fuhr Virgen fort, »ob die vor uns liegende Insel ihrer Bodenbeschaffenheit nach schon zum eigentlichen Archipel gehört, ob wir nicht dauernd, auch innerhalb des Archipels, mit den gleichen Hindernissen zu kämpfen haben, ob wir nicht — —« »Hört auf«, sagte der Pfeifer. »Mit diesem Ob-wir-nicht hätte Kolumbus nicht Amerika entdeckt und wäre Marco Polo nie nach China gekommen.«
    »Ich meine ja nur«, brummte Virgen. »Schließlich bin ich kein Kolumbus.« Michel lachte und schlug ihm auf die Schulter.
    »Ihr seid ein guter Steuermann, der beste, den ich kenne. Das wiegt einen ganzen Kolumbus auf.«

    75

    Am nächsten Morgen nahm man die Arbeit des Lotens wieder auf. Der Erfolg war in den ersten Stunden gleich Null.
    Mutatulli und sein Hund waren ebenfalls in eins der Boote geklettert. Und da sie einmal drin waren, ließen die beiden Ruderer sie sich auf den Boden am Bug hinhocken. Virgen sah das und rief:
    »Laßt Mutatulli rudern. Und einer von euch beschäftigt sich mit dem Staken. Dann brauche ich euch keinen dritten Mann mehr zu schicken.«
    Virgen hatte eine sehr schlechte Meinung von dem eingeborenen Häuptling. Seiner Meinung nach führte dieser dunkelhäutige Gauner sie alle an der Nase herum. Aber weshalb Mutatulli daran ein Interesse haben sollte, wußte auch Virgen nicht zu erklären. Kurz, die Abneigung war da, und er wollte sie den armen, bedauernswerten Flüchtling dadurch entgelten lassen, daß er ihn rudern ließ. Mutatulli reagierte aber anders als erwartet. Er bedeutete den beiden Ruderern, nachdem sich das Boot etwas weiter vom Schiff entfernt hatte, daß sie sich lang auf den Boden legen und schlafen sollten. Die beiden Burschen hatten an diesem Vorschlag nichts auszusetzen. Sie
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